100 Jahre nach dem Waffenstillstand hoben sie die Bedeutung der Städtepartnerschaft als eine Keimzelle für den Frieden hervor: die Bürgermeister von Oberndorf, Thierville und Verdun sowie Detlef Hagedorn vor den acht Porte-Drapeaux (Fahnenträgern) – ein symbolträchtiges Bild. Fotos: Holzer-Rohrer Foto: Schwarzwälder Bote

Volkstrauertag: Abordnungen erweisen den Gefallenen die Ehre / Gäste aus Thierville und Verdun

Die deutsch-französische Städtepartnerschaft zwischen Oberndorf und Thierville machte am Volkstrauertag deutlich, dass Frieden möglich ist, wenn die Freundschaft gepflegt wird und der Wille zur Versöhnung, zur Solidarität und zum Miteinander da ist.

Oberndorf. Die Feierstunde auf dem Oberndorfer Talfriedhof mit der Delegation aus Thierville war geprägt von ehrendem Gedenken, Erinnerung und Rückblick in die so leidvolle Geschichte. Mehr aber noch wurden die Ansprachen zu einem Appell gegen das Vergessen, zu einem leidenschaftlichen Aufruf, aus einer zerstörerischen Vergangenheit zu lernen, Prozesse und Entwicklungen fortzusetzen, die der Verständigung, dem respektvollen Umgang miteinander, und somit dem Frieden dienen.

Ein "schrecklicher Sieg"

Als Ehre und besonderes Zeichen stufte Hermann Acker die Anwesenheit von Samuel Hazard ein, dem Bürgermeister von Verdun, der Stadt, die zum Symbol für die grausamste Schlacht zwischen Deutschen und Franzosen wurde und schlicht für die Unmenschlichkeit des Krieges steht.

Detlef Hagedorn, der die Städtepartnerschaft unter anderem organisatorisch und sprachlich maßgeblich mitträgt, leitete in den feierlichen Akt ein. "Franzosen und Deutsche im ganzen Leid und Schrecken bis zur Unkenntlichkeit vereint" – dieses Bild griff Hagedorn auf, als Mahnung und Verpflichtung. Denn was für die einen eine bittere Niederlage war, sei für die anderen ein "schrecklicher Sieg" gewesen. So habe es schon der französische Staatsmann Georges Clemenceau formuliert.

Nun seien ehemalige Feinde zu Freunden geworden, hätten sich die Hand gereicht und so ermöglicht, dass die nachfolgenden Generationen in einer Welt des Friedens und der Freundschaft aufwachsen durften. Doch mehr denn je müsse man wieder wachsam sein, dieses Vermächtnis nicht auf das Spiel zu setzen und deshalb allen populistischen und nationalistischen Strömungen, den radikalen Bewegungen, jeglicher Art von Gewalt und Hass energisch entgegenzutreten.

"Der Geist dieses Tages der Freundschaft, an dem wir die Toten aller Kriege ehren, ist der Geist des Friedens und auch der Hoffnung für die Zukunft", so der Bürgermeister von Thierville. Claude Antion legte seinen Schwerpunkt auf die Europäische Gemeinschaft, ihre Stärke, ihren Platz in der Welt. Der europäische Gedanke befinde sich in einem stetigen Prozess, mache Fortschritte in der Praxis des täglichen Lebens.

Die Zukunft Europas aber könne man sich nicht außerhalb der deutsch-französischen Triebkraft vorstellen, denn die Anfänge seien begründet in der Aussöhnung beider Nationen, in dem Wunsch und dem konkreten Weg, ein vereintes Europa zu errichten.

Verdun als "Hölle"

Deshalb wolle man diese Gedenkfeier unter das Zeichen der deutsch-französischen Versöhnung und der Europäischen Gemeinschaft stellen, um ihr somit eine Dimension zu geben, ohne die so viele Opfer und so viel Mut nutzlos gewesen wären.

Samuel Hazard zeigte sich tief bewegt und zugleich auch stolz, in Oberndorf die Stadt repräsentieren zu dürfen, die immer beispielhaft für "die Hölle" stehen werde. Heute jedoch habe sich Verdun auch als Stadt des Friedens und der Menschenrechte ins Bewusstsein gebracht und sei zum Symbol für Versöhnung und die deutsch-französische Freundschaft geworden.

Er rief die politischen Machthaber Adenauer und DeGaulle, Kohl und Mitterand, Merkel und Hollande in Erinnerung, die sich die Hände reichten und so konsequent den Weg von der Versöhnung zur Freundschaft bahnten. Er dankte den Lehrern, die sich im deutsch-französischen Schüleraustausch engagieren und so daran arbeiten, dass Verständnis, Wertschätzung und gegenseitige Achtung das Miteinander prägen.

Fahnenträger aus Thierville, Verdun und Fleury, der Stadt, die während der Schlacht von Verdun dem Erdboden gleich gemacht wurde, waren mitgekommen, um den Gefallenen die Ehre zu erweisen. Die Stadtkapelle Oberndorf gab der Feier den würdevollen Rahmen, ebenso die Abordnung der Feuerwehr. Ein Schüler-Quartett der Verbundschule (Rahel Schädle, Rebecca Seitz, Annalena Fischer und Jan Scheiding) nahm die Bedeutung dieses Tages in einem Gedicht auf.