Nicht jeder muss eine Mund-Nasen-Maske tragen. Letztendlich entscheidet dies jedoch der Hausarzt. (Symbolfoto) Foto: dpa

Frau klagt an: Mediziner behandelt lungenkranken Mann nicht. Keine klare Regelung zur Befreiung. 

Oberreichenbach - Ein Mann mit Lungenkrankheit tut sich schwer beim Tragen einer Mund-Nasen-Maske. Der zuständige Hausarzt weigert sich aber laut Aussage des Patienten, diesen zu behandeln. Die Regelungen sind hier uneindeutig, wie ein Sprecher der kassenärztlichen Vereinigung aus Stuttgart sagt.

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Irmgard P. (Name von der Redaktion geändert) aus Oberreichenbach ist verzweifelt. Ihr Mann leidet an einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung, kurz und besser bekannt als COPD. In Corona-Zeiten hat es ihr Gatte besonders schwer, auch wegen der Maskenpflicht bei Ärzten. Jetzt wurden sie, sagt P., von ihrem Hausarzt ausgesperrt, er verweigere die Behandlung, weil der Mann keine Maske trägt.

Keine konkrete Regeln

"Eine Befreiung stellt er auch nicht aus", klagt die Frau. Brisant an der Sache: Ihr Mann braucht dringend das Blutverdünnungsmittel Marcumar, kommt da aber ohne Rezept nicht ran. Ins Krankenhaus traut sich das Ehepaar auch nicht - da sei ja das gleiche Problem mit der Maske, die ihr Mann nicht tragen könne wegen seiner Lungenkrankheit. Konkrete Regeln zur Entbindung von der Maskenpflicht gibt es indes nicht, wie Kai Sonntag, Pressesprecher der kassenärztlichen Vereinigung aus Stuttgart mitteilt. "Das obliegt der Einschätzung des Arztes. Klar ist nur, dass der eine Abwägung treffen muss zwischen den berechtigten Interessen der Allgemeinheit und der Zumutbarkeit für den Patienten", erklärt Sonntag die Zwickmühle, in der sich Ärzte derzeit befinden.

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Sonntag räumt zudem mit einer Begriffsproblematik auf. Rein formal könne ein Arzt niemanden von der Maskenpflicht etwa im Supermarkt befreien, sondern lediglich "eine Bestätigung ausstellen, dass es aus seiner Sicht für den Patienten aus medizinischen Gründen nicht zumutbar ist, eine Maske zu tragen."

Die Behandlung generell zu verweigern, wie es wohl P. passiert sein soll, ist laut dem Sprecher nur aus bestimmten Gründen erlaubt. Da komme es dann sehr auf den Einzelfall und den Behandlungsbedarf an, so Sonntag weiter. Aber klar sei auch: "Wenn ein Patient sich ohne medizinischen Grund weigert, dann könnte das Hausrecht zur Geltung kommen." Kurzum: Der Arzt kann sehr wohl den Patienten aus seinen Praxisräumen werfen.

Allerdings ist Vorsicht geboten. Denn der sogenannte hippokratische Eid setzt ganz klar den Patienten an die erste Stelle. Zwar gibt es den Eid, der auf den griechischen Arzt Hippokrates von Kos zurückgehen soll, heutzutage nicht mehr in Reinform. Jedoch wurde dieser einst vom Genfer Gelöbnis abgelöst, was auch vom Weltärztebund anerkannt ist. Dieses wiederum findet sich in der Berufsordnung für die in Deutschland tätigen Ärzte, die die Bundesärztekammer herausgibt.

Und darin heißt es: "Als Mitglied der ärztlichen Profession gelobe ich feierlich, [dass] die Gesundheit und das Wohlergehen meiner Patientin oder meines Patienten mein oberstes Anliegen sein werden."

Pragmatische Lösung

Ganz fern von alten Regularien und Schwüren hat Sonntag eine pragmatische Lösung parat: "In der Regel kennen die Ärzte die Patienten. Es gibt heute die Möglichkeit, eine Videosprechstunde abzuhalten und so den Zustand des Patienten aus der Distanz zu beurteilen und das Rezept per Post zu schicken oder es auch von einem Angehörigen abholen zu lassen." Im Zweifel muss also niemand auf ein wichtiges Medikament verzichten.