Das Oberndorfer Amtsgericht hat das Verfahren gegen einen 45-jährigen Mann eingestellt, der im Jahr 2015 in Vöhringen Unfallflucht begangen hatte. Foto: Deck

Vorfall vom September 2015 in Vöhringen landet vor Amtsgericht. Zeit spielt für den 45-jährigen Angeklagten.

Oberndorf - Eine überraschende Verteidigungstaktik, die sich letztlich nicht als zielführend erwies, hatte ein 45-jähriger Oberndorfer vor dem Amtsgericht. Letztlich überführte er sich sozusagen selbst.

Ob es eine zu schnittige Fahrweise war oder der Angeklagte unter Alkoholeinfluss stand – fest steht, dass er des Nachts im September 2015 ein Gebäude in Vöhringen rammte und daran 30.000 Euro Schaden verursachte, ehe er sich zu Fuß aus dem Staub machte.

Beim ersten Gerichtstermin war ein Gutachten angeordnet worden. Die Untersuchung von DNA-Spuren auf den Airbags des Luxusklassewagens sollte Aufschluss darüber geben, ob der Angeklagte tatsächlich der Fahrer des Unfallwagens war.

Der 45-jährige Angeklagte hatte unter anderem angegeben, eine retrograde Amnesie zu haben. Vor Gericht beschloss er mit seinem Anwalt, keine Angaben zu machen. Amtsgerichtsdirektor Wolfgang Heuer nahm diese Entscheidung sehr erstaunt wahr. "Ich frage mich, welchen Sinn das Schweigen macht", sagte er.

Schließlich gebe es eine Schadensmeldung, bei der der Angeklagte angegeben habe, gefahren zu sein. Wenn er also unschuldig im Fall sei, dann liege wohl ein Fall von Versicherungsbetrug vor. Das schien der Angeklagte nicht bedacht zu haben, ebenso wenig sein Anwalt. Sie zogen sich zur Beratung zurück.

Da der Fall in eine Übergangszeit beim Amtsgericht fiel, habe er sich lange verzögert, meinte Heuer, der den Fall im Oktober 2017 übernommen hat. Eine Entziehung der Fahrerlaubnis sei daher nicht mehr angemessen. "Führerscheinrechtliche Faktoren kommen aufgrund der Zeitfrage nicht mehr in Frage", so Heuer. Im Gegenzug erwarte er aber, dass der Angeklagte eine Aussage mache. "Die Beweissituation hat sich deutlich verschlechtert", meinte Heuer.

Bei einer derartig erdrückenden Beweislage sei eine Aussage wichtig. "Ein strafmildernder Einfluss kommt nicht zum Gelten, wenn es kein Geständnis gibt", sagte der Amtsgerichtsdirektor klar.

Letztlich sah der Angeklagte es wohl ein und gab zu, den Unfall verursacht und die Unfallstelle verlassen zu haben. Sein Verteidiger, Rechtsanwalt Andreas Schuster, beantragte die Einstellung des Verfahrens.

Schließlich stimmte Heuer mit der Auflage einer Zahlung von 3500 Euro an gemeinnützige Organisationen zu. Mit "viel Bauchweh" gab auch die Staatsanwältin ihre Zustimmung.

"Die Zeit hat für Sie gespielt, damit sind Sie mehr als gut weggekommen", sagte Heuer abschließend zum Angeklagten und räumte den Fauxpas des Amtsgerichts ein.