Die Sanierung der Kreisstraße 4984 zwischen Vögisheim und Feldberg im Sommer 2023 sorgte dafür, dass auf der Ringlinie Süd zweieinhalb Monate lang keine Busse fuhren. Ähnliches droht den ÖPNV-Nutzern im nächsten Jahr, wenn die Ortsdurchfahrt Vögisheim für voraussichtlich zwei Jahre gesperrt wird. Foto: Alexander Anlicker

Anfang September wurde mit einem neuen Fahrplan ein zweiter Schritt des künftigen Nahverkehrsplans im Bereich Müllheim umgesetzt. Doch es gibt Kritik.

Bereits mit dem Fahrplanwechsel im Dezember wurde der neue Nahverkehrsplan entlang der Hauptachse vom Bahnhof Müllheim über die Platanenallee, Haupt- und Werderstraße nach Badenweiler umgesetzt. Weitere Umsetzungen scheiterten zunächst an fehlenden Mitteln des Landkreises Breisgau-Hochschwarzwald. Mit dem jüngsten Fahrplanwechsel werden nun die künftigen Linien 624 nach Heitersheim und 640 nach Sulzburg (ehemals Ringlinie Nord) umgesetzt.

 

Ringlinie Süd

Kleinere Veränderungen gab es auch bei der so genannten Ringlinie Süd vom Müllheimer Bahnhof über Müllheim, Vögisheim und Feldberg ins Eggenertal und nach Schliengen und Auggen beziehungsweise Kandern. So halten mehr Busse an den bisherigen Behelfshaltestellen „In den Weihern“, und ein Teil der Busse fährt ab der Haltestelle „Bürgerhaus Süd“ künftig direkt über die Südtangente zum Bahnhof. Im Großen und Ganzen sei es im wesentlichen der Fahrplan der bisherigen Ringlinie Süd, erklärte der Müllheimer Nahverkehrsexperte Bruno Bartsch vom Fahrgastbeirat Süd im Gespräch mit unserer Zeitung.

Ortsdurchfahrt Vögisheim wird für zwei Jahre gesperrt

Die vollständige Umsetzung der neuen Linie 644 nach Süden werde frühstens 2028 kommen, daher hätten sowohl Fahrgastbeirat als auch die Initiative Soziale Stadt diese in ihrer Kritik außen vor gelassen. Hintergrund der späteren Umsetzung sind die geplanten Bauarbeiten in der Ortsdurchfahrt Vögisheim, die Anfang 2028 beginnen und gut zwei Jahre andauern werden.

Noch sei völlig offen, wie ein Ersatzfahrplan aussieht und welche Orte überhaupt bedient werden, erklärte Bartsch. Im Sommer 2023, als die Kreisstraße 4984 von Vögisheim nach Feldberg wegen Sanierungsarbeiten zweieinhalb Monate lang gesperrt war, waren gar keine Busse gefahren.

Betroffen davon sind auch Schüler und Pendler aus dem Eggenertal. Die Ringlinie Süd (644) sei eine wichtige Linie für das ganze Eggenertal, unterstreicht Schliengens Bürgermeister Christian Renkert auf Nachfrage. Angesichts der Erfahrungen aus dem Jahr 2023 versuche die Gemeinde, etwas zu bewegen, ergänzt er. Renkert verweist jedoch auf die Zuständigkeit des Landkreises Lörrach, mit dem sich die Gemeinde abstimmen müsse. Das Landratsamt habe allerdings um Aufschub gebeten, da die zuständige Fachbehörde derzeit mit der Ausschreibung für die neuen Liniennetzbündel im Wiesental und im Markgräflerland ausgelastet sei.

