Einsparungen im ÖPNV sollen her – doch welche Angebote sind verzichtbar im Schwarzwald-Baar-Kreis? Eine potenzielle Streichliste stand jetzt zur Debatte im Landratsamt.
Der ÖPNV kostet Geld, viel Geld. Alleine die Schülerbeförderung und der ÖPNV im Landkreis summieren sich auf 25,4 Millionen Euro Ausgaben – nur elf Millionen Euro kommen über Zuweisungen des Landes und Eigenanteile der Eltern rein.
13 Millionen Euro gibt der Landkreis jährlich für die Schülerbeförderung aus, elf Millionen für die Regionalbusse – die Einnahmen sind bei dieser Summe schon berücksichtigt und 0,9 Millionen Euro müssen für den Verkehrsverbund bezahlt werden. Hinzu kommen die ÖPNV-Stadtverkehre in Villingen-Schwenningen und Donaueschingen.
Kurzum: Der ÖPNV ist eine Mammutaufgabe für den Landkreis. Angesichts der erwarteten mageren Zeiten denkt man deshalb über Einsparungen nach und hat sich den ÖPNV deshalb ganz genau angeschaut. Was kann weg?
Diese Vorschläge liegen vor
Die Kreisverwaltung – federführend unter Regie des Nahverkehrs-Verantwortlichen im Landratsamt Frank Fetzer – schlägt fünf konkrete Maßnahmen vor:
– Streichung der Stichfahrt Industriegebiet Hagenmoos St. Georgen
– Einstellung des Ringverkehrs in Brigachtal sonntags
– Streichung des Panoramabusses von Montag bis Freitag (Furtwangen-Thurner)
– Bedienung der Linie 640 Villingen – Tannheim an Samstagen mit nur einem Fahrzeug (Bedienung von Herzogenweiler und der Nachsorgeklinik Tannheim etwa zweistündlich)
– Streichung der Fahrten in Ferien auf der Linie 950 zwischen Ewattingen und Bonndorf
Das Einsparpotenzial bei diesen Maßnahmen: 200 000 Euro.
– Mit weiteren, drastischeren Maßnahmen wäre sogar noch mehr drin, war jetzt im Wirtschaftsausschuss des Landkreises zu erfahren: insgesamt bis zu 650 000 Euro. Wenn man etwa den Betrieb auf Nebenachsen ab 22 Uhr einstellte, also Fahrten, die nach 22 beginnen, gar nicht mehr anträte, wären weitere 200 000 Euro gespart. Stellte man auch noch den Betrieb auf den Hauptachsen mit Ausnahme der Regiobuslinien ab 23 ein, wären weitere 250 000 Euro drin.
Hier tut man sich schwer
Klar war von Beginn an bei der Diskussion der Regionalpolitiker: Solche Einsparungen sind unpopulär. Man tut sich schwer, sie durchzudrücken. „Das ist ein Paradigmenwechsel“, gab Landrat Sven Hinterseh zu. „Die letzten Jahre haben wir uns eigentlich immer darüber unterhalten, wo man etwas besser machen kann“ – jetzt müsse man einfach mal über das Gegenteil sprechen. Und auch die Ticketpreise sollten, so Hinterseh, in den Fokus genommen werden, um das Gesamtthema zu beleuchten.
Elf Millionen Fahrgäste werden pro Jahr im Schwarzwald-Baar-Kreis mit dem ÖPNV befördert, so Frank Fetzer, der ÖPNV-Verantwortliche im Landratsamt. Wo sind denn die Angebotsausweitungen von den Fahrgästen auch angenommen worden – und wo eben nicht? Genau diese Fragen müsse man nun klären und gegebenenfalls Fahrplanangebote reduzieren oder mittelfristig auf ein On-Demand-Angebot umstellen – also ein passgenaues Angebot, das jeweils nur auf Bestellung der Fahrgäste bereitgestellt wird. Denn klar machte Fetzer auch: Manche Angebote werden fast gar nicht angenommen – so berichtete er von Erhebungen der Spät-Fahrten über drei Tage, bei welchen im Durchschnitt nicht einmal ein ganzer Fahrgast pro Fahrt im Bus saß.
Das meinen die Fraktionen
Für Michael Schmitt, CDU, ist klar: Jetzt muss man Kosten und Nutzen gegeneinander abwägen. Er zeigte sich zuversichtlich, dass die vorgeschlagenen Einsparungen tragbar sind und „nicht zu viele treffen“. Auch vor einer Tariferhöhung machte Schmitt gedanklich nicht Halt.
St. Georgens Bürgermeister Michael Rieger hielt die Vorschläge für gut abgewogen und ist sich sicher: „Wir sind jetzt in einer Zeit, in der es um Einsparungen geht“ und man sich nur noch das leisten sollte, das auch nachgefragt wird – auch kleinere Busse sollte man in manchen Bereichen einsetzen, anstatt mit großen leeren Fahrzeugen unterwegs zu sein.
Für Armin Schott von den Grünen ist der ÖPNV ein Teil der Verkehrswende – er plädierte dafür, für solche Angebote einen längeren Atem zu haben. „Es dauert doch verdammt lange, bis die Leute klar haben, dass wir da ein tolles Angebot haben!“ Trotzdem gebe es Punkte, die man überprüfen sollte – bezüglich der Verbindungen auf den Hauptachsen ab 23 Uhr beantragte er, erst ab 23.30 Uhr zu streichen, um eine späte, stark nachgefragte Zugverbindung aus Richtung Rottweil und Offenburg in Villingen-Schwenningen und Donaueschingen noch bedienen zu können. Der Antrag scheiterte jedoch.
Vera Buddenberg (AfD) zeigte sich beruhigt, dass vor einer endgültigen Beschlussfassung der ÖPNV-Ausschuss sich noch des Themas annimmt, zeigte aber grundsätzliche große Bereitschaft ihrer Fraktion, die Streichungen mitzutragen. Auch Kerstin Skodell von der SPD warb dafür, die Einsparungen vorzunehmen und genau zu beobachten, wie die Reaktionen darauf ausfallen. Ähnlich sah das Frank Bonath von der FDP: „Wir tragen die Einsparvorschläge mit“.
Dieser Beschluss fiel
„Auch wenn’s weh tut“, wie Landrat Sven Hinterseh zugeben musste, rangen sich die Ausschussmitglieder am Ende dazu durch, den vorgeschlagenen Angebotsreduzierungen zuzustimmen.
So geht es weiter
Die Kreisverwaltung stimmt nun die gewünschten Änderungen mit den Verkehrsunternehmen ab, zudem soll der ÖPNV-Ausschuss noch ein Gesamtkonzept erarbeiten.