Die 24-jährige Studentin Nancy Grosshans aus Oberkollbach mit dem Buch "Kerle Kulte". Foto: König

Studierende erforschen ganze Bandbreite der Männlichkeit. Projektgruppe mit Traumnote 1,0.

Oberreichenbach–Oberkollbach - Was Herbert Grönemeyer in seinem Lied "Wann ist der Mann ein Mann?" besang, wollte die Projektgruppe "Mannopoly" nicht aufwärmen. Viel eher interessierte sie die Frage: Wie bleibt der Mann ein Mann? Mit ihrem Professor gaben 15 Studierende das Buch "Kerle Kulte" heraus.

Nancy Grosshans, 24 Jahre alt, kommt aus Oberkollbach. Neben ihrer Erzieherausbildung in Nagold absolvierte sie das Fachabitur und studierte dreieinhalb Jahre Soziale Arbeit in Esslingen. Während des Studiums ist ein Projekt Pflicht – doch statt Hausarbeit oder Referat wollte sie, wie 14 ihrer Kommilitonen, lieber ein Buch verfassen.

Kurt Möller, ihr Dozent, schlug Projekt und Thema vor. Seine Kontakte zum Berliner Verlag "archiv der jugendkulturen e.v." machten die Verlegung möglich. Die Richtung, in die das Ganze gehen sollte, war offen. Schnell hatten die Studenten Feuer gefangen und gründeten die Projektgruppe "Mannopoly". Eine Anspielung auf das Kultspiel, da sich das Buch mit "Kerle Kulte" beschäftigt; gleichzeitig wird durch das Anhängsel "poly" klar, dass es um die Vielfältigkeit des Mannseins geht.

So schwärmten 14 Frauen und ein Mann aus, um "Inszenierungen von Männlichkeit", wie es im Untertitel des Buches heißt, zu entdecken. Doch wie geht das zusammen? Ein Buch über Männer wird fast nur von Frauen geschrieben? Nancy Grosshans lacht. Ja, es gebe nun mal sehr viel mehr Frauen als Männer in ihrem Studiengang und in der Praxis der Sozialen Arbeit. Eben diese sähen sich im Berufsleben vielerorts mit männlichen Personen konfrontiert. Es sei dahin gestellt, ob die Männer mit den Frauen anders reden als mit Gleichgeschlechtlichen. Jedenfalls wurde sorgfältig und mit einer offenen, positiven Einstellung gearbeitet.

In rund 60 Interviews gingen die Projektmitglieder der Anfangsfrage nach. Welche Werte sind Männern wichtig? Wie sieht die Rollenverteilung heute aus? Wie setzt sich ein Mann mit seiner eigenen Männlichkeit auseinander? Welche Vorurteile stimmen und welche nicht? Und woher kommen diese Vorurteile überhaupt? So viele verschiedene Meinungen und Herangehensweisen an das Thema – die Studierenden waren überrascht und sahen ihre eigene Sichtweise im Laufe des Projekts völlig verändert.

Die zwölf- bis 25-jährigen Interviewpartner fanden sich hauptsächlich über Kontakte der Projektgruppenmitglieder: In ganz Deutschland gab es Bekannte. So kamen sehr interessante Gespräche zustande, die Themen behandeln, über die man sonst wenig bis gar nichts erfährt.

Keine plumpen Klischees bedienen

Es sollten keine plumpen Klischees bedient, sondern die ganze Bandbreite der Männlichkeit erforscht werden. Und das an allen möglichen Orten: Beispielsweise in der Kaserne und der Kirche, im Gefängnis und im Ballettsaal, beim Zocken und Pornokonsum vor dem Computer, in der Sportarena und der Schwulenszene.

Der Aufwand für Möller und seine Studenten ist mit dem einer Hausarbeit nicht zu vergleichen. Dreistündige Treffen jeden Freitag, ein- bis zweistündige Interviews, Auswertungen der Sprachaufnahmen, Layoutarbeit, Korrekturen – die Stundenanzahl ist unmöglich zu berechnen. Dafür bekamen die Teilnehmer am Ende alle die Bestnote 1,0.

Die Vermarktung geht weit über das Studium hinaus, Lesungen sind geplant, Buchvorstellungen in Schulen zu organisieren ist eine weitere Idee. Aus dem anfänglich geplanten Heft ist ein dickes Buch geworden, das es im regulären Buchhandel zu erwerben gibt. Hochwertige Bilder und eine ansprechende Gestaltung regen zum Lesen an.

Nancy Grosshans sagt, es sei sehr lehrreich und gut gewesen, mit Menschen und Meinungen in Berührung zu kommen, die man sonst nie kennengelernt hätte. An ihren künftigen Arbeitsplatz nimmt sie dieses Wissen, diese Erfahrungen mit – und wird sie bestimmt gerne weitergeben.

Weitere Informationen:

www.jugendkulturen.de