Blick in die erste Reihe beim Festakt zum 150. Schwarzwälder-Bote-Geburtstag am 10. Mai 1985: Gut gelaunt sitzt Irmgard Lamp neben Kanzler Helmut Kohl, daneben Chefredakteur Wilhelm Greiner und der baden-württembergische Ministerpräsident Lothar Späth. Foto: Eppler

Verlag mit Weitblick durch eine Zeit der technischen Umbrüche geführt. Licht im Büro ging nie aus.

Oberndorf -Der 10.  Mai 1985 könnte so ein Tag gewesen sein, an dem Irmgard Lamp für ein paar Minuten zufrieden die Hände in den Schoß gelegt und sich für ein Momentchen zurückgelehnt hat. Die Rottweiler Münstersängerknaben haben geistliche Chöre angestimmt. Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) wird gleich über die Pressefreiheit festreden. Werke von Giovanni Gabrieli stehen noch auf dem noblen Programmzettel. Es ist der Tag, an dem der Schwarzwälder Bote in der einstigen Augustinerklosterkirche am Verlagssitz in Oberndorf a. N.ckar seinen 150. Geburtstag feiert.

Die Geschäftsführerin des Zeitungshauses vergisst an diesem Tag die Leserinnen und Leser nicht. Die Tradition der Zeitung und "das Vertrauen unserer Leser bilden ein bewährtes Fundament, ja gleichsam die Basis auch der künftigen Behauptung im Markt", hat die Zeitungschefin im Editorial zur Jubiläumsausgabe geschrieben.

Fast 35 Jahre ist das jetzt her – nun, wenige Tage vor ihrem 97. Geburtstag, ist Irmgard Lamp zu Hause in Oberndorf gestorben. Fast zwei Jahrzehnte lang war sie in der erwachsen gewordenen Bundesrepublik Deutschland mit Leitungsaufgaben für das Oberndorfer Zeitungshaus betraut. Seit 1969 zunächst als Verlagsdirektorin. Hellmut Wolff hatte in jenem Jahr die Gesamtverantwortung für das Unternehmen Schwarzwälder Bote übernommen. Lamp wurde zur Stellvertreterin ernannt.

Das gesamte Berufsleben dem Verlag gewidmet

Otto Biesenberger, der Vorsitzende des Gesellschafterausschusses, förderte das Talent Irmgard Lamps. Nach dem Ausscheiden Wolfs wurde sie 1978 alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführerin. Für ihre eigene Person hat Lamp freilich nie das Rampenlicht gesucht; umso mehr lag ihr am wirtschaftlichen und publizistischen Erfolg der Zeitung, in deren Dienste sie bereits 1940 getreten war. Somit hat sie ihr gesamtes Berufsleben mit Energie und Schaffenskraft dem Schwarzwälder Boten verschrieben.

Beides ist in der Mitarbeiterschaft sprichwörtlich. Gut möglich deshalb, dass sich der Geschäftsführerin neben jenem 10. Mai ganz andere Momente aus ihrem Berufsleben eingeprägt haben. Etwa jene kalte Winternacht, in der eine voluminöse Sonderbeilage dringend das Oberndorfer Druckhaus auf dem Weg zu den Lesern verlassen musste. Doch es stockte hinten und vorne. Die Chefin scheute sich nicht, bei heftigem Schneetreiben in der Versandkette beim Verladen kiloschwerer Beilagen selbst mit anzupacken. Und hier und da die Schlagzahl anzugeben.

Unternehmerischer Weitblick, schwäbische Sparsamkeit

In ihren Leitungsaufgaben werden Irmgard Lamp unternehmerischer Weitblick und schwäbische Sparsamkeit gleichermaßen bestätigt. Die gebürtige Oberndorferin – die Eltern hatten einen Kaufladen in der Hauptstraße – hatte von ihrem Fach her die Zahlen, die Finanzen im Blick. Doch als Geschäftsführerin war sie in allen Bereichen des Druck- und Zeitungsbetriebes zu Hause.

In hektischen Produktionsnächten wollte sie wissen, warum es nicht voranzugehen schien. Wo Manuskripte abgeblieben waren, warum der Andruck gefährdet schien, wie das Wetter für die Zusteller werden könnte. Und sie wies auch manchen Redakteur auf Fehler in der Überschrift oder seitenverkehrte Bilder hin. Viele firmeninterne Anekdoten kreisen auch um Blitzbesuche der Geschäftsführerin in Geschäftsstellen und Außenredaktionen des weit verzweigten Verbreitungsgebiets zwischen St. Blasien und Baiersbronn, Albstadt und Triberg.

In ihrem Auftreten im Unternehmen konnte Irmgard Lamp sehr resolut, sehr bestimmend sein. An die Mitarbeiter stellte sie hohe Anforderungen, verlangte sorgsamen Umgang mit Betriebsmitteln, hohe Einsatz- und Leistungsbereitschaft. Sie lebte dies selbst vor. Manchmal beschlich einen das Gefühl, das Licht in ihrem Büro gehe nie aus. Zugleich hatte die Geschäftsführerin ein ausgeprägtes soziales Verantwortungsgefühl gegenüber den Mitarbeitern. Man konnte mit persönlichen Problemen zu ihr kommen – und fand Gehör.

Resolute Managerin mit offenem Ohr für Nöte

Ein Indiz dafür ist auch, dass Lamp von 1999 bis 2009 als Geschäftsführerin für die Marion- und Otto-Biesenberger-Stiftung wirkte. Neben der Förderung von Aufgaben in der Oberndorfer Stadtgesellschaft unterstützt diese Mitarbeiter des Schwarzwälder Boten in Krisensituationen.

In die Zeitungsgeschichte Baden-Württembergs geht Irmgard Lamp als eine Verlagsmanagerin ein, die den Schwarzwälder Boten durch herausfordernde Zeiten geführt hat. Neue Druck- und Kommunikationstechniken brachen sich Bahn, die Branche geriet in Umbrüche. Dabei festigte der Schwarzwälder Bote seine Marktposition und seine journalistische Bedeutung unter den großen Zeitungen in Baden-Württemberg. Zudem kam es zur Modernisierung von Druck- und Versandanlagen sowie der Redaktionstechnik.

In die Nachfolge von Lamp trat Richard Rebmann aus dem Familienstamm der Firmengründer. Er ist bis heute Verleger der Zeitung; im vergangenen Jahr zog sich der Medienmanager als Vorsitzender der Geschäftsführung der Südwestdeutschen Medien Holding (SWMH), einer der bedeutendsten Mediengruppen Deutschlands, in den Ruhestand zurück.

Blenden wir aber ein letztes Mal zurück zu jenem 10. Mai 1985. Hellsichtig schreibt Lamp damals im Einvernehmen mit Chefredakteur Wilhelm Greiner von einer "Weltmediengesellschaft". Und es klingt wie ein Vermächtnis, wenn sich beide zur freiheitlich-demokratischen Verfassung bekennen: "In der Verantwortung für die der Presse übertragenen öffentlichen Aufgaben wissen wir uns einig mit unseren Lesern, die dem Schwarzwälder Boten oft seit Generationen verbunden sind."