Kostenlose Bus- und Bahnfahrten für Urlauber waren Thema in der jüngsten Gemeinderatssitzung in Enzklösterle. (Archivfoto) Foto: Ziegelbauer

Mehrere Kurorte im Landkreis Calw befassen sich in diesen Tagen und Wochen mit derselben Problematik: Mit der Fortsetzung des "Konus"-Systems zur kostenlosen Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs für Schwarzwaldurlauber in den nächsten fünf Jahren oder mit der Kündigung dieses Angebots der Schwarzwald-Tourismus GmbH (STG) in Verbindung mit den Verkehrsverbünden in diesem Bereich.

Enzklösterle - Was für Höfen oder Bad Wildbad mit dem Stadtbahn-Anschluss und damit einer Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr von montags bis freitags mit fast 20 Stunden täglich sowie an Wochenenden mit etwa 16 Stunden kein Problem ist, gestaltet sich für Enzklösterle schwieriger. Deshalb verweist Bürgermeister Sascha Dengler immer wieder auf die Tatsache, dass der letzte Bus von Bad Wildbad nach Enzklösterle die Kurstadt werktags schon um 19.02 Uhr und an Samstagen und Sonntagen schon um 18 Uhr verlässt. Was bedeutet, dass Gäste des Kurortes beispielsweise Abendveranstaltungen in Bad Wildbad ohne ein eigenes Auto und ohne auf das Taxi angewiesen zu sein nicht besuchen können.

Ähnlich ist es aus Richtung Freudenstadt mit der Abfahrt des letzten Busses dort montags bis frei-tags um 17.35 Uhr sowie samstags und sonntags um 17.03 Uhr. Bei dieser Situation ist verständlich, dass sich für Enzklösterle bei der Betrachtung der "Konus"-Situation die Frage nach dem Mehrwert stellt. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass sich der über die Kurtaxe und einen Zuschuss des Landkreises Calw gegenfinanzierte "Konus"-Beitrag je kurtaxpflichtiger Übernachtung bisher auf 42 Cent belaufen hat und sich ab dem 1. Januar 2022 auf 47 Cent erhöhen wird.

In absoluten Zahlen ausgedrückt hatte die Gemeinde Enzklösterle damit für das Jahr 2019 bei 70 235 Übernachtungen 29 498,70 Euro und in dem von der Corona-Pandemie geprägten Jahr 2020 mit etwa 45 000 Übernachtungen rund 19 000 Euro zu entrichten. Die zentrale Frage bei der jüngsten Gemeinderatssitzung war deshalb vor dem Hintergrund der Beibehaltung des "Konus"-Systems oder einem Austritt aus demselben diejenige der Intensität der Nutzung der Freifahrten seitens der Gäste. Eine exakte Antwort darauf gibt es nicht, weil die Häufigkeit und die Streckenlänge noch nicht digital erfassbar sind, sondern nur durch Umfragen ermittelt werden können.

Eine positive Überraschung gab es für das Gremium mit der Ankündigung Denglers zur Verbesserung der Verkehrsbedienung auf der Buslinie 7780 Bad Wildbad-Enzklösterle-Freudenstadt mit einem voraussichtlichen Stundentakt ab dem 1. August 2022. Und das werktäglich von 6 bis 22 Uhr, wie Gemeinderätin Madleen Kern den jetzigen Stand der Beratung im Calwer Kreistag ergänzte, weshalb sie sich für die Beibehaltung des damit verbesserten "Konus"-Angebotes aussprach.

Fahrzeuge kosten rund 150 000 Euro

Eine weitere Alternative zu "Konus" kam von Kämmerin Sabine Zenker mit dem Aufbau einer Elektro-Auto-Flotte mit mehreren Fahrzeugen und weiteren Ladestationen auch mit Strom aus der Solaranlage auf dem Schulhaus. Zur kostenlosen Nutzung nicht nur für Übernachtungsgäste, sondern auch für Einwohner. Entweder im Wege eines Fahrzeug-Leasings, eines Anmietens oder aber mit dem Kauf mehrerer Fahrzeuge mit insgesamt etwa 150 000 Euro Anschaffungskosten und so mit demselben Betrag, der in etwa für eine fünfjährige Teilnahme am "Konus"-System entstehen würde. "Die E-Flotte wäre eine langfristige Lösung, die Enzklösterle nach vorne bringen würde", sagte Zenker zu ihrer Idee. "Das wäre etwas, was es anderswo noch nicht gibt", konnte sich auch Bürgermeister Dengler eine solche Lösung vorstellen.

Positiv sah dies auch Gemeinderat Stefan Waidelich, der sich aber auch speziell im Blick auf ältere Gäste für eine Beibehaltung des "Konus"-Systems aussprach und sich auf die von Dengler und Kern angesprochene neue und erweiterte Taktung des Linienverkehrs freute. Gemeinderat Dieter Hoffmann sah eine Möglichkeit zur Kostenersparnis mit dem Verzicht auf das "Konus"-System und mit der Erstattung tatsächlich entstandener Fahrtkosten seitens der Tourist-Info. Auch so sei das Versprechen einer kostenlosen Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs für Übernachtungsgäste einzuhalten. Gemeinderat Patrick Kern tendierte zu einem weiteren Verbleib im "Konus"-System.

Eine Reihe von Fragen sprach Gemeinderat Michael Faschon für den Fall des Aufbaus einer E-Fahrzeugflotte an. Weshalb es gelte, dieses Modell genau durchzurechnen und auszuarbeiten. Gemeinderat Sebastian Frey sah in einer E-Fahrzeugflotte für die Gemeinde Enzklösterle ein Alleinstellungsmerkmal und sprach sich für eine Bedenkzeit und für eine zunächst nur einjährige weitere Nutzung von "Konus" aus, die auch von der STG als einmalige Sonderregelung angeboten wurde. Gemeinderat und Hotelier Steffen Frey favorisierte ebenfalls "Konus", weil insbesondere ältere Gäste zuweilen mit öffentlichen Verkehrsmitteln anreisen oder das eigene Fahrzeug im Urlaub nicht benutzen wollen. Was Hoffmann für einen falschen Weg erachtete, weil man eben die Intensität der Nutzung des "Konus"-Systems nicht kenne. Faschon empfahl schließlich, die Kostensituation für eine Fahrzeugflotte, die technischen Möglichkeiten sowie die Art einer Abwicklung zu eruieren, um zu einer guten Entscheidung zu kommen. Womit beschlossen wurde, das Angebot der STG mit einer Verlängerung des bestehenden "Konus"-Vertrags bis zum Jahr 2026 anzunehmen, allerdings mit einem Sonderkündigungsrecht zum 31. Dezember 2022. Die Verwaltung wurde beauftragt, bei den zuständigen Stellen intensiv auf eine bessere ÖPNV-Verbindung der Gemeinde mit dem Ziel einer stärkeren Nutzungsmöglichkeit von "Konus" für Gäste aus Enzklösterle hinzuwirken. Außerdem erging der Auftrag an die Verwaltung, parallel dazu die Möglichkeiten zum Aufbau einer "E-Flotte" zu prüfen und die entsprechenden Rahmenbedingungen zu untersuchen.