Oberndorf - Eine Einladung der AfD zu einem Stammtisch hat den Wirt des Lokals "Delle Rose" auf dem Lindenhof in Bedrängnis gebracht. Stammgäste hatten sich bei ihm darüber beklagt, dass er dafür sein Lokal hergebe. Schließlich lud er die Partei kurzfristig wieder aus.

Ein gefundenes Fressen für den AfD-Landtagsabgeordneten und Sprecher des AfD-Kreisverbands Rottweil-Tuttlingen, Emil Sänze. In einer Pressemitteilung schreibt er von "weiterem Gesinnungsterror gegen die AfD". "Ich möchte für meine Gäste doch nur gut kochen und ein guter Gastgeber sein," sagt Patron Mani Gashi im Gespräch mit unserer Zeitung. Die Reservierung in seinem Lokal für den Stammtisch sei schon vor Monaten erfolgt. Er habe gar nicht gewusst, wer da komme.

Nachdem der AfD-Stammtisch in den Mitteilungsblättern und in der Tagespresse veröffentlich worden war, meldeten sich Stammgäste beim Wirt und taten ihren Unmut kund. Darunter auch ein SPD-Mitglied. Er habe, so erklärt der Sozialdemokrat auf Anfrage des Schwarzwälder Boten, den Gastwirt lediglich darüber aufgeklärt, was die AfD sei und für welche politischen Werte sie stehe. Mit mehr oder minder eindeutigen Drohanrufen sei der Gastwirt dazu genötigt worden, seiner Partei das "Gastrecht zu entziehen", interpretiert Emil Sänze die Lage.

Die Aktivitäten, die zur Absage der Veranstaltung geführt hätten, stellten eine "eklatante Missachtung des Demokratieprinzips" dar. Es sei zu einer "schwerwiegenden Verletzung der demokratischen Selbstbestimmung und auch eines Eingriffs in die wirtschaftlichen Interessen eines Gastwirts, dem offen mit Boykott gedroht wird" gekommen. Zudem warnt er allgemein vor der "Gefahr eines Abdriftens in einen linken Gesinnungsstaat".

Kontra: Das Demokratieverständnis das man vom politischen Gegner einfordert, sollte man diesem auch entgegenbringen. Selbst, ja gerade dann, wenn er AfD heißt. Die Einladung zum Stammtisch war offen. Jeder hätte die Gelegenheit gehabt, ihn zu besuchen und sich mit den AfD-Vertretern direkt auseinanderzusetzen. Nicht selten diskreditieren sich deren Partei-Mitglieder ohnehin selbst. Erst am Dienstag hatte Fraktionschefin Alice Weidel in einer Rede im Bundestag von "Kopftuchmädchen und alimentierte Messermänner und sonstige Taugenichtse" gesprochen. Dafür gab es vom Bundestagspräsidenten Wolfgang Schäuble zu Recht eine Rüge und vom Unionsfraktionschef Volker Kauder die klare Ansage, das entspreche dem Gegenteil des christlichen Menschenbilds, das die AfD so gerne ins Feld führe. Warum sich also auf das selbe Niveau begeben und der AfD damit die Opferolle zugestehen, in der sie sich so gerne sieht. Das ist kontraproduktiv.

Während Emil Sänze und seine Mitstreiter am Mittwochabend vorm Lokal warten und jene über die Absage informieren, die sich schon auf den Weg zum Stammtisch gemacht hatten, steht drinnen Mani Gashi in der Küche am Herd. Schließlich hat er Gäste, die er versorgen will.

Das Ganze nimmt ihn sichtlich mit. Er sei völlig unpolitisch, sagt er. Vielmehr ist er stolz darauf, dass er sich für sein "Delle Rose" inzwischen einen gewissen Ruf erkocht hat. Dass er jetzt hier so zwischen die Fronten geraten ist, bedauert er sehr.

Die AfD will bei den Kommunalwahlen im kommenden Jahr in Rottweil, Sulz, Oberndorf, Schramberg und auch auf Kreisebene mit eigenen Listen antreten. Das hatte Emil Sänze bereits im März angekündigt (wir berichteten). Aus diesem Grund sollte nun auch in Oberndorf ein Stammtisch stattfinden, bestätigt er jetzt im Gespräch mit unserer Zeitung.

Wenn es nicht möglich sei, ihn in einem Lokal abzuhalten, werde man eben eine Halle oder dergleichen anmieten. In seiner Pressemitteilung kündigte er Gegenmaßnahmen im Hinblick auf die Vereitelung der Veranstaltung an. Wie diese Gegenmaßnahmen aussehen, ließ er offen.

Seite 2: Pro und Kontra

Ist es sinnvoll, den Wirt zur Absage des AfD-Stammtischs zu drängen?

Nachdem bekannt wurde, dass die Partei zu einem Stammtisch in ein Lokal auf dem Lindenhof einlädt, wurde der Wirt vom Stammgästen angerufen, die das gar nicht gut fanden.

Pro: Streichen wir "sinnvoll" und "drängen": Ja, unbedingt. Offenheit ist wichtig. Wenn ich in meinem Stammlokal mit Leuten konfrontiert werde, die ich nicht unbedingt sehen will, kann ich das dem Wirt meines Vertrauens auch kundtun. Er vertraut mir ja auch. Vielleicht ist er ja dankbar für ein bisschen Einordnungshilfe. Muss ja nicht die AfD betreffen. Wenn’s politisch wird, ist so eine Einordnungshilfe Pflicht. Entscheiden, wen er in sein Lokal lässt, kann er dann immer noch selbst. Nur sich beschweren, dass man ihn hätte vorher ins Bild setzen können, nicht mehr. Es ist also nicht nur sinnvoll, sondern wichtig. Zu eröffnen, welche Folgen es haben kann, wenn bestimmte Gruppen zu Gast sind, ist ein Ausdruck von Offenheit, nicht von "Drängen". Das gilt eben auch für die Präsenz der AfD. Wenn sich so eine Gruppe dann als Opfer inszeniert – was soll’s? Auch da gilt Offenheit. Diese "Opfer"-Zuschreibung ist, objektiv betrachtet, einfach falsch.

Zur Person: Bodo Schnekenburger ist Freier Journalist

Kontra: Das Demokratieverständnis das man vom politischen Gegner einfordert, sollte man diesem auch entgegenbringen. Selbst, ja gerade dann, wenn er AfD heißt. Die Einladung zum Stammtisch war offen. Jeder hätte die Gelegenheit gehabt, ihn zu besuchen und sich mit den AfD-Vertretern direkt auseinanderzusetzen. Nicht selten diskreditieren sich deren Partei-Mitglieder ohnehin selbst. Erst am Dienstag hatte Fraktionschefin Alice Weidel in einer Rede im Bundestag von "Kopftuchmädchen und alimentierte Messermänner und sonstige Taugenichtse" gesprochen. Dafür gab es vom Bundestagspräsidenten Wolfgang Schäuble zu Recht eine Rüge und vom Unionsfraktionschef Volker Kauder die klare Ansage, das entspreche dem Gegenteil des christlichen Menschenbilds, das die AfD so gerne ins Feld führe. Warum sich also auf das selbe Niveau begeben und der AfD damit die Opferolle zugestehen, in der sie sich so gerne sieht. Das ist kontraproduktiv.

Zur Person: Marcella Danner ist Redakteurin in der Redaktion Oberndorf