Auf dem Podium setzten sich neben Moderator Christoph Ewen (von links), Oliver Schmucker, Thomas Frey, Rico Faller, Bürgermeister Karlheinz Kistner und Matthias Proske mit dem Entwurf des Teilregionalplans auseinander. Foto: Stocker Foto: Schwarzwälder Bote

Bürgermeinung: Diskussion über Grundlagen für Windkraftgebiete / Teilregionalplan nicht in trockenen Tüchern

Der Teilregionalplan Windenergie des Regionalverbands Nordschwarzwald (RV) löste kontroverse Diskussionen aus. Bei der Einwohnerversammlung in Würzbach wurde deutlich, dass alle Beteiligten gegen eine "Verspargelung" der Landschaft sind.

Oberreichenbach-Würzbach. Mehr noch, Verbandsdirektor Matthias Proske erteilte sogar dem inzwischen errichteten Windpark in Straubenhardt eine Abfuhr. "Dieses Gebiet hätten wir nicht in die Entwurfsplanung aufgenommen, weil der Wind nicht stark genug ist", entgegnete er dem Verweis von Oliver Schmucker, Vertrauensperson der initiierenden Bürgerinitiative, dass Prognosen für ein Potenzial von Windenergie dort stärker waren, als nun zu beobachten.

Denn daran schieden sich unter anderem die Geister. Während der RV laut Proske die Daten vom Windatlas 2011 zugrunde legt, prangerte nicht nur die BI an, dass aktuelle Gegebenheiten nicht schon bei der Entwurfsplanung einflossen.

Entwurf wird überprüft

Nun scheint aber Bewegung in die Planungen zu kommen. "Nachdem das Umweltministerium Baden-Württemberg den Windatlas aktuell überarbeitet, werden wir vorschlagen, den Entwurf des Teilregionalplans zur Seite zu legen, bis die Ergebnisse im Frühjahr vorliegen, und dann entscheiden, ob wir von vorne anfangen", stellte Proske just am Abend vor der Sitzung des Planungsausschusses fest.

Ungeachtet dessen erläuterte der Verbandsdirektor, dass sich das Verfahren in der Auswertung befinde und der Entwurf des Teilregionalplans aufgrund der Einwände und Anregungen überarbeitet werde. "Der Regionalverband hat unter anderem den Auftrag, eine Standortsicherung von Flächen für Windkraftanlagen vorzunehmen", erläuterte Proske. "Das Land zwingt zu dieser Ausweisung, eine Nulllösung gibt es nicht", fasste Moderator Christoph Ewen vom Forum Energiedialog Baden-Württemberg zusammen.

Aufstellungsbeschluss 2004

Der aktuelle Entwurf beziehe sich auf einen Aufstellungsbeschluss aus dem Jahr 2004, der zunächst nicht weiter verfolgt wurde. "Mit ihm rufen wir jetzt das Wissen in den Kommunen ab und lassen Planungen der Gemeinden einfließen", sicherte Proske zu. Für Windmessungen wären indes Investoren zuständig, da eine flächendeckende Erhebung weder finanzierbar, noch realistisch sei.

Zuvor hatte Schmucker ihm vorgehalten, die Bevölkerung ohne Not zu verunsichern, weil bereits bekannte Fakten wie beispielsweise Artenschutz und Entwicklungen in der Gemeinde nicht einflossen.

"Nach der Prüfung der Stellungnahmen werden wir einen Überlastungsschutz einziehen durch den die Häufigkeit der Gebiete reduziert wird", räumte Proske eine massive Bündelung von Gebieten zwischen Höfen, Oberreichenbach und Bad Wildbad ein, die in dieser Massierung nicht weiterverfolgt würden.

Neue Anlagenhöhen

Im Rahmen der Diskussion wurde dann deutlich, dass wohl noch mehr Grundlagen zu überarbeiten sind, zumal der RV beispielsweise von Referenzanlagen in Höhe von 180 Metern ausgeht, die der so genannte interministerielle Windkrafterlass vorgab. "Die Zurückhaltung bei der Höhe ist problematisch, weil sie dem Vorsorgegrundsatz widerspricht", sagte dazu Rechtsanwalt Rico Faller, der inzwischen die BI begleitet. Nicht verwundert war Thomas Frey, dass die Anlagen längst höher, nämlich 200 und 240 Meter sind. "Wir haben keinen Wind, bei dem es sich rechnet, aber Investoren berufen sich ausdrücklich auf Entwürfe von Planungen", berichtete der Sprecher der BI "Abstand zur Windkraft Büchenbronn" von Erfahrungen zu Anträgen. Diese würden aber einer verbindlichen Rechtsgrundlage entbehren, so Proske, weil sie als "in Aufstellung befindliche Ziele" definiert seien.

"Was passiert mit dem Flächennutzungsplan Oberreichenbach wenn der Regionalplan rechtsverbindlich wird?", fragte Ewen, zumal Bürgermeister Karlheinz Kistner auf wiederum dessen Rechtskräftigkeit verwies. "Die Gemeinde hat bewusst im Gewann Zimmern ein Vorranggebiet ausgewiesen und andere Außengebietsflächen sind damit tabu", erinnerte Kistner an den Beschluss vor 15 Jahren, wenngleich der RV diese Fläche gar nicht in den Regionalplan einband. Doch Proske machte deutlich, dass der Regionalplan über dem kommunalen Flächennutzungsplan stehe.

Ist Gesundheit gefährdet?

"Wie viel gesundheitliche Auswirkung muss man als Bürger aushalten?", verwies die Internistin Dagmar Schmucker auf die im Grundgesetz festgeschriebene Unversehrtheit, die sie durch den mit der Windkraft einhergehenden Infraschall angegriffen sieht. Gleichzeitig monierte sie den zu gering festgelegten Abstand von Windkraftanlagen (WKA), der 700 Meter ausweist. Er beziehe sich laut dem Verbandsdirektor auf ein Gerichtsurteil, das als Entfernung die doppelte Länge der WKA vorgibt.

"Die Planungen werden auf dem Rücken der Bürger ausgetragen, ohne Ergebnisse von Studien zur Auswirkung abzuwarten, wie es Dänemark macht", vermisste eine andere Bürgerin die Beachtung von weiteren Erkenntnissen. "Wir tun, wozu wir verpflichtet und wovon wir überzeugt sind. Wir kämen nie voran, wenn wir auf Studien warten würden", reagierte Proske auf den Einwand. "Aber wir werden die Stellungnahme von Oberreichenbach berücksichtigen", sicherte er zu, nachdem Schmucker eingangs eine drohende Umzingelung von "riesigen technischen Spargeln" anprangerte. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Biotop zerstört wird", erinnerte der BI-Sprecher aus Würzbach zudem an das Vorkommen verschiedener Tiere. Zur Einwohnerversammlung waren rund 170 Interessenten gekommen.