Schantlesonntag- und Schmotzigengruppen plaudern aus dem Nähkästchen. Foto: Danner

Schantlesonntag- und Schmotzigengruppen plaudern aus dem Nähkästchen.

Oberndorf - "Also eins ist klar – vom aktuellen Programm erzählen wir natürlich nichts", sagt Michael Wilhelmi grinsend. Hätten wir auch gar nicht erwartet. Wir sind schon ganz stolz darauf, überhaupt einmal hinter die Kulissen der Schantlesonntag- und Schmotzigengruppen blicken zu dürfen. Denn was nachher dem Publikum so locker-flockig dargeboten wird, bedarf einer Menge Vorbereitung. Schließlich muss jede Pointe sitzen.

Seit vielen Jahren dabei

Gemeinsam mit Andreas Dietz hat Wilhelmi die Schantlegruppe ins Leben gerufen. Sie existiert mittlerweile seit 14 Jahren – in wechselnden Formationen. Wer unter den Masken steckt, wird natürlich nicht verraten. Mit am Tisch sitzen auch die Mitglieder der OSG (Oberndorfer Spaßgesellschaft). Seit zwölf Jahren ziehen sie am Schmotzigen durch die Lokale und sagen den Gästen auf. Mit dabei sind derzeit Mastermind Sabine Frick, ihr Mann Markus, Michael Mühlhauer, Fahrer Kevin Klein (zuverlässige Fahrer sind ganz wichtig) und natürlich Michael Wilhelmi.

"D’Leit lachet gern", weiß Wilhelmi. Und am liebsten ist es den Protagonisten, wenn die Gäste über die Gruppe und nicht über die anderen Besucher lachen. Getreu dem Narrenwahlspruch "Jedem zur Freud und niemand zu Leid" überlegen sie sich schon recht genau, welcher Witz vielleicht dann doch unter die Gürtelinie zielt und lassen ihn im Zweifelsfall lieber weg.

"Wir wollen immer vor Weihnachten anfangen, aber meist wird es doch Januar", sagt Sabine Frick schmunzelnd. Dann wird aber mit Vollgas losgelegt. Natürlich sammeln die Gruppenmitglieder das ganze Jahr über Ideen. Manche speichern sie in der hinteren Ecke ihres Gedächtnisses ab. Bei Michael Wilhelmi kommen sie auf einen Zettel und in einen Karton.

Überhaupt ist der überzeugte Narr perfekt organisiert. In zwei dicken Ordnern hat er jede Menge Material über die einzelnen Auftritte der zwei Gruppen abgelegt. Wer weiß – womöglich gibt es mal ein Best-of-Programm, wenn das Vierteljahrhundert voll ist.

Globale Themen werden da heruntergebrochen. Alle reden erstmal kreuz und quer durcheinander – Brainstorming heißt das auf Neudeutsch. Dann kristallisieren sich die Themen langsam heraus. So wird aus der NSA die Neckar-Schantle-Abteilung. "Was Amerika für die ganze Welt ist, das sind wir für Oberndorf." Und die Narren gehen mit der Zeit, haben auch mal ’ne Schantle-App im Angebot. "Sei koi Depp, hol dir vom Schantle die App".

Die OSG bezieht gerne das Publikum mit ein – lässt es mal Skifahren, mal ins fiktive Raftingboot steigen und die Oberndorfer Teichlandschaft hintersausen.

Zwar gibt es für die Auftritte einen Text. Am Abend aber wird flexibel reagiert. "Man kann eigentlich sagen: sieben Wirtschaften – sieben verschieden Auftritte", bringt es Markus Frick auf den Punkt.

Und wer in den Genuss einer Aufführung der Schantlegruppe kommt, geht zumeist nicht leer nach Hause. Da gibt es Buttons oder Autoaufkleber. Und sogar eine eigene Zeitung hatten die Narren schon im Gepäck. Die wurde verkauft. Der Erlös solcher Aktionen kommt übrigens immer sozialen Zwecken zugute. Mal geht das Geld an einen Verein, mal an die Kirche, um das Dach abzudichten. Michael Wilhelmi ist deshalb auch stets auf der Suche nach Sponsoren für die närrischen Beigaben. Unter WilhelmiMichael@gmx.de können sich Interessenten melden.

Auch wenn die Gruppen niemanden beleidigen wollen, treiben sie es manchmal doch recht bunt. Und richtig gut einstecken, da sind sich alle einig, können die Elferräte. Als die Freunde der Fasnet zum 100-jährigen Bestehen der Narrenzunft an die 1000 Postkarten ans Publikum verteilten, auf denen die Menschen offiziell gratulieren konnten, quoll bei Zunftpräsident Ebse der Briefkasten wochenlang über. Er hat’s mit Fassung getragen.

Zum Schluss des Gesprächs werden die Fünf ganz ernst. Es hat sie doch sehr getroffen, als es im vergangenen Jahr Beschwerden darüber gab, dass sie in manchen Lokalen gar nicht oder erst sehr spät auftraten. "Aber überall bereits bis 21 Uhr gewesen zu sein, ist schlicht unmöglich", betont Sabine Frick. "Das schaffen wir gar nicht". Und sie nehmen sich die Narrenfreiheit heraus, eine Wirtschaft nicht zu beehren, wenn es dort zu wenige Gäste gibt, oder ihnen im Vorjahr keiner so richtig zugehört hat. "Schließlich soll das Ganze ja auch uns Spaß machen", bekräftigt Michael Wilhelmi.