Fordert eine gesicherte Finanzierung für das Sozialticket: OB Kuhn Foto: Leif Piechowski

Um die Finanzierung des neuen Sozialtickets ist im Verwaltungsausschuss des Gemeinderates ein Streit entbrannt, bei dem Stuttgarts OB Fritz Kuhn (Grüne) durch die eigenen Parteifreunde unter Druck geriet. Stadtrat Jochen Stopper forderte eine Abstimmung über die Finanzierung.

Stuttgart - Um die Finanzierung des neuen Sozialtickets ist am Mittwoch im Verwaltungsausschuss des Gemeinderates ein Streit entbrannt, bei dem Stuttgarts OB Fritz Kuhn (Grüne) durch die eigenen Parteifreunde unter Druck geriet. Stadtrat Jochen Stopper forderte eine Abstimmung über die Finanzierung bis spätestens 24. Juli.

Grünen-Fraktionschef Peter Pätzold konnte den Showdown verhindern. Die Finanzierungsfrage für die bezuschusste Fahrkarte soll von Finanzbürgermeister Michael Föll (CDU) und Kuhn notfalls erst im September beantwortet werden. Zuvor wolle man nächste Woche im kleinen Kreis beraten. SPD-Stadtrat Manfred Kanzleiter warf der Verwaltungsspitze vor, das Sozialticket „auszubremsen“. Das sei „permanent der Fall, wenn der Gemeinderat eigene Initiativen startet“, zürnte der scheidende Stadtrat.

Ulrike Küstler, die auch ausscheidet, legte nach. Die Verwaltung verschleppe das Thema – wie so oft, wenn es um Menschen gehe, die Hilfe wirklich nötig hätten. Aus den Amtsstuben sei zum Ticket „bis heute kein konstruktiver Vorschlag gekommen“. Küstler ging Kuhn frontal an: Der Herr Oberbürgermeister habe seit dem Grundsatzbeschluss zum Haushalt im Dezember 2013 gewusst, dass das Thema komme. „Da hätten sie einen entsprechenden Vorschlag machen können“, sagte Küstler zu Kuhn. Föll schloss sie in den Untätigkeitsvorwurf mit ein.

Das neue Sozialticket soll vom 1. Januar 2015 an für rund 66 500 bedürftige Menschen in der Stadt gelten. Die Karte soll zum halben Preis eines Jedermann-Monats-, 9-Uhr-Umwelt-, des Senioren- und Juniortickets zu haben sein. Empfänger sind Bonuscard-Besitzer, also Arbeitslose, Sozialhilfeempfänger und Menschen mit geringem eigenen Einkommen.

Eine Mehrheit aus Grünen, SPD, SÖS/Linke und FDP im Gemeinderat ist bereit, für das Ticket 2,7 Millionen Euro mehr aus dem städtischen Haushalt zu geben, als der bisherige, seit vielen Jahren nicht erhöhte Fahrkartenzuschuss für die Bonuscard (zwei Millionen) die Stadt heute kostet.

Die Mehrheit will die 2,7 Millionen Euro für 2015 aus Überschüssen des Haushalts 2013 bestreiten und von 2016 an fest im Haushalt finanzieren, zum Beispiel durch eine höhere Vergnügungssteuer. Föll erläuterte, dass der Rückgriff finanztechnisch unmöglich sei. Er werde mit dem Verkehrsverbund ohne gesicherte Finanzierung keinen Zuschussvertrag schließen. Kuhn verwahrte sich gegen die Angriffe. „Ich unterlaufe nichts subversiv, auch ich will das Ticket, aber mit einer ernsthaften Finanzierung, die auch Krisen übersteht“, sagte der OB. Er will versuchen, nächste Woche eine Lösung zu finden. Die CDU zeigt sich kompromissbereit. Die Freien Wähler lehnen das Ticket rundweg ab. Für die zusätzliche Sozialleistung sehen sie keine Bedürftigkeit.