Rege war die Teilnahme am Kurs für Alltagsgestaltung mit demenziell erkrankten Menschen des Netzwerkes "Für uns in Oberreichenbach". Foto: Stocker Foto: Schwarzwälder Bote

Soziales: Bei Alltagsgestaltung für demenzkranke Menschen gibt es einiges zu beachten

Wenn demenzkranke Menschen quasi das Leben entgleitet, legen sie oft nicht nachvollziehbare Verhaltensweisen an den Tag, hamstern beispielsweise Lebensmittel. Schimpfen und wegnehmen ist aber die falsche Reaktion darauf.

Oberreichenbach-Oberkollbach. "Sie wollen Lebensqualität schaufeln, lassen sie ihnen ihr Geheimnis", erläuterte Andrea Orth den 18 Teilnehmerinnen des Kurses für Alltagsgestaltung mit demenziell erkrankten Menschen. Hinter diesem Verhalten stecke unter anderem, sich Reserven zu schaffen, so die Fachwirtin Alten- und Krankenpflege. Es verleihe Dementen ein Gefühl von Sicherheit, weil genug Lebensmittel im Haus seien. Natürlich sollte Verderbliches beseitigt werden, am besten unbemerkt.

Betreuende Personen sollen entlastet werden

Zwei Tage lang hatte die Kursleiterin Grundlagen vermittelt, um Menschen mit Demenz besser verstehen zu können. Gleichzeitig diente die Fortbildung für Mitarbeiter in der Nachbarschaftshilfe sowie pflegende Angehörige der Entlastung von betreuenden Personen.

"Schalten Sie Ihre Blaulichter aus, denn Demenzbegleitung heißt nicht, alles unter Kontrolle haben zu müssen", appellierte Orth an die Betreuerinnen, sich als drittes Bein, Arm oder zweiten Kopf zu verstehen. Denn durch die Erkrankung würden der individuelle Radius und die Möglichkeiten zwar kleiner, nicht aber das Bedürfnis nach Lebensqualität. "Seien sie gnädig", warb die Fachfrau um Verständnis. Oft komme es beispielsweise vor, dass Demente nicht mehr in gewohnter Art und Weise essen und dann schnell der Eindruck entstehe, sie erhielten nicht genug Nahrung. "Überlegen sie sich Strategien und zwingen sie keinesfalls zum Essen", verwies die Referentin auf das inzwischen im Bereich Demenz oft angebotene Fingerfood. Also kleine Essensportionen während des Tages zur Verfügung zu stellen, die selbstständig genommen werden können.

Wertschätzung spielt eine zentrale Rolle

Von großer Bedeutung ist laut Fachfrau die Wertschätzung gegenüber Demenzerkrankten beispielsweise durch ein Dazusetzen beim Essen oder Kaffeetrinken statt im Vorbeigehen von oben zur Aufnahme von Nahrung zu animieren. "Umlenken statt ablenken und nicht runterspielen oder tadeln, weil das von Dementen nicht mehr eingeordnet werden kann", gab Orth erste Hinweise für eine wertschätzende Haltung gegenüber den Betroffenen.

"Für dieses Thema werden wir 2019 einen neuen Kurs anbieten", sagte Debora Höfflin, Projektleiterin des gastgebenden Netzwerkes "Für uns in Oberreichenbach". In Kooperation mit der katholischen Landfrauenbewegung hatte sie die Fortbildung organisiert. "Es beteiligten sich Frauen aus Oberreichenbach, Neuweiler, Schömberg, Calw, Möttlingen und Seewald-Besenfeld", freute sich Höfflin über den Zuspruch, der zeigte, dass der Bedarf für solche Angebote besteht. Jede der Frauen erhielt ein Zertifikat.