Gegraben, untersucht, fotografiert und dokumentiert wird im von Wald überwachsenen mittelalterlichen Ort Oberwürzbach. Die Arbeiten beobachten (von rechts) Grabungsleiterin Katja Thode, der frühere Landrat Hans-Werner Köblitz und seine Frau Josephine. Foto: Schabert Foto: Schwarzwälder-Bote

Grabungen im ehemaligen Oberwürzbach bringen Überraschungen / Lob für gute Vorarbeit an Robert Roller

Von Hans Schabert

 

Oberreichenbach/Teinachtal. Warum drei ehemalige Siedlungsbereiche zwischen Agenbach, Würzbach, Schmieh und Oberkollwangen seit dem 15. Jahrhundert verlassen sind, bleibt ungeklärt. Zweifellos existierten sie aber seit dem 11. und 12. Jahrhundert dort, wo heute Wald steht.

Dazu hat die wissenschaftliche Mitarbeiterin der Universität Tübingen, Katja Thode, sichere Belege beispielsweise in Form von zeitlich einstufbarer Keramik gefunden. Sie stellt dem Forstrevierleiter und Heimatforscher aus Bad Teinach-Zavelstein, Robert Roller, ein besonderes Zeugnis aus: "Ohne seine gute Vorarbeit wären wir heute lange nicht so weit." Er hat seine Entdeckungen und Erkenntnisse im Kreisjahrbuch, einer Broschüre, in Aufschrieben und Karten festgehalten. Die junge Frau aus Schleswig-Holstein hat ihren Master in Ur- und Frühgeschichte abgelegt. Anschließend fand sie im Sonderforschungsbereich "RessourcenKulturen" Anstellung am Institut für Ur- und Frühgeschichte und Archäologie des Mittelalters auf Schloss Hohentübingen. Promovieren will Thode mit dem Ausgrabungsprojekt. Deshalb ist sie mitten im Calwer Wald im zweiten Jahr im Einsatz.

Seit sieben Wochen arbeitet sie jetzt dort mit wechselnden Gruppen Studierender, die so die geforderten Praktika absolvieren. Schicht um Schicht legen sie ein vor 900 oder 1000 Jahren erbautes und vor 600 Jahren aufgegebenes Haus frei. An einer Stelle suchen die jungen Leute mit kleiner Kelle vorsichtig nach dem vermuteten Eingang. Überraschungen bleiben nicht aus. Es handelte sich um ein Steinhaus, dessen Größe und Gestaltung mit Doppelmauer aus behauenen Steinen mit Steinfüllung von einem Meter Breite nicht erwartet worden war.

Nach der Mauer beurteilt war das Gebäude herausgehoben sowie mehrstöckig. "Vielleicht gehörte es zum Hof des Lokators", sagte die junge Fachfrau dem früheren Landrat Hans-Werner Köblitz und Ehefrau Josephine. Beide sind zufällig an der Grabungsstelle und bestaunen die uralten Siedlungsspuren. An diesem Platz kommen kaum Wanderer vorbei. Auf einer Freizeittour haben sie zufällig in der Nähe Robert Roller getroffen. Und er hat sie auf diese interessante Stätte aufmerksam gemacht.

Die eigentliche Überraschung folgt für die Besucher wie zuvor für die Grabenden allerdings ein Stück entfernt. Das Team wollte zu Vergleichszwecken die Spuren eines zweiten Hauses untersuchen. Dabei stieß es auf einen steinernen Rundbau mit vier Metern Durchmesser. Selbst erfahrene Forscher und Professoren können dessen Zweck bisher nicht klären. Alles, woran der Laie oder der Fachmann zunächst denkt wie Brunnen, Salbeofen oder Mühle, lässt die üblichen Begleitspuren vermissen.

Bei Oberwürzbach sorgte wohl einst der Lokator als örtlicher Organisator im Auftrag des Grundherren für die planmäßige Anlegung und Besiedelung als Waldhufendorf. So etwas erkennen Fachleute an der Wegführung oder an Wällen. Zur Vermeidung der Beschädigung des Schneidewerkzeugs wurden in den Streu-Mähflächen die Steine herausgelesen und am Rand aufgehäuft. Insgesamt aus 18 bis 20 Höfen bestand der mittelalterliche Ort. Anders angelegt waren nach den Spuren die benachbarten Siedlungsbereiche Hühnerloch auf Markung Schmieh und Igelsloch; von Letzterem sind Spuren auf der Markung Oberkollwangen um den Igelslocher Brunnen für ein fachlich geschultes Auge erkennbar.