Auf der Deponie in Bochingen wird erst mal kein Stuttgart21-Material mehr abgeladen. Foto: Günzel

Bochinger wundern sich über hohen Berg. Anlieferung des Stuttgart 21-Materials endet nächste Woche.

Oberndorf-Bochingen - Viele Spekulationen kursieren aktuell über den Stuttgart 21-Materialberg, der hinter der Mülldeponie in Bochingen immer weiter in die Höhe zu ragen scheint. Ab kommender Woche ist damit Schluss: Dann werden erst einmal keine weiteren Lastwagen auf das Gelände rollen.

"Jeden Morgen, wenn ich auf die A 81 fahre, kommt mir der Berg größer vor." "Was passiert dort eigentlich, und wie hoch soll der Berg noch werden?" "Bekommen die Bochinger ein neues ›Matterhorn‹ vor die Haustür?" Viele Fragen erreichen unsere Zeitung gerade zu dem Bochinger Gipsbruch, den die Firma Ecosoil Süd mit Stuttgart  21-Material beliefert.

Was es damit auf sich hat, weiß Joachim Haaga, Prokurist der Firma Bantle. Er wundert sich jedoch über die vielen Anfragen: "Einmal im Jahr gibt es hier in Bochingen eine Bürgerwanderung mit dem Ortschaftsrat. Dieses Jahr fand diese im April mit ungefähr 70 bis 100 Teilnehmern statt. Da informieren wir die Bürger immer darüber, was wir machen."

Anlieferung für Stadt Oberndorf sehr lukrativ

Dennoch erkläre er gerne, was aktuell im Gipsbruch passiert: "Mit dem Stuttgart  21-Material, das wir bekommen, füllen wir die Löcher auf dem Gelände auf. Das war der Wunsch der Bochinger", erklärt Haaga. Beziehe man dieses Material nicht aus der Landeshauptstadt, würde es viele Jahre dauern, bis genug Material da wäre, um diese Löcher zu schließen. Außerdem sei es für die Stadt Oberndorf äußerst lukrativ, dieses anliefern zu lassen. "Die bekommen nämlich sehr viel Geld dafür, dass sie das Material abnehmen", erklärt Haaga. Immerhin müsse das ja aus Stuttgart weg, und hier könne man es gut gebrauchen.

Siehe auch: Kreis Rottweil - Kaum Schäden durch S21-Transporte

Nun wird sich der eine oder andere Bochinger fragen, warum das Material dann nicht direkt in die Löcher gefüllt wird, statt dieses auf viele große Berge aufzuhäufen. Schuld daran sind vier kleine Zauneidechsen, die naturschutzrechtlich geschützt sind. "Wir haben natürlich bestimmte Auflagen, die wir auch befolgen. Die vier Zauneidechsen leben hier und müssen von ganz alleine umziehen. Wir dürfen die Tiere also nicht von Experten umsiedeln lassen", erklärt Haaga.

Eidechsen müssen erst noch umziehen

Die Firma Bantle versuche, den Tieren den Umzug möglichst angenehm zu gestalten: Damit die Zauneidechsen einen Anreiz dafür bekommen, ihre aktuelle Heimat zu verlassen, hat die Firma viele kleine Häufchen aus Steinriegeln, Sandlinsen und Totholz angelegt – eine Umgebung, die die kleinen Echsen eigentlich lieben.

Im September will ein vom Regierungspräsidium Freiburg engagiertes Umweltbüro überprüfen, ob die Zauneidechsen in der Zwischenzeit umgezogen sind. Sobald das der Fall ist, werden die Löcher mit dem Stuttgart 21-Material aufgefüllt.

Letztes Material kommt vom Fildertunnel

Auf die Frage, wie hoch die Berge bis dahin denn noch werden sollen, sagt Bantle: "Nächste Woche kommen die letzten Lieferungen". Am Samstag sei der letzte Bohrtag am Fildertunnel, von wo das Material kommt. In der kommenden Woche werde dieses dann geliefert. Wie viele Lastwagen das seien, kann Haaga nicht beantworten.

Im Allgemeinen versuche man, die Anlieferung des Materials für die Bochinger "so angenehm wie möglich" zu gestalten: "Die Lastwagen fahren an der Ausfahrt Oberndorf von der A 81 runter und dann geradeaus über die Straße, an der Grüngutannahmestelle vorbei auf das Gelände. Raus fahren sie dann auf die K 5502, nachdem sie durch eine Waschanlage gefahren sind, die wir extra beim Gipsbruch aufgestellt haben", so Haaga. Die Wege im Gipsbruch werden außerdem drei bis vier Mal am Tag befeuchtet: "Da fährt immer ein Traktor durch, der Wasser ablässt, damit über Bochingen keine Staubwolke schwebt."

Es sei immer unterschiedlich, wie viele Lastwagen an einem Tag in den Bochinger Gipsbruch fahren. "Gestern waren es 118. Die Lastwagen kommen täglich von 6 bis spätestens 17 Uhr", so Haaga. Es seien auch deshalb so viele, weil man die Fahrzeuge natürlich auch nicht überladen wolle, erklärt der Prokurist weiter.

Der Gipsabbau auf dem Gelände sei bisher parallel zur Anlieferung des Stuttgart 21-Materials gelaufen. Aktuell müsse man diesen allerdings stoppen, weil auf dem Gips die Fahrwege für die Lastwagen angelegt seien, die das Material aus Stuttgart anliefern.

"Die brauchen wir gerade einfach noch, aber es ist nicht so, dass wir mit dem Gipsabbau nicht hinterherkommen würden, wie manche Bochinger sagen", erklärt Haaga. Bis Ende des Jahres soll auch dieser vollständig abgeschlossen sein.