Peter Beiter (links) und Lothar Konrad sehen sich selbst und die Vereinsmitglieder nicht nur als Angler, sondern auch als Naturschützer. An dieser Stelle am Neckar haben sie Weiden neu gesteckt, damit sie für Fische und Insekten als Sonnenschutz dienen können. Foto: Cools Foto: Schwarzwälder Bote

Namensänderung: Von Sportanglern zum Angel- und Naturschutzverein / Bewusstseinswandel deutlich

Mit einem Kasten Bier am Fluss sitzen und warten, bis ein Fisch anbeißt – so war es bei den Anglern früher vielleicht einmal. Mittlerweile machen die Engagierten des ehemaligen Sportanglervereins Oberndorf so viel mehr. Deshalb musste dringend eine Namensänderung her.

Oberndorf. Am 19. Mai wurde aus dem Sportanglerverein Oberndorf der Angel- und Naturschutzverein Oberer Neckar. "Der alte Name ist einfach nicht mehr zeitgemäß", erklärt der Vorsitzende Peter Beiter. "Wir sind inzwischen viel mehr als ›nur‹ Angler, wir sind Naturschützer", ergänzt sein Stellvertreter und Gewässerwart Lothar Konrad.

Man dürfe das nicht falsch verstehen. Angeln sei eine Passion, selbst einen Fisch zu fangen und diesen zu verspeisen, ein ganz besonderes Gefühl, sagt Konrad schwärmerisch. Aber der Begriff Sportangler beschreibe die Vereinsaktivitäten nicht mehr richtig. Das Angeln mache mittlerweile weniger als ein Drittel der Aufgaben aus. "Sportangler" passe lediglich zur so genannten Castinggruppe des Vereins. Bei dieser geht es um das Ziel- beziehungsweise Weitwerfen von Ködern. Für den Umgang mit den Kreaturen, die man fange, um sie zu verzehren, sei "Sport" jedoch der falsche Ausdruck.

Biber macht Probleme

Der Vereinssitz bleibt in Oberndorf, jedoch müsse man über die Grenzen des Stadtgebiets hinausdenken, findet Beiter. Die Zeit der Vereinsmeierei im Kleinen sei vorbei. Man müsse in die Zukunft schauen.

Die Oberndorfer Angler betreuen auch Gewässer von Talhausen bis Aistaig sowie in Sulz und Dornhan, in denen vor allem Forellen und Äschen leben. Und da gibt es einiges zu tun.

Zu den größten Aufgaben zählen die Naturverlaichung und der Gewässerschutz. "Wir stellen sicher, dass bei Hochwasserschutzmaßnahmen so wenig wie möglich kaputt gemacht wird", sagt Konrad.

Der Hochwasserschutz ist auch der Grund, warum der Verein kein stationäres Heim am Neckar haben darf, sondern auf einen Bauwagen zurückgreifen muss. Deshalb suchen die Angler ein Gebäude in der Umgebung zur Pacht oder zum Kauf.

Um die Beschattung der Gewässer zu verbessern und so die Fische zu schützen, steckt der Verein immer wieder abgebrochene Äste von Weiden neu, so dass frische Triebe entstehen können. "Die heimischen Insekten und Fische sind auf Kälte gepolt. Wenn es zu warm wird, sterben sie ab", erklärt Peter Beiter.

Doch an Bäumen entlang des Ufers fehlt es nicht nur wegen menschengemachter Veränderungen, wie Baumaßnahmen, sondern auch aufgrund des Eschensterbens, von denen es viele Exemplare am Neckar gab.

Probleme mache auch immer wieder "unser besonderer Freund mit dem breiten Schwanz", der Biber. Mittlerweile haben die Angler sogar die Bäume, die einige Meter entfernt vom Flussufer auf dem Vereinsgelände stehen, mit Draht gegen die Nager geschützt.

Wegen dieser Problematik sei man auch regelmäßig mit der Biberbeauftragten des Landkreises in Kontakt, sagt Lothar Konrad. Wenn man die Bäume mit Schutzmittel anstreiche, so habe man zumindest für eine gewisse Zeit Ruhe vor den Tieren.

Gleichgewicht herstellen

Erfreulich ist, dass die "Besatzpolitik" des Angel- und Naturschutzvereins Erfolge zeigt. Früher habe man fangreife Fische ins Wasser gesetzt, heute werden die Gewässer mit befruchteten Forelleneiern oder Brut besetzt, um für eine ausgewogene Fischpopulation zu sorgen. Denn Forelle und Äsche finden nur noch selten geeignete Laichmöglichkeiten.

Eine weitere Aufgabe des Vereins ist, Barrieren für die Fische zu entfernen. Diese sollten aus Gründen der Genetik möglichst da aufwachsen, wo sie ausgebrütet wurden.

In Talhausen werde nun ein Fischpass gebaut – "die zweitbeste Lösung", meint Konrad. Die beste sei, wenn es überhaupt kein Wehr gäbe.

Stark involviert waren die Angler und Naturschützer, nachdem es in Hochmössingen zu einem großen Fischsterben gekommen war. Die Ursache war Faulschlamm, der mehr als 40 Jahre lang nicht mehr ausgebaggert worden war.

Die Engagierten des Vereins hatten die Fische gerettet und in andere Gewässer gesetzt, bis sie wieder in ihr "Heimgewässer" zurückkehren konnten. Allein dafür waren um die 300 Arbeitsstunden angefallen. Es zeigt, wie rührig der Verein ist.

Im Bereich der Flora machen zahlreiche Neophyten, "Pflanzen mit Migrationshintergrund sozusagen", den Anglern Probleme, erklärt Konrad. Besonders gefährlich: der Riesenbärenklau, dessen Saft bei Menschen zeitlich verzögert zum Kontakt Verbrennungen dritten Grades hervorrufen kann. Die Angler arbeiten an der Beseitigung, doch jedes Exemplar kann bis zu viermal nachwachsen.

Im Großen und Ganzen versuchen die Angler, das in Ordnung zu bringen, was durch äußere Einflüsse zur Gefahr für die Flora und Fauna der Gewässer wird. Sie wollen das Gleichgewicht in der Natur wieder herstellen.

Eben dieser Bewusstseinswandel, der ja auch in der Bevölkerung spürbar sei, sollte sich auch im neuen Namen widerspiegeln, erklärt Beiter. Dieser war bei der Hauptversammlung Ende März mit einer Dreiviertel-Mehrheit von den Vereinsmitgliedern abgesegnet worden.

"Wir wollen einfach dafür sorgen, dass auch unsere Enkel noch etwas von der schönen Natur haben", sagt Beiter. Und das wird nun auch durch den Namen klar.