Kurt Siegel (links) spricht im Rahmen der Gedenkstunde als Zeitzeuge.Fotos: Wagner Foto: Schwarzwälder Bote

Initiative "27. Januar" ruft am "Buch der Erinnerungen" Opfer des NS-Regimes ins Gedächtnis

Oberndorf-Altoberndorf. Auch dieses Jahr hatten am internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust zahlreiche Menschen den Weg zum "Buch der Erinnerungen" in Altoberndorf gesucht, um an der Gedenkfeier teilzunehmen, zu der die Initiative "27. Januar" eingeladen hatte. Seit 2009 findet dieses Gedenken statt, das von der Initiative einem rein privaten Kreis, ins Leben gerufen worden war.

Andreas Kussmann-Hochhalter ging in seiner Ansprache auf die Menschen ein, die zwischen 1940 und 1945 in Oberndorf gefangen gehalten wurden und Zwangsarbeit leisten mussten, unter entwürdigenden und unmenschlichen Bedingungen lebten und hier starben. Die Namen der 308 Männer und Frauen sind im "Buch der Erinnerungen" am Nordende der Kienzlestraße in Altoberndorf festgehalten. Im Mittelpunkt der Gedenkfeier am Sonntagabend allerdings stand der Tod von zwölf Männern, die mit geringfügiger Vergehen gegen die gnadenlos harten Regeln des NS-Systems verstoßen hatten und zwischen 1942 und 1945 in Oberndorf exekutiert worden waren.

Reiner Emmering verlas zwei Polizeiberichte über die Exekutionen, die von der geheimen Staatspolizei und der Schutzpolizeiabteilung Oberndorf verfasst und an den Bürgermeister der Stadt Oberndorf übersandt worden waren. Die Mitteilungen beschrieben in einer sehr sachlichen Sprache, akribisch und detailgenau die Exekutionen mit einer emotionalen Kälte, welche die Zuhörer am Mahnmal erschaudern ließ.

Barbara Pfanner verlas die Namen der Getöteten, und die Firmlinge der katholischen Seelsorgeeinheit Oberndorf unter der Leitung von Pfarrer Martin Schwer entzündeten Kerzen und stellten für jeden Toten ein Licht vor dem Mahnmal auf.

Kurt Siegel, damals gerade mal zwölf Jahre alt, erlebte zusammen mit seinem Freund Albert Schmid als versteckter Zuschauer eine der Hinrichtungen und schilderte den Besuchern der Gedenkfeier dieses Erlebnis eindrucksvoll.

Am Ende der Veranstaltung legten die Besucher zum Gedenken an die Toten weiße und rote Nelken am Mahnmal nieder. Das Mahnmal in der Kienzlestraße wird immer wieder auch von ausländischen Besuchern aufgesucht, so war zuletzt am vergangenen Donnerstag eine Familie aus Tel Aviv in Altoberndorf, um dem "Buch der Erinnerungen" einen Besuch abzustatten.