Die Pfadfindergruppe um Werner Rohr, der auch Paul Schuler angehörte, bei einer Weihnachtsfeier mit Werner Rohr wohl im Jugendheim, wo heute die Festhalle steht.Repro: Haas Foto: Schwarzwälder Bote

Als einen Tag des Glücks umschreibt der damals zehnjährige Paul Schuler

Als einen Tag des Glücks umschreibt der damals zehnjährige Paul Schuler den Sommertag 1945. Für den letzten Teil unserer losen Reihe erinnert er sich an diesen Tag zurück.

Paul Schuler, kürzlich in seiner Wahlheimat München 85 Jahre alt geworden, erlebte die Kriegs- und Nachkriegszeit auf dem Grünach in einer kinderreichen Familie besonders intensiv. Er hat sich in den 70er-Jahren in der Fremde hingesetzt und seine Kindheits- und Jugenderinnerungen auch im Blick auf das dörfliche Geschehen mit viel Herzblut zu Papier gebracht.

Oberwolfach. "Wir wateten in der Wolf. Hier im Wolfbach hatte das Tausendjährige Reich auch seine Spuren hinterlassen. Man fand immer wieder Munition. Wie gefährlich die mitunter war, das konnten wir Kinder nicht ermessen", schreibt Schuler.

"An einem Nachmittag suchte ich mit meinem Freund, dem Hermännle, die Wolf nach Zündern (Patronen) ab. Doch bevor die Suche begann, fand ich eine Eierhandgranate, allerdings nicht wissend, dass dies eine ist. Zu meinem Gefährten sagte ich: ›Schau mal, was für ein nettes Korbfläschchen ich gefunden habe!‹ Neugierig versuchte ich den Inhalt zu erkunden, aber immer wieder schnappte der Federdeckel zu. Ich entfernte den darunter liegenden Sand. Aber die starke Feder ließ mich die Arbeit nicht zu Ende führen. Deshalb hantierten wir nun mit einer eilends herbeigeholten Beißzange. Immerhin bekam ich so den Sand aus der Öffnung, ehe der Deckel erneut zuschnallte.

Verdächtiges Geräusch schreckt auf

Plötzlich fing es an zu zischen. Ich kannte dieses Geräusch vom Fischen der Franzosen, wenn diese Handgranaten ins Wasser warfen, um Fische zu fangen. Instinktiv ließ ich mein ›Korbfläschchen‹ fallen. Es kullerte in Richtung Bach. Wir liefen verängstigt davon. Aber wir kamen nur wenige Meter, da gab es eine gewaltige Detonation. Uns beide hat es auf die Nase gehauen, ob vor Schreck oder wegen des Luftdrucks, weiß ich nicht mehr so genau. Auf den Dächern rundum hörte man das Klirren von den Splittern. Dem Polizeidiener Bächle ist ein Splitter in Schuh-Absatz gefahren, sonst ist zum Glück nichts passiert.

Aus dem gegenüberliegenden Gasthaus Dreikönige spritzten sofort französische Soldaten heraus und suchten die Gegend ab. Wir haben uns sogleich im nahegelegenen Holzschopf von’s Zimmer-Anderäse (Spinners) versteckt. In den Verdacht gerieten die Geigerbuben, welche circa 40 Meter unterhalb gespielt hatten. Aber sie konnten ihre Unschuld erfolgreich beteuern. Es ist unser Geheimnis geblieben, denn wir hielten zusammen wie Pech und Schwefel", so Schuler.

Schönere Zeiten ab 1947 mit den Pfadfindern

"In der Zeit des Hungers habe ich weiter jede Möglichkeit genutzt, selbst für mein leibliches Wohl zu sorgen. Mein Vater und ich haben Kartoffelschnitze in die Erde eingelegt, um so Kartoffeln zu pflanzen. Vom Hunger getrieben habe ich hinterher wieder einige herausgebuddelt und diese im Wald mit meinen Freunden in alten Konservendosen gekocht. Als die Kartoffelpflanzen nun aus der Erde lugten, da fielen unserem Vater die großen Lücken auf. Der meinte dann, da müssen wieder viele Mäuse und Werren am Werk gewesen sein.

Schönere Zeiten haben wir dann ab 1947 erlebt. Regelmäßig haben wir als Pfadfinder mit unserem Betreuer, Werner Rohr, auf dem Ebenacker gezeltet. Sportliche Wettkämpfe sorgten für Kurzweil. Oben in luftiger Bergeshöh‘ bei Sport, Spiel und Sonnenschein und auch Gewitternächten, das war wunderschön!" Davon schwärmt Paul Schuler in der zu Ende gehenden Kriegs- und zugleich Schülerzeit. Aufgeschrieben hat der Grünacher auch seine Erlebnisse in harten, mitunter sehr entbehrungsreichen Lehrjahren. Glücklich war die Familie über die Rückkehr der Brüder Gottlieb, Karl und Wilhelm aus dem Krieg. Karl war zwar zeitlebens durch eine große Narbe im Gesicht gezeichnet, aber es war ihnen allen hinterher noch ein erfülltes Familienleben gegönnt.