Foto: Katja und Peter Weiger

Zunftabend der Obernheimer Hexenzunft. Knapp fünfstündige Reise durch Jahrzehnte der Narretei. Mit Video

Obernheim - Was für ein Rückblick auf 50 Jahre Saalfasnet: Die Obernheimer Hexenzunft hat am Samstag ihrem Zunftabend zum 50. Geburtstag gratuliert – furios, fröhlich, bunt und kurzweilig.

Es war ein Abend, wie ihn sich der geneigte Fasnetsfan wünscht: mit feinsinnigem politischem Humor, mitreißender Livemusik, Verbalakrobatik, Lokalkolorit und Tanz. Die Akteure der Hexenzunft nahmen ihre Gäste mit auf eine knapp fünfstündige Reise durch die Jahrzehnte der Narretei – eine Retrospektive der Sonderklasse mit nostalgischen Gewändern, alt bekannten Akteuren und einem gelungenen Griff in den reichen Fundus der Hexenzunft.

Zur Ehrenhexe gesotten wurde an diesem besonderen Abend mit Günther Moser, dem einstigen Zunftmeister, ein Mann, der sich viele Verdienste um die Obernheimer Fasnet erworben hat. Der "Kalorienzähler aus Leidenschaft" musste dafür aber viel erdulden: Die Hexen klauten ihm sogar die Schnürsenkel.

Doch der politischen Prominenz im voll besetzten Saal ging es nicht viel besser: Nicole Hoffmeister-Kraut ist schließlich nicht nur baden-württembergische Landesministerin für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau, sondern vor allem auch Obernheimer Ehrenhexe. Als "Commander" der "Air Oberhan" machte sie einen brillanten Job, tatkräftig unterstützt vom heimischen Rathauschef Josef Ungermann, seinem Meßstetter Kollegen Frank Schroft sowie Anton Reger, dem Ersten Bürgermeister der Stadt Albstadt.

Conférencier Frank Oehrle erinnerte "Funker Schroft" indes spontan daran, dass nicht etwa Heinstetten der höchste Ort der Alb sei: "Wenn i in Oberna in da Keller gang zum Bierhola, be i dort sogar höher." Oehrle überbrückte Kulissenwechsel und Umbaupausen geschickt mit kleinen Anekdoten und Bonmots. Beispielsweise erfuhr das feixende Publikum endlich, wie VfB-Stürmer Mario Gomez und SPD-Chef Martin Schulz an der Schweizer Grenze problemlos identifiziert werden können.

Lokalkolorit brachte der traditionelle Hexensabbat, der den Obernheimern bewährt-aufmerksam den Spiegel vorhielt. In diesem Jahr ging es um Kopfsalat fressende Riesen-Untiere, um eingewachsene Familienkutschen, digitale Schnitzeljagd-Abenteuer und verhinderte Vesperholer – sehr zur Freude der närrischen Gäste, die mit leiser Schadenfreude Tränen lachten.

Höfisches Flair aus dem Jahr 1988 zauberten die "Schinkenplattler" auf die Bühne – den Märchenprinzen und viel Glitzer inklusive. Mit roten Backen und frischer Kittelschürze punktete dafür Putzfrau Berta alias Martin Wäschle. Berta will Obernheimer Bürgermeisterin werden – jetzt wo sie gelernt hat, dass acht in der Ecke stehende AfD-ler einen "rechten Winkel" ergeben und man "Steffi" auch gern mal mit "Doppel-Ä" in der Mitte schreiben darf.

Berta ist das, was heutzutage so oft als "Stand-up-Comedian" bezeichnet wird. Sie stürzt sich ohne Konzept ins Publikum, plaudert aus dem Stegreif mit den Leuten – grad so, wie ihr der Schnabel gewachsen ist: ein großartiges Vergnügen für alle und absolut fernsehreif. Handgemachte Musik fehlte ebensowenig: Hans Wäschle hatte seine Gitarre mitgebracht und erzählte als "Durstiger Hutsimpel" von Blechschäden und misslungenen, namensbedingten Flirtversuchen.

Achim Schätzle, der Blumenmann, schwärmte freimütig von Gladiolen, Löwenmäulchen und Anemonen, begleitet von Achim Wäschle. Zudem verliehen die "Lustigen 13 Plus" dem Programm sprichwörtlich die passende Note. Das Hofballett reiste ebenfalls auf den Spuren der Nostalgie – mit dem "Radetzkymarsch" und dem Abba-Hit "Waterloo" im Marsch- sowie mit dem "König der Löwen" im Showtanz. Diese Darbietung war ein Fest für Auge und Ohr. Sie bestach mit einer präzisen Choreografie, opulenten Kulissen und mühevoll gefertigten Gewändern – Hakuna Matata! Bei der Hexenzunft steigt am Samstag, 10. Februar, um 19.30 Uhr der zweite Obernheimer Zunftabend in der Festhalle – mit einem komplett anderen Programm.