Sanierung: Rathaus Igelsloch ist fertig umgebaut / Bürgermeister Karlheinz Kistner spricht von "schönstem öffentlichen Gebäude"

Es hat knapp mehr als ein Jahr gedauert, ist jetzt aber vollbracht. Das Schul- und Rathaus in Oberreichenbachs Ortsteil Igelsloch ist umgebaut, auch mit Zuschüssen aus dem ELR-Programm. Ein Blick auf die moderne Technik hinter der alten Fassade.

Oberreichenbach. Wo einst noch Rohbau war, ist jetzt alles nagelneu und doch voller Charme. Das Rathaus in Igelsloch ist zur Begegnungsstätte umgebaut worden. Allerdings nur innen, denn das altehrwürdige Gebäude wurde schon 1906 errichtet und ist deshalb denkmalgeschützt. Dennoch musste das Dach erneuert und auch auf den aktuellen Stand bei der Wärmedämmung gebracht werden.

In Abstimmung mit dem Denkmalamt wurden extra spezielle Doppelmuldenfalzziegel verwendet. Auch eine Neuverfugung der Backsteinfassade sowie Nacharbeiten am Sandsteinsockel wurden beauftragt. "Das Gebäude hat Charme und wir haben einen Weg gefunden, wie es genutzt werden kann", freut sich Bürgermeister Karlheinz Kistner über die abgeschlossene Renovierung. Der Bürgersaal ist jeden Abend belegt – abgesehen vom Wochenende. Dort sind dann eigentlich Veranstaltungen vorgesehen, die aktuell wegen der Corona-Pandemie aber bekanntlich nicht stattfinden dürfen. Immerhin: Die Bücherei im Obergeschoss hat seit Juli wieder geöffnet, wurde neu sortiert. Jedes Buch habe man abgestaubt nach dem Umbau, erklärt Ursel Black, die die Bücherei zusammen mit weiteren Ehrenamtlichen betreut.

Neu ist vor allem der Aufzug. Er steht dort, wo früher das zweite Treppenhaus war. Der wurde nötig, weil das Gebäude zwei unterschiedliche Erdgeschosshöhen hat. "Damals hat noch kein Mensch an Barrierefreiheit gedacht", erläutert Kistner. Deshalb jetzt der Aufzug mit zwei Stationen im Erdgeschoss, um den doch deutlichen Höhenunterschied zu überwinden. "Bei dem fehlt nur noch die SIM-Karte für den Notruf", erklärt Architekt Fritz Heintel, der am seit Mai 2019 währenden Umbau ebenfalls beteiligt war. Geht man weiter durchs Gebäude kommen immer mehr Überbleibsel der Vergangenheit zum Vorschein. In der Toilette hinter der alten Schulküche findet sich ein Gitter am Fenster. "Das war früher die Arrestzelle", erklärt Heintel. Die Küche ist jetzt brandneu, mit Backofen, Spülmaschine und riesigem Kochfeld ausgestattet. Die Küche wird laut Kistner rege genutzt: Das Sommerferienprogramm arbeitet am Herd, auch die Alterswehr oder der Ortsverein seien froh um die Küche.

Ganz nostalgisch wird es dann im Keller. Neben dem Gewölbekeller findet sich noch eine Ecke, an dem das einstige Fundament zu Tage tritt. Ein Gemisch aus Backsteinen, bröckeligem Mörtel und gestampfter Erde trägt die Last des darüberliegenden Gebäudes. "Da sieht man mal, dass damals die ›Pi-mal-Daumen-Statiker‹ eben auch irgendwo Recht hatten", meint Kistner. Architekt Heintel streut beruhigend ein, dass das Gebäude sicher stehe und die Grundstruktur noch lange trage. Nebenan ist die neue Heiztechnik zu begutachten.

Vier mächtige Batterien sorgen für Notstrom

Eine Pelletheizung transportiert die Wärme durchs Gebäude. Auch eine Notstromversorgung gibt es. Diese wird im Zweifel von vier mächtigen Batterien bis zu einer Stunde aufrechterhalten.

Stichwort Strom: Auch die Elektrik ist generalsaniert im alten Rathaus. Die Wohnung im oberen Teil des Hauses, in der bis zu zehn Flüchtlinge untergebracht werden können, bleibt erhalten. Man müsse ja auch in Zukunft welche aufnehmen, so Kistner. Irgendwann werde die Wohnung vielleicht wieder einer normalen Wohnungsnutzung zugeführt, mutmaßt er. Bis dahin bleibt die geräumige Wohnung als Flüchtlingsquartier erhalten. "Beim letzten Mal hat das prima geklappt", freut sich der Schultes.

Inzwischen sind aber alle ausgezogen, haben eigene Wohnungen gefunden. Jetzt nutzt man die Zeit, um auch dort zu renovieren. Diese Arbeiten sind noch nicht ganz abgeschlossen. Was auch noch fehlt ist die Garage. Dort will der Ortsverein übrig gebliebene Farbe auf die Wände bringen. Sehr zur Freude des Bürgermeisters.

Der alte Baustil ist aber im gesamten Gebäude komplett erhalten geblieben. Vom Parkettboden im Bürgersaal, über die historischen Eingangstüren bis zu den alten Bodenfliesen im Treppenhaus. Sogar die alte Eichenholztreppe in die Obergeschosse ist geblieben – einzige Änderung: Brandschutzplatten an der Unterseite. Auch die Stuckkehlen an der Decke finden sich nach der aufwendigen Sanierung wieder. Was man nicht sieht: Im alten Gewand schlummert modernste Technik. Notbeleuchtung mit Flucht- und Rettungsweghinweisen, funkvernetzte Rauchmelder, nicht zuletzt der Aufzug. "Wir hatten zum Glück einen guten Denkmalschützer mit an Bord", freut sich Bürgermeister Kistner, der aus dem Schwärmen gar nicht mehr herauskommt: "Es ist das schönste öffentliche Gebäude der Gemeinde." Doch es war bis dahin ein Kraftakt, der einem Marathon gleichkam. Die Planungen begannen bereits im Jahr 2014, 2016 folgten dann die Bürgerbeteiligung und die Baugenehmigung. Im Oktober des gleichen Jahres stellte die Kommune einen Antrag auf ELR-Förderung. Es war dann im Jahr 2018 soweit, es gab grünes Licht.

Summe von fast einer Million hat sich gelohnt

Schlussendlich kostet der gesamte Umbau rund 927 000 Euro. Doch die gigantische Summe hat sich gelohnt, das Rathaus erstrahlt in neuem Glanz. "Trotz der vielen erforderlichen Erneuerungen und den Eingriffen durch die Umbauten konnte der Charme und der Charakter des Gebäudes erhalten werden", freuen sich Kistner und Heintel unisono. Die geplante Einweihungsfeier muss dem nach wie vor allgegenwärtigen Coronavirus weichen. Schon in der letzten Gemeinderatssitzung vor der Sommerpause meinte Kistner, dass man diese Feier "irgendwann, irgendwie" nachholen werde.