Wer an einem Montag-, Dienstag- oder Donnerstagabend in der Ortenau einen nicht lebensbedrohlichen Notfall hat, muss künftig wohl bis nach Oberkirch fahren. Foto: Weigel

Die Notfallpraxis am Offenburger Klinikum hat die Öffnungszeiten reduziert. Laut Kassenärztliche Vereinigung fehlt es schlicht am Personal. Den medizinischen Fachangestellten werde die Doppelbelastung in der Corona-Pandemie derzeit zu viel.

Die Corona-Pandemie wirkt sich auf das Angebot des Ärztlichen Bereitschaftsdiensts im Ortenaukreis aus. Die sogenannte Notfallpraxis am Offenburger Klinikum ist für Erwachsene nur noch Mittwoch und Freitag von 16 bis 22 Uhr sowie an den Wochenenden und Feiertagen von 8 bis 22 Uhr geöffnet, teilt die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) mit. Die Sprechzeiten am Montag, Dienstag und Donnerstag von 19 bis 22 entfallen bis auf Weiteres. Für die Ortenauer bleibt an diesen Tagen bei Bedarf nur die Notfallsprechstunde am Zentrum für Gesundheit Oberkirch.

Als Grund nennt KVBW-Pressesprecher Kai Sonntag gegenüber unserer Zeitung Personalmangel. Eine Notfallpraxis sei unter der Woche in der Regel mit einem Arzt und zwei Helfern besetzt. Problematisch sei es gerade mit dem "nicht-ärztlichen Personal", so Sonntag. Die Arzt-Dienste konnten dagegen bisher immer besetzt werden.

Medizinische Fachkräfte geben Nebenjob auf

Das "nicht-ärztliche Personal" rekrutiere sich fast ausschließlich aus medizinische Fachangestellten – früher Arzthelferinnen genannt. Diese arbeiteten normalerweise fest angestellt in einer Arztpraxis und würden sich nach Feierabend auf 450-Euro-Basis in den Notfallpraxen der KVBW etwas dazuverdienen.

Corona und Impfkampagne brachte das bisher funktionierende System durcheinander: "Das medizinische Personal in den Arztpraxen ist durch die Pandemie extrem beansprucht", weiß Sonntag. Viele medizinische Fachangestellten entschieden sich daher, ihre Nebentätigkeit einzustellen. Die freien Plätze könnten aktuell nicht nachbesetzt werden – in der Konsequenz müssen die Öffnungszeiten in Offenburg reduziert werden. An den Mittwochs- und Freitagsspechzeiten halte die KVBW fest, weil viele normale Arztpraxen zu diesen Zeiten zu seien.

Versorgung bleibt weiterhin gesichert

Unabhängig von den reduzierten Öffnungszeiten in Offenburg sei die Notfallversorgung gesichert, versichert Sonntag. Auf die KVBW-Notfallpraxen in Lahr, Achern und Wolfach habe die aktuelle Änderung keine Auswirkungen. Ob sie langfristig auch von dem Personalmangel betroffen sein könnten, lasse sich derzeit nicht sagen. Die übrigen KVBW-Notfallpraxen im Ortenaukreis haben ohnehin nur am Wochenende oder an Feiertagen geöffnet – Offenburg war die Ausnahme. Die rund 120 KVBW-Notfallpraxen in Baden-Württemberg hätten allgemein "keines Wegs alle unter der Woche geöffnet", erklärt der Pressesprecher der Kassenärztlichen Vereinigung.

"Die Notfallpraxis ist nur gedacht für Menschen, die mit dem Arztbesuch nicht bis zum nächsten morgen warten können", betont Sonntag in diesem Zusammenhang. Und in medizinischen Notfällen, etwa dem Verdacht auf Schlaganfall, Herzinfarkt sei unbedingt der Rettungsdienst unter der 112 zu kontaktieren. Außerhalb der normalen Praxissprechzeiten sei zudem über den ärztlichen Bereitschaftsdienst immer ein Mediziner im Einsatz. Über die Hotline 116 117 vermittelt die KVBW medizinisch erforderliche Hausbesuche.

Die KVBW suche weiterhin nach Personal für die Offenburger Notfallpraxis. Man werde sehen, wie sich das weiter entwickelt, so Sonntag.

Übersicht gibt's im Internet

Außerhalb der Praxis-Öffnungszeiten der Haus- und Fachärzte bietet der ärztliche Bereitschaftsdienst der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg abends und am Wochende Sondersprechzeiten an. Die sogenannten Notfallpraxen sind meist Krankenhäusern angegliedert. Eine Übersicht für den Ortenau-Kreis findet sich auf der Webseite des Klinikums auf https://notfall.ortenau-klinikum.de/.