Oberndorf - Mehrheitlich entschied sich der Oberndorfer Gemeinderat am Dienstag für Lothar Kopf als Beigeordneten. Das Interesse der Bürger an der Vorstellung der Kandidaten war groß, der Zuhörerbereich sehr gut gefüllt.

Die Sitzung begann pünktlich um 17 Uhr, 52 Minuten später war alles vorbei: Kandidatenvorstellung, Abstimmung, Auszählung, Gratulation, Verabschiedung des Unterlegenen.

20 Minuten hatte jeder der zwei Kandidaten Zeit, sich vorzustellen. Die Reihenfolge richtete sich nach dem Eingang der Bewerbungen, so dass Lothar Kopf begann. Der 62-Jährige, seit Anfang der 1980er-Jahre Kämmerer in Dunningen, wirkte von Anfang an eloquent, sicher, zeigte auf, wo er in Oberndorf Handlungsbedarf sieht. "Mehr denn je sind heute Macher und Lenker in der Finanzpolitik gefordert." Dass er zweifelsohne zu dieser Gattung gehört, zeigt nicht nur sein Werdegang, sondern auch seine Analyse des Haushaltsplans 2016 der Stadt Oberndorf. Bei der Fülle von Investitionen sei es auch Aufgabe des "Hüters der Finanzen" sein Veto einzulegen, wenn die Nachhaltigkeit der finanziellen Solidität nicht mehr gewährleistet sei. "Das habe ich bisher getan und würde dies auch in Oberndorf tun." Für eine positive Weiterentwicklung der heimischen Wirtschaft seien Bestandspflege ("ein Beigeordneter muss Ansprechpartner für alle Unternehmer, Mittelständler und Handwerker sein"), Neuansiedlung ("interkommunale Zusammenarbeit bei der Gewerbeflächenentwicklung ist unbedingt erforderlich") und die Entwicklung der Kernstadt/Oberstadt notwendig ("wir brauchen ein Vermarktungskonzept und eine Werbekampagne"). Projekte der Oberndorfer Wohnungsbau GmbH (OWO) ließen sich nur realisieren, wenn die Stadt als Hauptgesellschafter das Eigenkapital innerhalb der nächsten fünf Jahre um eine Million aufstocke. Und in Richtung angespannte Stimmung unter den städtischen Mitarbeitern könnte man seinen Satz "Ich verstehe unter Mitarbeiterführung, die geleistete Arbeit wertzuschätzen" deuten.

Bewerber Nummer zwei

Der zweite Bewerber war Ralf Heinzelmann, der Wirtschaftsbeauftragte der Stadt Freudenstadt. Der 45-Jährige legte strukturiert dar, wie er arbeitet, machte klar, dass er viel von neuen Wegen beispielsweise bei der Baulandentwicklung hält. Um die Zukunft zu gestalten, brauche es "neue Werkzeuge und Techniken". Im Bereich Wirtschaftsförderung verwies der zweifache Familienvater, der bei einer Bürgermeisterwahl im Badischen nur knapp dem Amtsinhaber unterlag, auf Erfolge, die er bereits für Freudenstadt verbuchen konnte.

Er ging auch auf das Sanierungsprogramm in der Talstadt ein ("behalten Sie bei alldem aber die Vermarktung dessen, was sie da schaffen, im Auge"), sprach das Förderwesen an ("hier bin ich gut vernetzt") und die interkommunale Zusammenarbeit ("fängt bei Bauhofleistungen an"). Eine Analyse der Nachfrage nach Miet- und Eigentumswohnungen hält er für notwendig, die kommunalen Finanzen seien ein Steckenpferd während seines Studiums gewesen. Heinzelmann schloss: "Wenn Sie sich in der Lage sehen, jemanden wie mich, mit all den neuen Denk- und Sichtweisen aushalten zu können, wenn Sie Mut zu Veränderungen haben, dann würde ich mich freuen, wenn Sie mir Ihr Vertrauen schenken würden". Sieben Stadträte brachten diesen Mut auf.

Lothar Kopf wird seinen Dienst in Oberndorf aller Voraussicht nach bereits zum 1. Juni antreten. Sein Büro befindet sich im Zimmer 203, er teilt sich ein gemeinsames Vorzimmer mit Gregor Sieber (Amtsleiter Steuern und Liegenschaften). Am Ratstisch wird sein Platz künftig rechts neben Bürgermeister Hermann Acker sein. Dort saß bislang Rainer Weber, er rückt einen Stuhl weiter.

Kommentar: Klare Sache

Nun also doch. Was die Spatzen schon im vergangenen Sommer von den Dächern pfiffen, ist eingetreten: Der Gemeinderat hat sich für Lothar Kopf als Beigeordneten entschieden, den ersten in der Oberndorfer Geschichte. Er bekam 16 der 23 Stimmen. Der Kämmerer von Dunningen galt von Anfang an als geheimer Wunschkandidat besonders von Bürgermeister Hermann Acker. Aussagen seitens der Stadtverwaltung und dem Gemeinderat wie "wir werden sehen", "noch ist nichts entschieden", "warten wir die Bewerbungen ab" fühlen sich jetzt wie Taktik und politisches Kalkül an. Hinhalte-Parolen in einem Spiel, das von vorn herein entschieden gewesen ist. So jedenfalls scheint es. Auch wenn Personaldinge pfleglich behandelt werden müssen, wäre eine gewisse Klarheit und Positionierung im Vorfeld wünschenswert gewesen. Es würde nun auch den Start für Lothar Kopf um einiges leichter machen. Keine Frage, der Wahl-Bochinger steht mit seiner fachlichen Kompetenz und seiner Persönlichkeit der Stadt gut zu Gesicht. Doch haftet seiner Wahl nun der Geruch von "Vetternwirtschaft" an. Es wird mehr als ein laues Sommer-Lüftchen brauchen, damit sich dieser wieder aus der Stadt verzieht.