In diesem Bereich am Gütschkopf in Oberwolfach können laut der Höheren Naturschutzbehörde des Regierungspräsidiums Freiburg seit Ende März keine Windräder gebaut werden. Nun erteilt das Landratsamt als Untere Immissionsschutzbehörde diese Genehmigung ebenfalls nicht. Foto: Archiv: Haas

Landratsamt untersagt Bau von Anlagen auf dem Gütschkopf / Widerspruch angekündigt

Nun ist es amtlich: Der Projektentwickler Ökostrom Consulting und der zukünftige Betreiber Badenova Wärmeplus dürfen keine Windräder auf dem Gütschopf bauen. Zu diesem Schluss ist das Landratsamt Ortenaukreis gekommen.

Oberwolfach . Das Warten hat ein Ende: Seit Dienstagabend steht fest, dass auf dem Gütschkopf keine Windenergieanlagen (WEA) gebaut werden dürfen. Seit das Regierungspräsidium Freiburg (RP) Ende März dieses Jahres bekannt gegeben hat, dass es ebenfalls keine Möglichkeit für die Windkraft-Nutzung auf dem Gütschkopf sehe, stand die finale Entscheidung durch das Landratsamt noch aus. In seinem Urteil gibt die Genehmigungsbehörde nun unüberwindbare artenschutzrechtliche Hinderungsgründe an, die das Vorhaben auf dem Gütschkopf unmöglich machten.

Allerdings ist ein Ende trotzdem nicht in Sicht: Denn der Projektentwickler Andreas Markowsky, Chef der Ökostrom Consulting Freiburg, kündigt schon Widerstand an. Auf Anfrage unserer Zeitung betont er: "Vermutlich werden wir gegen die Entscheidung beim Regierungspräsidium Widerspruch einlegen." Da die Forstliche Versuchsanstalt (FVA) Baden-Württemberg sich in ihren Aussagen mehrfach selbst widersprochen und darüber hinaus nachweislich Unzutreffendes behauptet habe, "waren wir davon ausgegangen, dass das Landratsamt dies entsprechend würdigt und die Genehmigung erteilt", sagt Projektentwickler Markowsky. Aus seiner Sicht gebe es keinen Belang, der einer rechtmäßigen Genehmigung entgegenstehe.

"Bis es zu einem Urteil kommt, ist es noch ein weiter Weg. Ob überhaupt ein Gerichtsverfahren für die Genehmigung notwendig sein wird, muss sich erst noch zeigen", räumt Markowsky abschließend ein. Außer den befremdlichen Äußerungen der FVA spreche nichts gegen eine Genehmigung des Windparks "an diesem sehr geeigneten Standort", findet der Geschäftsführer weiterhin.

Anders sieht es die Landtagsabgeordnete Sandra Boser (Grüne): "Ich habe keine andere Entscheidung erwartet, da der Losungsfund keinen Spielraum für eine andere Bewertung gegeben hat", sagt sie gegenüber unserer Zeitung. "Es zeigt vielmehr, dass der Ausbau der Windkraft nur im Einklang mit den arten- und naturschutzrechtlichen Gegebenheiten erfolgt", so Boser. Sie denkt, dass sich die Gemeinde Oberwolfach sicherlich Gedanken darüber machen werde, welche anderen Möglichkeiten es gibt, einen Beitrag zur Energiewende zu leisten. Die Windkraft sei ein Teil davon, aber es gebe natürlich auch andere Wege, stellt die Grünen-Politikerin fest.

"Letztendlich waren es Losungsfunde eines erwachsenen Auerhuhns und eines Kükens sowie eine Feder, die den Ausschlag für die Entscheidung gaben", unterstreicht Nikolas Stoermer, Erster Landesbeamter des Ortenaukreises, in einer Pressemitteilung. Die FVA, die für die Beurteilung des Auerhuhnschutzes zuständig ist, hatte die für den Bau der Windräder vorgesehene Fläche neu eingestuft (wir berichteten). "Diese Bewertung der Flächen als Balz-, Brut- und Aufzuchtgebiet und damit als Gebiet der Auerhuhnkategorie 1 ließ uns als Genehmigungsbehörde keinen Spielraum für eine andere Entscheidung", resümiert Stoermer.

