Gruppenbild mit Tigerin: Sechs Teilnehmer fahren im Juli zur IMO nach Chiang Mai in Thailand. Foto: Schwannauer

16 Jugendliche aus ganz Deutschland bereiten sich in Oberwolfach vor. Sieben Stunden täglich rechnen.

Oberwolfach - Sie befassen sich sieben Stunden täglich mit Mathematik, fröhlich und freiwillig: 16 junge Menschen aus ganz Deutschland verbringen eine Woche am Mathematischen Forschungsinstitut in Oberwolfach. Sie kämpfen um die Plätze im deutschen Team für die Internationale Mathematik-Olympiade (IMO). Die sechs Besten fliegen nach Thailand.

Wie muss man sich eine solche Vorbereitung vorstellen? "Wir besprechen hier Strategien zur Lösung von Aufgaben", erläutert Jürgen Prestin. Der Direktor des Instituts für Mathematik an der Universität Lübeck ist als Leiter der deutschen IMO-Delegation mit dabei in Oberwolfach. Zusammen mit fünf Fachkollegen trainiert er mit den Nachwuchsmathematikern eine Woche lang "die konservativen Kerngebiete der Mathematik": Zahlentheorie, Algebra, Kombinatorik und Geometrie.

Die Teilnehmer, zumeist Abiturienten, knobeln an Aufgaben, die es auch für Mathematiker in sich haben: "Die befinden sich auf einem solch hohen Niveau, dass Mathematikstudenten kurz vor dem Abschluss sie oft nicht lösen können." Sechs Lehrkräfte üben und rechnen mit einer Schülerin und 15 Schülern insgesamt gut sieben Stunden täglich. Die Dozenten korrigieren die Ergebnisse informieren wiederum über den Zwischenstand – zur Orientierung, ob es für die Qualifikation reicht. Welche Aufgaben bei der Internationalen-Mathematik-Olympiade gestellt werden, entscheidet ein Gremium.

Die IMO, 1959 in Rumänien erstmals ausgetragen, stellt Aufgaben, für die kein Hochschulwissen vorausgesetzt werden darf, wie Prestin erklärt. Vier Vorbereitungsseminare haben die Kandidaten bereits hinter sich und treffen sich jetzt zur Abschlusswoche in Oberwolfach. Dort entscheiden zwei Klausuren darüber, wer ins Team kommt.

Einziger Teilnehmer aus Baden-Württemberg ist Felix Bauckholt. Der 18-Jährige besucht die letzte Jahrgangsstufe des Freiburger Goethegymnasiums und hat im vergangenen Jahr die Goldmedaille bei der internationalen Informatik-Olympiade in Taiwan gewonnen. "Solange ich mich erinnern kann, habe ich mich für Mathe interessiert und inzwischen auch die Informatik entdeckt", sagt der Schüler. "Ich hätte selbst nie gedacht, dass ich solche Sachen kann."

"Solche Sachen", das sind knifflige mathematische Probleme, die die Grundlage für den Wettbewerb bilden und in der Gruppe gelöst werden. Bauckholt beschäftigt sich gerne mit der Mathematik und betrachtet Aufgaben als "etwas, wobei man über ein Sachgebiet nachdenkt." Dabei sei er im Matheunterricht nicht einmal extrem gut, in Geometrie beispielsweise sei er sogar eher schwach. "Das hier kann man aber nicht mit der Schule vergleichen, der große Unterschied ist ja, dass wir freiwillig hier sind."

Aus dem Klassenzimmer dringt Gelächter. Die Mathematiker sitzen auf ihren Plätzen, Hans-Dietrich Gronau steht schon an der Tafel. Er ist Professor für Mathematik an der Universität Rostock und hat viele Jahre lang die deutsche Delegation der IMO geleitet, bevor er den Stab an Prestin weitergab.

"Hier gibt es auch lebhafte und emotionale Diskussionen", sagt Prestin über die Arbeit mit den Schülern. So wirken die jungen Mathematiker auch: fröhlich und entspannt. In den Pausen spielen sie Karten und Tischkicker, und auch ein Maskottchen tragen sie mit sich herum: "Matiger" ist ein Plüschtiger, der kein Tiger sondern "eine Tigerin" ist, wie es von weiter hinten im Raum laut ruft. Es sind also doch zwei Frauen in der Gruppe.

Dieser Mangel ist in der Mathematik nicht ungewöhnlich: "Gerade einmal zehn Prozent der IMO-Teilnehmerinnen sind Mädchen", erläutert Prestin. Aber: Den größten Erfolg in der IMO-Geschichte hat allerdings eine Frau eingefahren.