Symbolbild. Foto: Schwarzwälder-Bote

Feuerwehrleute müssen im Privatwagen auch ohne klare Sonderregelungen schnell zum Gerätehaus kommen.

Ortenau - Wenn die Feuerwehr zum Einsatz muss, sollen Blaulicht und Martinshorn freie Fahrt ermöglichen. Auf dem Weg zum Gerätehaus stehen den Kräften diese Mittel nicht zur Verfügung. Schnell muss es dennoch gehen, gerade wenn Leben gefährdet sind.

In der vergangenen Woche wurde ein Feuerwehrmann vom Amtsgericht Offenburg zu einem Punkt und 80 Euro Geldstrafe verurteilt. Auf dem Weg zum Gerätehaus war er im Mai 2015 in seinem privaten Auto in einer 50er-Zone mit 89 Stundenkilometern geblitzt worden. Die ursprünglich festgelegte Strafe im Mai 2015, gegen die der Mann juristisch vorgegangen war, sah noch zwei Punkte sowie 160 Euro Strafe vor.

Vor dem Gericht landen solche Fälle nicht häufig. Von Interesse ist der Sachverhalt dennoch. Immerhin geht es dabei um Minuten und die Frage, ob die Rettung von Menschen, Tieren und Gebäuden noch rechtzeitig erfolgt.

Wie häufig bekommen Feuerwehrleute durch die Fahrt zur Wache Schwierigkeiten mit der Straßenverkehrsbehörde? "Bei uns ist mir kein einziger Fall bekannt, in dem Einsatzkräfte wegen ihres Fahrens Probleme bekommen haben", sagt Jürgen Rauer, Kommandant der Ettenheimer Feuerwehr. Ähnlich klingt es bei den Kollegen in Lahr. Zugführer Fabian Pohnke: "Es gab noch keine Schwierigkeiten, weder weger einer Geschwindigkeitsübertretung noch wegen anderer Gründe."

Liegt das daran, dass sich praktisch alle Einsatzkräfte strikt an die Straßenverkehrsordnung halten? Dies ist schwer vorzustellen, wenn man sich den Zeitdruck vor Augen hält und die Aussagen von Rauer und Pohnke vergegenwärtigt. "Bestimmt fahren auch unsere Kräfte mal zu schnell. Allein wenn man das Adrenalin berücksichtigt, unter dem die Männer stehen. Aber solange nichts passiert, ist es auch nicht tragisch", so Rauer. Pohnke sagt: "Es ist alles im Rahmen, solange nichts passiert."

Ein Grund dafür, dass es offenbar nur wenige Überführungen gibt, kann darin liegen, dass die Straßenverkehrsbehörde den Einsatzkräften gewisse Sonderregelungen einräumt. "Wenn ein Feuerwehrmann geblitzt wird, fragt die Straßenverkehrsbehörde nach, ob zu dem Zeitpunkt ein Einsatz vorlag. Es liegt dann in deren Ermessensspielraum, ob der Fall fallen gelassen wird", sagte Dieter Brüstle, Sachbearbeiter Brandschutz im Landratsamt Ortenaukreis.

"Wenn Menschenleben gefährdet sind, gewährt Paragraf 35 der Straßenverkehrsordnung den Feuerwehrleuten und Einsatzkräften anderer Hilfsorganisationen auf dem Weg zum Gerätehaus gewisse Sonderrechte. Doch hat sich nach Paragraf 1 jeder so zu verhalten, dass niemandem etwas passiert", sagt Brüstle.

Auch die Lahrer und Ettenheimer Einsatzkräfte wüssten laut Pohnke und Rauer, dass für sie die Straßenverkehrsordnung wie für alle anderen Teilnehmen auch gelte. Und dass sie bei einem Unfall keinerlei Vorzüge bekämen.

Beide betonen aber auch, dass sie einen "Freifahrtschein" für die Einsatzkräfte im Privatwagen ablehnen. "90 Stundenkilometer in einer 50er-Zone gehen nicht", sagte Pohnke mit Blick auf den Fall in Offenburg. "Der Ermessensspielraum der Behörde war in diesem Fall erschöpft", so Brüstle.

"Als Kommandant stellt man sich bis zu einem gewissen Grad vor seine Männer. Das wäre aber auch für mich hier zu viel gewesen", sagt Rauer und ergänzt: "Auch das Offenburger Amtsgericht hat in der vergangenen Woche nicht streng entschieden."

Dass es überhaupt zu einer Gerichtsverhandlung gekommen ist, liegt neben dem Vorgehen des Beschuldigten auch daran, dass es keine klar festgelegten Regularien gibt. Stattdessen seien die einzelnen Fälle jeweils für sich zu betrachten, betonen Brüstle, Rauer und Pohnke. Darin würde berücksichtigt, wie gravierend und wo gegen die Straßenverkehrsordnung verstoßen wurde, zu welchem Zeitpunkt und welche Gefährdungslage vorlag. Auch werde berücksichtigt, wie dringend der anstehende Einsatz ist, ob etwa Menschen in Gefahr sind. Dies werde den Feuerwehrleuten über den digitalen Melder mitgeteilt.

Die Kennzeichnung des privaten Wagens auf dem Weg ins Gerätehaus mit einem Warnschild hat laut Rauer keine rechtlichen Folgen. "Es ist allenfalls als Hinweis für die anderen Verkehrsteilnehmer hilfreich", so der Ettenheimer Kommandant.

Das Verfahren am Offenburger Amtsgericht wurde von den Feuerwehrangehörigen im Kreis verfolgt. "Natürlich sprechen die Kameraden auch darüber", so Pohnke. Entschieden ist noch nicht, ob dieses nicht noch weitergeführt wird. Der beschuldigte Feuerwehrmann kann gegen das Urteil noch Revision einlegen.

Sind rechtliche Folgen aus dem Verfahren zu erwarten? Laut den Experten von Feuerwehr und Landratsamt lautet die klare Antwort: Nein.