Mehr als 100 000 Menschen nutzen die kleinen ÖPNV-Angebote im Landkreis. Das Landratsamt möchte nun die Buchung per App erleichtern.
Einen flächendeckenden ÖPNV anzubieten, ist im ländlichen Raum schwierig. Der Kreis Calw testete vor ein paar Jahren im Modellversuch einen neuen Ansatz: die Bedarfsverkehre. Dabei setzen sich ÖPNV-Fahrzeuge auf Strecken mit niedriger Fahrgastfrequenz nur in Bewegung, wenn sie vorher bestellt wurden.
Dieser Bedarfsverkehr wird mit Autos oder Kleinbussen umgesetzt. Zudem kommen normale Busse als „Rufbusse“ zum Einsatz. Seit 2021 ist diese Art des ÖPNV Teil der Ausschreibungen des Kreis Calw.
Bedarfsverkehr sei ein Erfolg
Nun zog Michael Stierle, der den ÖPNV im Landratsamt verantwortet, im Verwaltungs- und Wirtschaftsausschuss Bilanz. „Die Bedarfsverkehre sind ein Erfolg“, sagte Stierle dort. Der Bedarfsverkehr komme dort zum Einsatz, wo ein normaler Busverkehr keinen Sinn mache.
Es gehe um die „Feinerschließung“. So würden Randzeiten und -gebiete abgedeckt. Der Bedarfsverkehr könne als Zubringer zu festen Buslinien dienen. 15 Fahrzeuge seien dafür im Landkreis im Einsatz.
Buchung bisher telefonisch oder online
Die Buchung sei telefonisch oder online unter der elektronischen Fahrplanauskunft möglich. Im Gegensatz zu On-Demand-Modellen werde beim Bedarfsverkehr keine Buchung abgelehnt. „Wir haben eine Erfüllquote von 100 Prozent“, sagte Stierle. Der Landkreis könne einen verlässlichen ÖPNV bieten, betonte er.
So sieht die Nachfrage aus
Dass der angenommen wird, zeigen die Fahrgastzahlen. Waren es 2021 noch gerade so 30 000 Fahrgäste, nutzen 2024 schon 100 000 Fahrgäste das Angebot. Mehr als 430 000 Kilometer wurden so zurückgelegt.
Laut Stierles Prognose werden es in diesem Jahr sogar noch mehr Fahrgäste. „Ich bin zuversichtlich, dass wir künftig immer über 100 000 kommen“, sagte er. Die Nachfrage sei kontinuierlich gewachsen. Das liegt laut Stierle auch dran, dass das Angebot seit 2021 gewachsen sei.
Stierle sah noch andere Erfolgszahlen; denn pro Fahrt konnten im Schnitt 2,17 Fahrgäste befördert werden. Das sei für vergleichbare Angebote im ländlichen Raum sehr gut. Hier würde ein Wert von mehr als 1,5 als Erfolg verbucht. Die Auswertung der Daten zeige, dass Bedarfsfahrten oft für mehrere Personen gleichzeitig gebucht würden. „Der Bedarfsverkehr bündelt Anfragen.“
Bestellung per App?
In einem Bereich sieht er aber Verbesserungsbedarf. Von den etwa 83 000 getätigten Buchungen gingen rund 70 000 per Telefon ein. Dieser Telefonservice sei ein Kostenfaktor. Der Landkreis strebe die Umstellung auf eine App-Lösung an. Aktuell prüfe das Landratsamt die Wirtschaftlichkeit einer solchen Lösung.
„Die App-Umstellung muss erfolgen“, forderte Ryyan Alshebl (Grüne). Vielleicht könne man hier mit anderen Landkreisen zusammenarbeiten, um Kosten zu sparen. Auch Florian Kling (SPD) war für die App-Lösung. „Aber bitte nicht in der VGC App“, sagte er. Der Bedarfsverkehr müsse im DB Navigator oder über Google Maps ganz einfach buchbar sein. In die DB App aufgenommen zu werden, sei schwer, so Stierle.
Bolt oder Uber für den Kreis Calw
Jürgen Großmann (CDU) fragte sich, ob 2,17 Fahrgäste pro Fahrt wirklich ein großer Erfolg seien. „Das ist alles sehr teuer“, sagte er. Es sei fraglich, ob sich der Kreis Calw das Angebot leisten könne. Günther Schöttle (AB) sah das anders. Im Schnitt koste der Fahrtkilometer im Bedarfsverkehr 2,32 Euro. „Billiger kriegsch’s nemme“, richtete er sich an Großmann. Nele Willfurth (Grüne) sagte, dass ein Privatauto im Schnitt nur 1,1 Menschen transportiere.
Sabine Zenker (CDU) meinte, dass vielleicht Fahrdienstleister wie Bolt oder Uber im Landkreis aktiv werden könnten. Das entlaste die öffentliche Kasse. Uber umgehe diverse Regelungen und spare so zum Beispiel Sozialabgaben, so Stierle.
Verschiedene Städte versuchten demnach gegen dieses Lohndumping vorzugehen. Zudem funktionierten solche Angebote nur in großen Städten. „Für Uber und Bolt sehe ich unseren Landkreis nicht gewappnet“, so Stierle. Es gebe ja auch noch die Bürgerrufautos, warf Volker Schuler (FWV) ein.