Hedwig Kessler inmitten der bunten Blumenpracht Foto: Haas Foto: Schwarzwälder Bote

Brauchtum: Hedwig Kessler gestaltet am Herrgottstag zum 61. Mal den Altar / Musiker geben Konzert

Fronleichnam wird in Oberwolfach am Sonntag gefeiert. Die 84-jährige Hedwig Kessler, die seit 61 Jahren für den Blumenteppich bei der Pfarrkirche die Verantwortung trägt, hat daran nichts auszusetzen. Aber in diesem Jahr läuft ihr die Zeit davon.

Oberwolfach. Wenige Tage vor dem großen Fest, dem "Herrgottsdag", wie Fronleichnam in Oberwolfach genannt wird, bangt Kessler, ob die blau-violetten Lupinen in ihrem großen Blumen- und Gemüsegarten im Mitteltal noch bis zum Wochenende durchhalten. Dass es durch den späten Termin mit dem Angebot an bunten Wiesen- und Gartenblumen eng werden könnte, dessen war sie sich trotz ihrem ganz auf Fronleichnam ausgerichteten Garten schon länger bewusst. "An Pfingste, do het alles no wunderbar bliët", sagt sie.

Um so öfter und fürsorglicher war sie in den vergangenen Wochen mit ihrem Rad unterwegs, um schon zeitig nach möglichen Alternativen Ausschau zu halten. Mehrere sonst regelmäßig verfügbare Blüten wie etwa die Pfingstrosen und auch Wiesenblumen wie die Knautien hat sie schon früh abgeschrieben. Aber eben mit den Lupinen wird es nun so richtig zum Glücksspiel: Halten sie, oder muss in der Not auf den noch üppig blühenden blauen Rittersporn und die Kornblumen oder eine Mischung aus allen dreien ausgewichen werden?

Feste Zusagen von vielen treuen Helfern

Glück hat sie bezüglich der Margeriten. Da wurden auf den Wiesen im hinteren Gelbach noch einige "Mättle" bei der Heuernte ausgeklammert und stehen gelassen. Dabei hat sie auch feste Zusagen von treuen Helfern.

In ihrer "Altarwerkstatt" in der Garage liegt die Vorlage bereit, die vor Jahrzehnten schon einmal Verwendung gefunden hat. Ein Regenguss hat damals für das Verwellen der Unterlage gesorgt. Aber wenn die Blumen gelegt sind, wird davon nichts mehr sehen sein. Getrocknete braune Samen und "Blutstropfen" als Konturen für die Figuren wurden schon mal sorgfältig ausgestreut und aufgeklebt.

Und ein ganzes Sortiment an Werkzeugen, Döschen und Schächtelchen liegt bereit, um bei Bedarf noch kleine schmückende Details mit Fingerspitzengefühl einfügen zu können. Einige Tage im Voraus wurden von Hedwig Kessler auch noch weiße Blütenblätter vom Jasmin an der oberen Grünachbrücke abgeerntet.

Nun hofft die nimmermüde Kessler, dass es auch im 61. Jahr gut gehen möge. Sie ist zuversichtlich, dass sie wieder genug Helfer für die Schlussarbeiten am Vorabend und bis in den Sonntag hinein haben werde, die versprochenen frischen Blumen eintreffen – und vor allem, dass das Wetter hält.

Blumenteppiche an mehreren Stationen

Dann kann in Oberwolfach in traditioneller Weise der Herrgottstag gefeiert werden. Und die Besucher werden auch an den drei weiteren Stationen Blumenteppiche bestaunen können. Traditionell wird auch die Trachtenkapelle bei der Prozession mitwirken und hinterher in ihrem besten "Festtagshäs" – und einem Blümchen am Trachtenhut – mit den neuen Dirigenten Christian Pöndl unter der Dorflinde zum flotten Konzert aufspielen.

Im Laufe der Jahrzehnte hat sich der Prozessionsweg immer wieder geändert. Bis in die 50er-Jahre verlief er auf der Landstraße. Von dort zweigte der Weg im Bereich des Hofbauernhofes (heute MiMa) in einer Schleife in Richtung östlicher Talseite ab. Später wurde ein Umgang um die so genannte Siedlung gemacht, ehe die Prozession beim damaligen Altersheim (heute Malergeschäft Fritsch/Groß) wieder auf der Landstraße zum Lindenplatz zurückkehrte. In neuerer Zeit hat sich die Verbindung über die Friedensstraße als idealer Weg erwiesen, so dass die Prozession nicht mehr mit dem Straßenverkehr in Konflikt gerät. Lediglich bei der letzten Station am Altar unter der Dorflinde kommen manchmal störende Geräusche von der vorbeiführenden Straße.