Süße Kirschen werden in diesem Jahr teurer als sonst Foto: dpa

Eine Handvoll süßer Kirschen, ein knackig-frischer Apfel, ein leckerer Pflaumenkuchen: Wer das alles mag, muss dieses Jahr mehr bezahlen als bisher. Das Wetter ist schuld.

Stuttgart - Wer in diesen Tagen übers Land fährt oder zu einer Sommerwanderung aufbricht, sollte sich nicht wundern, dass die Früchte an den Bäumen überschaubar sind – sowohl in der Zahl als auch in der Größe. Das hat einen triftigen Grund: Die Wetterkapriolen dieses Jahres haben die natürliche Obstproduktion aus dem Tritt gebracht und sorgen nun für sinkende Erträge. Nach aktuellen Schätzungen des Landesverbandes der Erwerbsobstbauern wird die Ernte „20 bis 30 Prozent“ unter der des Vorjahres ausfallen, sagte Verbandspräsident Franz-Josef Müller am Montag unserer Zeitung.

Der Mann weiß, wovon er redet. In Oberkirch betreibt er Obstbau auf einer Fläche von rund 20 Hektar, vorwiegend Erdbeeren und Äpfel. Und schon im Frühjahr zeichnete sich ab, dass es kein gutes Jahr wird. „Es hat zu viel geregnet, manche Felder waren regelrecht überflutet“, erinnert er sich. „30 Prozent der Erdbeeren“ seien zwar gepflückt worden, aber nicht zum Verkauf geeignet gewesen, weil sie faul, matschig, ungenießbar waren. Da die Lust der Verbraucher nach Erdbeeren aber groß ist, hätten Angebot und Nachfrage nicht mehr zusammengepasst, es kaum zum „totalen Preisverfall“.

Ausgetrockneter Boden konnte die Wassermasse nicht halten

Und nun steht der nächste Tiefschlag für die Obstbauern im Land bevor. Nach dem kalten und nassen Frühjahr, in dem viele Bienen nicht ausreichend zur Befruchtung ausschwärmen konnten, folgten mehrere Wochen heißes und trockenes Wetter ohne den notwendigen Regen. Und wenn es mal regnete – wie vor gut zehn Tagen – waren die Niederschläge so heftig, dass der ausgetrocknete Boden die Wassermassen kaum aufsaugen konnte, sondern sie ungenutzt abflossen. Die Konsequenz der gesamten Entwicklung ist nun an den Obstbäumen zu beobachten: Vielfach tragen sie kaum Früchte, oder aber die Äpfel, Birnen und andere Obstsorten sind deutlich kleiner als sonst. Einzig die Pflaumen und Zwetschgen scheinen das turbulente Wetter-Jahr halbwegs zu überstehen, weil sie laut Müller dem Boden die Feuchtigkeit deutlich leichter entziehen können als andere Obstsorten.

Doch dieser Lichtblick ändert nichts an der trüben Gesamtbilanz. Europaweit wird damit gerechnet, dass die Apfelernte dieses Jahr nur bei sieben und nicht mehr bei neun Millionen Tonnen liegen wird. Auch in Baden-Württemberg – zum Beispiel in der Apfelanbau-Hochburg Bodensee – werden deutlich geringere Erträge erwartet. „Das wird automatisch zu steigenden Preisen führen“, so Präsident Müller, „trotzdem werden viele Obstbauern rote Zahlen schreiben.“

Erschwerend kommt hinzu: Die nasskalte Witterung im Frühjahr hat in vielen Obstbaum-Plantagen zu Schorfbildung geführt. Die braunen Flecken auf der Oberfläche sorgen für eine starke Wertminderung der Früchte. Gerade auf den Streuobstwiesen hat sich der Schorf massiv ausgebreitet. „Der Mostobstbau wird richtig leiden“, prophezeit Präsident Müller, dass auch Nebenerwerbs-Obstbauern in diesem Jahr nicht nur mit deutlich kleineren Mengen, sondern auch mit minderwertigerer Ware werden leben müssen. Die Folgen, da sind sich die Experten einig, werden letztendlich auch die Freunde der Direktsäfte zu spüren bekommen. Wo weniger Obst angeliefert wird, erhalten die Obstbauern dafür weniger Geld. Und wo weniger in den Saftbetrieben produziert werden kann, dürfte das Wenige für den Verbraucher teurer werden.

Hagel-Unwetter hat die Lage zusätzlich verschlimmert

Dass nun vor zehn Tagen in manchen Regionen Baden-Württembergs obendrein die schweren Hagel-Unwetter wüteten, hat die Lage zusätzlich verschlimmert. „In einigen Regionen ist die Ernte völlig zerstört“, sagt Rolf Heinzelmann vom Landesverband der Obst- und Gartenbauvereine, bei dem auch viele Streuobstwiesenbesitzer organisiert sind. Der Verband der agrargewerblichen Wirtschaft bat seine Mitglieder jüngst um eine Einschätzung, wie die Apfelernte ausfallen wird. Die Rückmeldungen sind ernüchternd. „Wir rechnen mit einer deutlich kleineren Ernte als im vergangenen Jahr“, hieß es am Montag. Selbst die warmen Temperaturen dieser Tage dürften das kaum noch wettmachen. „Die Natur kann die Wetterprobleme der vergangenen Monate jetzt nicht mehr einholen“, so Heinzelmann. Die Lage bei der Birnenernte sei „allgemein schlecht“, bei den Kirschen habe es vielerorts „einen Totalausfall“ gegeben und bei manchen Steinobstsorten kämpfe man neben dem Schorf auch noch gegen den Schrotschuss. Diese Pilzkrankheit sorgt für Löcher in den Blättern, die gesamte Pflanze und Frucht wird damit in Mitleidenschaft gezogen. Für Franz-Josef Müller, Präsident der Erwerbsobstbauern, steht deshalb fest: „2013 ist ein verflixtes Jahr.“