Die irische Songwriterin Lynda Cullen war im "Sudhäusle" zu Gast. Foto: Fahrland

Inspirierender Abend bringt jede Menge Leben und kulturelle Vielfalt in die Oberstadt.

Oberndorf - Zum Erfolg auf ganzer Linie wurde der Oberndorf Slam 2020 mit einem bunten Crossover von Musik, Poetry und "Kunscht", das sich mit seinem dezentralen Konzept über die ganze Oberstadt erstreckte.

Zwölf Veranstaltungsorte, 32 Musikgruppen und Solisten, 26 Poetry-Slammer und 30 Fassadenprojektionen klingen nach einer riesigen Herausforderung, deren Organisation das Kulturforum mit Bravour bewältigte. Der soziokulturelle Anspruch beinhaltet, dass sich Menschen begegnen und auf neue kulturelle Erlebnisse einlassen, auch mit Genres, die sie bis dato vielleicht nicht kannten. Wer rechtzeitig seinen Platz reserviert hatte, erlebte einen inspirierenden Abend.

Musiker, Sänger und Poetry Slammer nutzten die Gelegenheit, teilweise erstmals seit Monaten wieder live vor Publikum aufzutreten. Laute und leise, internationale und heimatliche Klänge beherrschten die Musikszene. Ob moderne Volksmusik und ein Mundart-Crash-Kurs im Eiscafé Cortina, Cello-Klänge und Percussion aus Gambia im "Venezia", Rock und Pop nebst Orgelklängen in St. Michael oder Gitarre und Dudelsack im "Sudhäusle" – überall war ein hoher Unterhaltungswert garantiert.

Gewonnen haben am Ende alle

Prosa und Reim, heitere und ernste Themen wurden beim literarischen Wettstreit mit selbstgeschriebenen Texten in die vorgegebenen sechs Minuten gepackt und faszinierten beim Poetry Slam.

Beim Finale in der katholischen Kirche St. Michael kristallisierten sich mit Tonia Krupinski aus Tübingen und Kai Bosch aus Backnang zwei Favoriten unter den vier Finalisten in der Publikumsgunst heraus. Moderator Hank M. Flemming fällte anhand des begeisterten Beifalls ein salomonisches Urteil und erklärte beide zu Siegern.

Bosch stellte sich als ein sympathischer Mutmacher heraus, der sich von seiner Tetra-Spastik nicht unterkriegen lässt und mit Humor gegen das Schubladendenken, für Inklusion und Dialoge auf Augenhöhe eintrat. Tonia Krupinski beschrieb mit "Selbst Null ist noch zu viel /  Ich küsse die Toilette" die beklemmende Abwärtsspirale einer Bulimiekranken und ließ die Zuhörer dennoch mit einem Hoffnungsschimmer zurück.

Neuauflage 2021 steht fest

Slam-Ideengeber Dietmar Danner schätzt, dass weit mehr als 1000 Arbeitsstunden der Mitglieder des Kulturforums in die Organisation des Slams geflossen sind. Frühzeitig habe man sich um Fördermittel bemüht, die vom Leader-Programm und von der Biesenberger-Stiftung gewährt wurden. So konnte die noch junge Veranstaltungsreihe ins nächste Jahr hinübergerettet werden. Da die Leader-Mittel zur Anschaffung der Technik auf Dauer ausgelegt sind, steht die Neuauflage 2021 bereits fest.

Unter finanziellen Aspekten hätte sich das Kulturforum zwar mehr Sitzplätze gewünscht, hielt aber trotz Einnahmeverlusten am moderaten Eintritt von fünf Euro fest. Unter Corona-Auflagen hatten die ausgebuchten Veranstalter alle Platzreserven ausgeschöpft. "Besonders haben wir uns gefreut, dass auch neue Veranstalter uns ihr Vertrauen geschenkt haben", so Danner.

Noch in der Nacht erhielt das Kulturforum äußerst positive Rückmeldungen, die es prompt erwiderte. "Das Publikum war einfach super, die Zusammenarbeit in unserem Team beispielhaft", schwärmt Schriftführerin Andrea Schmider. Die Besucher hätten sich vorbildlich an die Auflagen gehalten und sich dankbar gezeigt, dass die Veranstaltung durchgezogen worden sei.

Das stand laut Danner außer Frage. "Wir haben gezeigt, dass ein rein bürgerschaftliches Engagement funktionieren kann und dafür viel freiwillige Unterstützung erhalten." Auch die Moderatoren zeigten sich begeistert von der Stimmung. "Das war eine Einsplus mit Stern", lobte Christoph Seidel, der den Musik-Slam in der "Lawine" moderiert hatte. Die Aufarbeitung des Abends mit einer Buchdokumentation wurde bereits in Angriff genommen.

Robert Häring vom Ordnungsdienst der "Bürger für Bürger" freute sich über einen entspannten Abend, zahlreiche Oberndorfer und Auswärtige und die durchweg positive Resonanz.