Die künftige Linie 644

Mit der vollständige Umsetzung der Linie 644 wird es mehr Fahrtenpaare und einen längeren Bedienzeitraum geben. Angedacht seien werktags 15 Fahrten je Richtung zwischen 6 und 22 Uhr. An den Wochenenden werden es künftig zehn Fahrtenpaare sein, momentan verkehren auf der Ringlinie Süd an Sonn- und Feiertagen keine Busse. Auch wenn das Wochenendangebot während des Sommers beispielsweise für Wanderer oder beispielsweise beim Kirschblütenfest im Eggenertal attraktiv sein könnte, ist Bartsch der Meinung, dass damit am Bedarf vorbeigeplant werde. Er vermutet, dass die Busse an den Wochenenden meist leer fahren werden und schlägt stattdessen vor, das Angebot an den Werktagen durch zusätzliche Fahrtenpaare zu erhöhen. Bei Festen könne man immer noch Sonderbusse fahren lassen, ergänzt er.

Ziel des Landes wird verfehlt

Aus seiner Sicht werde das von der Landesregierung vorgegebene Ziel, die Zahl der Nahverkehrsnutzer bis 2030 zu verdoppeln, mit dem neuen Nahverkehrsplan nicht erreicht. Deutlich macht er das an zwei Beispielen der Linie 644. Der erste Bus, der vom Eggenertal kommend den Müllheimer Bahnhof anfährt, kommt dort um 6.52 Uhr an, drei Minuten nachdem der schnelle Regionalexpress (RE) nach Basel abgefahren ist. Die nächste Regionalbahn (RB) fährt zwar bereits um 7.11 Uhr braucht jedoch deutlich länger als der RE, der nur in Weil am Rhein und Basel hält. Zwischen 7 und 8 Uhr fährt die Ringlinie Süd den Müllheimer Bahnhof zudem gar nicht an, sondern endet an der Müllheimer Goethestraße. Grund ist die Vermischung von Schülerverkehr und Nahverkehr. Pendler, egal ob sie aus dem Eggenertal, Feldberg, Vögisheim oder dem Süden Müllheims kommen, sind so schwer zum Umstieg auf den öffentlichen Personen-Nahverkehr zu bewegen. Potenzial wäre durchaus vorhanden, erklärt Bartsch und verweist auf eine Zählung des Fahrgastbeirats, der rund um den Müllheimer Bahnhof schon vor einigen Jahren mehr als parkende 600 Autos gezählt habe.

Kritik an der Ausdünnung der Hauptverkehrsachse

In einer Pressemitteilung verweist die Initiative Soziale Stadt Mülleim auf eine Schlechterstellung d er bisherigen Hauptachse Plantanenalle bis Müllheim Stadtmitte, weil die beiden Linien Richtung Norden über die Kerntangente-Östliche Allee und die Linie Richtung Süden über die Kerntangente geführt werden.

Die Haltestellen Plantanenallee, Löfflerbrunnen, Turnhalle und Amtsgericht werden künftig nur noch halb so oft angefahren, stellt auch ÖPNV-Experte Bartsch fest. Statt 60 seien es jetzt nur noch 29 Busse. Problematisch sei dies insbesondere wegen des Taktverkehrs, der im neuen Nahverkehrsplan vorweg genommen wird und bei der Rheintalbahn noch bis zur Fertigstellung der Neubautrasse zwischen Basel und Offenburg – vermutlich im Jahr 2040 – auf sich warten lässt. Dies hat auch längere Umsteige- beziehungsweise Wartezeiten am Bahnhof zur Folge.

Die neue Linienführung habe aber noch weitere Nachteile, ergänzt Bartsch. Er schildert den Fall einer älteren Person aus einem der südlichen Ortsteile, die künftig bei jedem Arztbesuch von der Bushaltestelle Bürgerhaus-Süd zur Werderstraße laufen muss.

Stadtbus

Abhilfe könnte hier ein Stadtbus schaffen. Der Gemeinderat hat die Einführung eines Stadtbusses in einem Grundsatzbeschluss befürwortet und beschlossen ein Fachbüro mit der Erstellung eines Stadtbuskonzepts zu beauftragen. Allerdings scheitert die Umsetzung an nicht eingestellten Mitteln im Haushalt. Bartsch verweist darauf, dass bereits 2023 sich 98 Prozent von 2360 Befragten für einen Stadtbus ausgesprochen haben. 603 Müllheimer Bürger hätten 2024 auch einen Einwohnerantrag zur Einführung eines Stadtbusses unterschrieben.