Mehr wurde nicht verkauft. Warum, ist offen. Die Geschäftszahlen waren damals schon mau - eine große Menge an Aktien wäre man vermutlich nicht losgeworden zu einem hohen Preis. Doch immerhin der Mini-Anteil war im freien Handel - Pazifisten griffen zu und kauften Aktien als Eintrittskarten für die Hauptversammlung.
Unter ihnen ist Jürgen Grässlin, einer der schärfsten Gegner von Heckler & Koch. Er verortet das Unternehmen in einem kriminellen "Netzwerk des Todes", so der Titel eines von ihm mitverfassten Buchs. Grässlin empört sich etwa über illegale Waffenexporte des schwäbischen Unternehmens in mexikanische Unruheprovinzen im vergangenen Jahrzehnt - dort hätten die Gewehre nie sein dürfen. Seit Mai läuft vor dem Stuttgarter Landgericht ein Strafprozess gegen Ex-Mitarbeiter von H&K, die Firma ist mitangeklagt. Ein Urteil soll im Herbst gefällt werden. Zum laufenden Verfahren will sich die Waffenschmiede derzeit nicht äußern.
Eine juristische Baustelle immerhin konnte H&K schließen: Der US-Rüstungskonzern Orbital ATK hatte H&K auf 27 Millionen Dollar (23 Mio Euro) Schadenersatz wegen Nichtlieferung von Bauteilen für ein Granatgewehr verklagt. Der Streit wurde mit einem Vergleich beigelegt, H&K muss nun 7,5 Millionen Dollar zahlen.
Branchenkritiker Grässlin hat einige Gegenanträge in die Hauptversammlung eingebracht, etwa auf Nichtentlastung der Führungsriege. Als Grund nennt er nicht nur Waffenausfuhren ins Ausland, sondern auch eine "desaströse" Finanzpolitik. Tatsächlich stufte die Rating-Agentur Moody's Heckler & Koch zuletzt auf Ramschniveau ein.
Im ersten Halbjahr verbuchte die Waffenschmiede einen Verlust von 2,3 Millionen Euro, nach einem 1,1 Millionen Euro Gewinn im Vorjahreszeitraum. Die Umsätze stiegen zwar um 14 Prozent auf 109,5 Millionen Euro, zugleich schnellten aber die Kosten hoch. Der neue Chef will nun Produktionsabläufe verbessern und Kosten drücken.
Jens Bodo Koch - die Namensgleichheit zu Firmengründer Theodor Koch ist zufällig - dürfte am Rednerpult äußerst vorsichtig auftreten und dabei im Kopf haben, was die Aktionärstagung 2017 seinem Vorgänger brachte. Norbert Scheuch zeigte sich vor einem Jahr bemerkenswert offen für die Kritik von Pazifisten. Er versprach, die Forderung nach einem Opferfonds, also Geld an Opfer von Menschenrechtsverletzungen mit H&K-Waffen, immerhin prüfen zu wollen. Dem Vernehmen nach hat das Unternehmen so ein Vorhaben inzwischen aber abgehakt.
Scheuch hatte zuvor eine Strategie durchgesetzt, die Waffenlieferungen nur an nichtkorrupte gefestigte Demokratien vorsah. Wichtige Märkte wie die Türkei fielen dadurch weg - intern wurde dieser Kurs durchaus kritisch gesehen. Nach der Hauptversammlung 2017 stellte sich Scheu überraschend der Presse - für einen H&K-Manager unüblich. Zwei Wochen später wurde er Knall auf Fall vor die Tür gesetzt - die Gründe sind bis heute unklar. Ein ähnliches Schicksal dürfte sein Nachfolger um jeden Preis vermeiden wollen.
Kommentare
Artikel kommentieren
Bitte beachten Sie: Die Kommentarfunktion unter einem Artikel wird automatisch nach sieben Tagen geschlossen.