Doppelmoral? Der Oberbürgermeisterin wird vorgeworfen, im Schönblick nichts gegen die geplante Bebauung zu unternehmen, während sie selbst ein Einfamilienhaus sucht. Foto: Riesterer

Wirbel in den sozialen Medien hat das Ansinnen von Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr verursacht, sich um ein Eigenheim zu bemühen.

Schramberg-Sulgen - "Wir suchen ein Haus, das in einem so guten Zustand ist, dass man einziehen kann und höchstens ein paar Schönheitsreparaturen machen muss. Man darf ja mal träumen", lautete Eisenlohrs Mitteilung auf der Plattform Instagram von vor zwei Monaten.

Das stieß nun unter anderem Mitgliedern der Bürgerinitiative Schönblick sauer auf. Die Oberbürgermeisterin wolle selbst in ein Einfamilienhaus ziehen, verfechte aber am Schönblick den Bau von voluminösen Wohnblocks. Ein anderer Beitrag zu Eisenlohrs Post lautet: "Wieso suchen Sie denn ein Haus? Am Montag wollten Sie noch auf den Schönblick in den geplanten Monsterblock ziehen, schon komisch. Sie suchen ja genau das, was die BI Schönblick sagt. Einfamilienhäuser sind gewünscht."

Stellungnahme der Oberbürgermeisterin

OBin Dorothee Eisenlohr bezieht auf Nachfrage unserer Redaktion Stellung zu diesem Thema: "Um als Stadt nicht nur zum Arbeiten, sondern auch zum Leben attraktiv zu sein, müssen wir Angebote für verschiedene Wohnbedürfnisse machen. Diese Wohnbedürfnisse können sich im Laufe eines Lebens ändern, so Eisenlohr. Sie wolle das an einem nicht repräsentativen, völlig beliebigen Beispiel verdeutlichen: "Ein junger Mensch verlässt nach Abschluss seiner Ausbildung mit dem Antritt seiner ersten Arbeitsstelle sein Elternhaus und zieht mit dem Partner oder der Partnerin in eine Mietwohnung. Später, wenn sich beide beruflich etabliert haben, suchen sie eine Eigentumswohnung, eine Doppel- oder Reihenhaushälfte oder bauen ein Haus."

Noch mal im Alter

Im Alter, wenn die Kinder zum Beispiel ausgezogen sind, bauen sie noch einmal, "und zwar einen ebenerdigen Bungalow oder ein Tiny House. Oder sie ziehen aus einem eher ländlich geprägten Ortsteil in eine barrierefreie, seniorengerechte Wohnung mitten in der Stadt."

Welches Wohnangebot eine Stadt mache, "sollte im Übrigen nicht davon beeinflusst werden, was dem Bürgermeister oder der Oberbürgermeisterin persönlich gerade gefällt oder nicht"; das wäre sicher zu kurz gesprungen.

Über die Hälfte des Lebens zur Miete gewohnt

Was Eisenlohr persönlich betreffe, "so wohne ich tatsächlich seit Beginn meines Studiums im Alter von 19 Jahren – also schon über die Hälfte meines Lebens – zur Miete. Zuerst in WGs, später in Wohnungen. Die Sorgen, die die Bürgerinitiative in Bezug auf Mieter hat, teile ich nicht: Ich hatte im Laufe der Jahre sehr viele sehr nette Nachbarn, die alle genau wie ich zur Miete wohnten. Jetzt, mit Erreichen des Schwabenalters, kann ich mir auch gut vorstellen, einmal in ein Eigenheim zu ziehen, wenn sich eine Chance dazu auftut."