Die Salonmusiker-Combo genoss ihren Auftritt im Oberkollbacher Dorfgemeinschaftshaus. Foto: Tröger Foto: Schwarzwälder Bote

Kultur: Combo macht Zuhörern in Pandemiezeiten mit ihrem Auftritt ein großes Geschenk

Würde man sagen: Im Nordschwarzwald gaben die Stuttgarter Saloniker vor einem erlesenen Publikum eines ihrer seltenen Konzerte, wäre das zynisch. Und es würde dem Wert, der Stimmung und der Freude, sowohl der Gäste wie der Musiker, beim Konzert der Salonmusiker-Combo im Dorfgemeinschaftshaus in Oberkollbach überhaupt nicht gerecht.

Oberreichenbach-Oberkollbach. Es würde jedoch die dramatische Situation, in der sich coronabedingt viele selbstständige Musiker und Künstler befinden, beschreiben. Will heißen, ihre von langer Hand für 2020 geplanten und organisierten Konzerte sowie Auftritte wurden mit dem Shutdown im März dieses Jahres in den allermeisten Fällen von einem auf den anderen Tag ersatzlos gestrichen. Und wenn nun im Herbst des Corona-Jahres unter strengen Hygienebedingungen etwas stattfinden kann, geschieht es vor "erlesenem" Publikum, meint: Es sind deutlich weniger Besucher zugelassen und viele, die Interesse hätten, trauen sich aus Angst vor dem Virus und vor Ansteckung nicht, eine Veranstaltung zu besuchen.

Trotzdem, Bürgermeister Karlheinz Kistner, erklärtermaßen ein Fan von Patrick Siben und seinen Musikern, freute sich, die Truppe begrüßen zu können, auch wenn er anmerkte: "Was die heute tun, ist nicht wirtschaftlich, aber sehr schön".

Schwungvoll starteten zwei Violinen, ein Bass, ein Cello und ein Klavier mit "Wien bleibt Wien" in den Oberkollbacher Abend, bevor Siben das Wort an die Gäste richtete. "Von 70 geplanten Konzerten auf dem Land ist dieses eine übriggeblieben." Aber bevor er sich in Wehmut verliere: Es sei Open Air einiges möglich gewesen in den vergangenen Wochen, zum Glück. Von seinem Ministerpräsidenten hätte er sich jedoch anstelle der Empfehlung, die Kontakte auf die Hälfte zu reduzieren, gewünscht, dass der sagt: Es gibt im Ländle, in Deutschland und in Europa "Leute, die was bewegen wollen, die alles tun und richten, dass es geht – do kann mr no ganga".

Die "Musik unserer Großväter und Großmütter" wie vor hundert Jahren bestimmte den ersten Teil des Konzerts, das nicht nur vom leidenschaftlichen, variabel akzentuierten Spiel der fünf Instrumentalisten lebte, sondern auch von der unvergleichlichen Moderation des sich selbst als "Factotum am Klavier" bezeichnenden Kapellmeisters Siben. "Wein, Weib und Gesang" von Johann Strauss war zu hören oder "Der Wildschütz", Opernmusik von Albert Lortzing.

Siben brach eine Lanze für "handgemachte Musik mit handgemachten Instrumenten". Musik sei in der Lage, die Seele zum Klingen zu bringen. Natürlich könne man ein Konzert im Fernsehen anschauen, oder 70 einzelne Musiker in ihrem Zuhause per Video aufnehmen und zum Orchester zusammenschneiden, "aber was macht das mit unserer Seele? Ich weiß net…"

Beim "Mazedonischen Herbstlied", das nach dem melancholischen "Herbstlied" von Tschaikowski viel Lebensfreude ob der herbstlichen Erntefülle verströmte, wurde auch das Publikum als "Klangkörper" einbezogen: Auf Handzeichen des Kapellmeisters scholl ein vielstimmig-jubelndes "ooooh hei" durch den Saal, "als hättet mir no nie was andres g’macht!"

Von Klassik zum Blues

"Stellen Sie Ihre Musiker auch mal vor?", wünschte sich ein Besucher. "Eigentlich net, weil mir sen a Bande und g‘höret z‘samme." Aber Siben, sein Instrument ist das Klavier, kam dem Wunsch trotzdem nach. Die in Oberkollbach auftretende junge Bande setzt sich zusammen aus Javier Diaz Carillo, er spielte die erste Geige, Eszter Doffkai die zweite, Delphine Henriet das Cello und Renger Woelderink den Kontrabass.

Mit dem Wechsel der Musikfarbe von der Klassik hin zum Blues ging es nach der Pause in den zweiten Teil des vom Publikum mit begeistertem Beifall bedachten Konzerts. Der "Limehouse Blues" von Philip Braham und der erste 1918 auf einer Schellack-Platte veröffentlichte Blues des Dixieland-Pianisten Henry Ragas standen für dieses Genre.

"Walzer ist das lebensfroheste, was man sich vorstellen kann." Deshalb kündigte Siben als Zugabe eine der 70 Walzerkompositionen des "zweiten Walzerkönigs" Emil Waldteufel an: "Herbstweisen" und ergänzte: "Tanzen verboten!" In den Beinen gejuckt haben dürfte es trotzdem den ein oder anderen Besucher ob der in der Tat schwungvollen Weise.