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Ökumenischen Hospizgruppe lädt zur offenen Trauerandacht ein

"Trauer hat heilende Kraft" – so lautet das Thema der offenen Trauerandacht, die am Sonntag, 10. März, 16 Uhr, in der Krankenhauskapelle in Oberndorf stattfindet.

Oberndorf. Wer Trauer kennt, könnte erstaunt über das Thema sein. Denn Trauer ist schmerzhaft und kostet viel Kraft. In den ersten Trauerphasen ist es kaum vorstellbar, dass das Leben wieder gut und heil werden kann.

Oft wünschen sich Betroffene, diese Zeit möge schnell vorbei gehen, die Trauer soll "geheilt" werden. Aber Trauer ist keine Krankheit. Sie fühlt sich oft so an, zum Beispiel wie eine Depression. Bei dieser weiß der Betroffene oft nicht, woher seine Gemütsverstimmung kommt. Trauernde wissen sehr wohl, dass sie einen großen Verlust erlitten haben, den sie übermächtig erleben.

Um wieder Kraft zu bekommen, kann man daran denken, dass das ganze Leben immer von Verlusten begleitet, letztlich davon geprägt war – man zur Weiterentwicklung herausgefordert wurde, und es den Menschen stark und zu dem machte, der er ist.

Um diese eigenen, oft unbewussten Entwicklungsprozesse zu verstehen, kann man die Entwicklung eines Kindes betrachten. Das Erdenleben beginnt mit dem Verlust des geschützten, wohligen Raums des Mutterleibes. Alle kommenden Entwicklungsstufen sind mit Verlusten verbunden und nicht selten von Krisen wie Kinderkrankheiten begleitet. Danach ist nicht nur die fiebrige Erkrankung geheilt, sondern der ganze kleine Mensch, der wieder ein Stück weiter in seiner Selbstwerdung ist. In diesem Sinne heilt Trauer, sie bringt den Menschen in seiner fortwährenden Selbstwerdung voran – gemäß dem Satz von C. G. Jung: "Werde, der du bist."

Trauer wird nicht geheilt, aber ihr Schmerz verliert sich, indem der Verlust Teil des Selbst und Daseins wird. Mit der Zeit wird nicht mehr ein Stück von einem fehlen, sondern man wird sich als vollständig erleben. Auch wenn die Wege dahin so unterschiedlich sind, wie sich die Menschen voneinander unterscheiden, ist es hilfreich, zu spüren und zu erleben, nicht alleine mit der Verlusterfahrung zu sein.

Deswegen sind besondere Lebensereignisse, zu denen auch das Sterben gehört, in kollektive Rituale eingebettet. Sie finden damit ihre besondere Beachtung und Würdigung und sind in diesem Fall der erste Schritt zur Verarbeitung. Mit der Trauerfeier endet die Trauerzeit nicht, sie steht an ihrem Beginn.

Als sich wiederholendes Ritual bietet die Trauergruppe der ökumenischen Hospizgruppe für den Raum Oberndorf zweimal jährlich eine Trauerandacht an. Diese richtet sich an frisch Trauernde ebenso wie an Menschen deren Verlust schon länger zurückliegt. Den Zeitraum der Trauer bestimmt allein der Betroffene, ebenso, um wen er trauert. Neben Familienangehörigen oder Partnern kann auch der Verlust von Freunden, Nachbarn, einer kurzen Bekanntschaft oder auch eines Tieres, Trauer auslösen.

Offene Trauerandacht richtet sich an alle die trauern, unabhängig von persönlichem Glauben oder einer Konfessionszugehörigkeit. Trauerandacht bietet die Möglichkeit des Andenkens an die Verstorbenen, wie das Andenken des eigenen Lebensweges, der mit dem Verlust nicht endet, sondern neu gefunden werden muss.  Gerhard Freudenberger ist Mitglied der ökumenischen Hospizgruppe.