"Daran konnte auch die von der Antragstellerin vorgetragene Gegendarstellung nichts ändern", sagt der Erste Landesbeamte des Landkreises weiter. Der von Ökostrom Consulting Freiburg und Badenova Wärmeplus vorgetragene Vorwurf der Manipulation wurde von der Behörde als unbegründet zurückgewiesen.

Erleichterung macht sich indes bei der Bürgerinitiative (BI) "Windvernunft an Wolf und Kinzig", beim Schwarzwaldverein (SWV) Oberwolfach und der Interessengruppe Windenergieanlagen Gütschkopf breit. Die SWV-Vorsitzende Gabriele Schäfer sagt: "Da es sich beim Gütschkopf um ein ›Auerhahn- und Naturschutzgebiet 1‹ handelt, das damit aus naturschutzrechtlichen Gründen nicht bebaut werden darf, war eine solche Entscheidung des Landratsamts vorherzusehen." Ob es sich um ein finales Urteil handle, könne sie zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht beurteilen.

Auch der BI-Vorsitzende Theo Feger findet klare Worte: "Für mich war es noch nie nachvollziehbar, dass der Gütschkopf mit Windindustrieanlagen zugebaut werden soll und die Gemeinde Oberwolfach aus Profitgründen dieses Schutzgebiet der Windindustrie preisgibt." Erstens liege der Gütschkopf im einzigartigen Naherholungsgebiet Schwarzenbruch, zweitens sei der gesamte Bereich ein Natura-2000-Vogelschutzgebiet – also ein europäisches Vogelschutzgebiet. Die geplanten WEA würden zudem im Korridor des Generalwildwegeplans liegen, so Feger.

"Jede andere Entscheidung hätten wir nicht akzeptiert", stellt der BI-Vorsitzende klar. Das Gebiet sei schon immer durchgehend mit Auerwild besiedelt gewesen, was über Jahrzehnte dokumentiert worden sei. "Die Badenova hat all die vorliegenden Fakten mit ihren getürkten Gutachten angezweifelt beziehungsweise infrage gestellt, um eine Bebauung durchzudrücken", sagt Feger. Das Vorgehen der Badenova bezeichnet er als "skrupellos". Diese sei so weit gegangen, die Losungsfunde der FVA als "manipuliert" abzutun.

Thomas Kind, Vorsitzender des Abwasservereins Schwarzenbruch und der Interessengruppe Windenergieanlagen Gütschkopf, ist zwar sehr erleichtert, kann aber keine Freude empfinden. "Vielmehr bin ich traurig, dass wir diese Auseinandersetzung überhaupt führen mussten, obwohl uns natürlich bewusst ist, dass eine Energiewende notwendig ist", sagt er. Sehr nachdenklich sei er geworden, da sich nicht die Vernunft durchgesetzt habe, sondern sich die Natur in Form eines Auerhuhnkükens selbst habe schützen müssen. Die Energiewende solle "sehr merkwürdig" umgesetzt werden, findet er. "Diese ganze Auseinandersetzung hat viele Gräben aufgerissen, innerhalb der Bevölkerung und zwischen den Bürgern und den Gemeindeverwaltungen. Wir werden uns bemühen, unseren Teil dazu beizutragen, diese Gräben wieder zu schließen", sagt Kind hoffnungsvoll.

INFO

Anzahl der Anlagen in der Region

 > Bisherige Windenergieanlagen im Ortenaukreis: Seit 2012 wurden laut Nikolas Stoermer, Erster Landesbeamter des Ortenaukreises, 26 leistungsstarke Anlagen im Ortenaukreis genehmigt. Davon sind 24 in Betrieb, zwei befinden sich derzeit im Bau (Nillkopf). Darüber hinaus gibt es noch 15 Windräder, die in Betrieb sind und vor 2012 errichtet wurden. Insgesamt sind also im Ortenaukreis 39 Anlagen in Betrieb.

> Vergaberunde des Bundes bezüglich der EEG-Förderung: Mit keinem Projekt ist Baden-Württemberg bei der jüngsten Ausschreibungsrunde der Bundesnetzagentur zum Zug gekommen. Damit sind die Klimaschutzziele des Landes kaum zu erreichen.