In seinem Vortrag zeichnet Nahverkehrsberater Ulrich Gosse ein positives Bild von der Gäubahn-Zukunft. Foto: Wolf Foto: Schwarzwälder Bote

Vortrag: Nahverkehrsberater Ulrich Grosse führt aus, was in Sachen Gäubahn derzeit passiert

In Sachen Gäubahn tut sich was, wie der Nahverkehrsberater Ulrich Grosse bei einer Veranstaltung der örtlichen CDU im Oberndorfer Bahnhof ausführte. Grosse präsentierte allerdings doch relativ viel Zukunftsmusik, die durch gewisse Dissonanzen noch recht spürbar gestört werden könnte.

Oberndorf. Durch einen 550 Millionen Euro teuren Ausbau soll die Bahnstrecke zwischen Stuttgart und Singen so ertüchtigt werden, dass sich die Fahrzeit von Stuttgart nach Zürich von derzeit 2.56 Stunden auf 2.37 Stunden verringert, meinte Grosse.

Robert Häring, Chef des CDU-Stadtverbands, brach vor den rund 25 Besuchern eine Lanze für das Reisebüro im Bahnhof. "Wir haben hier in Oberndorf eigentlich den einzigen Bahnhof in der Umgebung, der noch im ursprünglichen Sinn in Betrieb ist. Hier im Reisebüro kann der Fahrgast Informationen einholen, sich über Zugverbindungen und Tarife erkundigen, Fahrkarten kaufen und Reisen buchen. Es ist für unseren Bahnhof ein großer Vorteil, dass wir einen Schalter auf privater Basis haben."

Mit der Frage "Was bedeutet Stuttgart 21 für uns?" und dem Hinweis auf das nach dem durch das Unglück bei Raststatt ausgelöste Chaos auf der Gäubahnstrecke übergab Häring das Wort an Grosse.

Der Bahnexperte zeigte auf, dass nur durch eine Reduzierung der Fahrzeit zwischen Stuttgart und Zürich gewährleistet werden könne, dass in Stuttgart beziehungsweise Zürich sämtliche Anschlusszüge rechtzeitig erreicht werden könnten. Generell sei für die Akzeptanz einer Bahnverbindung die Schnelligkeit der ausschlaggebende Faktor, weniger der Fahrpreis. Die Gäubahn könne mit Zuggeschwindigkeiten zwischen 70 und 140 Stundenkilometern und – bemessen an der Luftlinie zwischen Zürich und Stuttgart von rund 150 Kilometern –, einer Durchschnittsgeschwindigkeit von gerade mal 50 Stundenkilometern nicht gerade als Schnellstrecke bezeichnet werden, vor allem wenn man bedenke, dass es in Frankreich Strecken gebe, die eine Geschwindigkeit von 300 Stundenkilometern zuließen.

Mit einer Vielzahl von Ausbaumaßnahmen auf der Strecke zwischen Stuttgart und Singen (550 Millionen Euro) von der Modernisierung von Weichen bis zum zweigleisigen Ausbau zwischen Horb und Neckarhausen sowie der Einführung von Neigetechnik-Zügen solle nun die Fahrzeit nach Zürich um rund 20 Minuten verkürzt werden. Allein für die Ausbau-Maßnahmen in und um Oberndorf würden die Kosten auf 3,5 Millionen Euro geschätzt. Die Schweiz hätte ihre Hausaufgaben schon erledigt.

Aus Sicht von Grosse bringt S 21 nach der endgültigen Fertigstellung nicht nur für Stuttgart als neuer bedeutender Knoten für Fern- und Nahverkehr, sondern auch für die Gäubahn Vorteile. Grosse ging davon aus, dass die Führung der Gäubahn über den Flughafen dieser ein enormes zusätzliches Fahrgastpotenzial bescheren werde.

"Die Weiterführung der Gäubahn über den Flughafen nach Stuttgart hängt aber wegen anhängender Klagen derzeit noch." Die dadurch bedingte Verzögerung könne sich so auswirken, dass es für die Gäubahn nach der geplanten Fertigstellung von S21 2025 wohl drei Jahre lang keine direkte Verbindung nach Stuttgart gebe.

Einiges verspricht sich Grosse von dem Metropolexpress, der ab 2019 in verschiedenen Ausbauphasen bis zur Inbetriebnahme von S21 die Verbindungen innerhalb der Metropolregion Stuttgart bis nach Heilbronn, Schwäbisch Hall, Aalen, Geislingen, Tübingen, Pforzheim und Horb abdecken soll. Positiv bewertete er das neue Elektrifizierungskonzept des Landes. Bislang seien rund 60 Prozent der baden-württembergischen Schieneninfrastruktur elektrifiziert.

In seinem fast anderthalbstündigem Vortrag machte Grosse deutlich, wie komplex eine Bahnverkehrsplanung ist, die den Herausforderungen der kommenden Jahrzehnte gerecht wird. Und genauso wurde klar, dass noch sehr viel Geld in die Hand genommen werden muss, um dieses Ziel zu erreichen.