Logo des Waffenherstellers Heckler & Koch. Foto: Patrick Seeger/Archiv/dpa

Finanzielle Lage des Waffenherstellers ist angespannt. HK hat aus "Mexiko" Konsequenzen gezogen.

Oberndorf - Das Urteil des Stuttgarter Landgerichts trifft den Oberndorfer Waffenhersteller Heckler & Koch (HK) empfindlich. Denn die finanzielle Lage des Unternehmens ist ohnehin alles andere als rosig. Millionenverluste in zum Teil zweistelliger Höhe soll HK in den vergangenen beiden Jahren eingefahren haben. Hinzukommt der Imageverlust durch das Hickhack um das G36 – obgleich das Landgericht Koblenz im September 2016 Schadenersatzansprüche der Bundesregierung für das angeblich untaugliche G36 abgelehnt hatte. Das Gericht stützte damals die Ansicht des Waffenherstellers, wonach das an die Bundeswehr gelieferte Sturmgewehr G36 nicht dienstuntauglich ist – jedenfalls nicht nach den Bedingungen, welche die Bundeswehr und die Oberndorfer Firma 2013 vertraglich vereinbart hatten.

Und auch die Dienstwaffe der Polizei in mehreren Bundesländern – das Modell HK SFP9 –, die aus dem Oberndorfer Unternehmen stammt, stand wegen "mangelnder Treffgenauigkeit" in der Kritik. Harte Zeiten also für das Unternehmen, das nach eigenen Angaben derzeit rund 800 Mitarbeiter beschäftigt.

In Oberndorf selbst ist immer wieder vom schlechten Betriebsklima die Rede, das momentan in der Firma herrsche. Norbert Scheuch, der dem Unternehmen von Dezember 2015 bis August 2017 als Geschäftsführer vorstand, habe viele eingespielte Abläufe reorganisiert und daher auf Know-how sowie neue Mitarbeiter aus der Automobilindustrie gesetzt. Ein fataler Fehler, wie es aus Insiderkreisen heißt. Denn die Abläufe und das technisches Wissen ließen sich nicht so einfach auf die Waffenherstellung übertragen. Die Waffen selbst wurden oder werden noch zum Teil von wechselnden Leiharbeitern montiert, ist zudem zu hören. Das alles habe Auswirkungen auf die Qualität.

Scheuch war es jedoch auch, der die sogenannte Grüne-Länder-Strategie bei HK eingeführt hatte. "Wir verhalten uns überkorrekt. Wir ziehen uns aus politisch schwierigen Ländern wie Saudi-Arabien zurück", hatte er im August 2017 im Gespräch mit unserer Zeitung erklärt. Dies wurde auch von den Rüstungsgegnern begrüßt.

Im Mai 2018 folgte Jens Bodo Koch als neuer CEO auf den geschassten Scheuch. Der promovierte Ingenieur ist kein Branchenfremder. Er war vorher Sprecher der Geschäftsführung der Atlas Elektronik GmbH mit Sitz in Bremen. Die Tochterfirma von Thyssen-Krupp stellt Elektronik für maritime Anwendungen her und hat sich auf Ausrüstung und Systeme für Über- und Unterwasser-Seestreitkräfte spezialisiert. Der derzeitige HK-Chef setzt die Grüne-Länder-Strategie fort.

Von HK hieß es nach der Urteilsverkündung: Die Firma sei heute vollkommen anders aufgestellt als Mitte des vergangenen Jahrzehnts. Ausdrücklich bekenne sie sich zu ihrer gesellschaftlichen und rechtlichen Verantwortung. Daher habe das Unternehmen aufgrund der "bedauerlichen Vorfälle" die Vertriebsstrategie grundlegend verändert und neue ethische Standards etabliert.

Darüber hinaus habe HK als Konsequenz aus "Mexiko" Anpassungen bei den internen Compliance-Management-Systemen vorgenommen, die das Verantwortungsbewusstsein des Unternehmens und seiner Mitarbeiter konstant schärfen sollen, und darüber hinaus jeden potenziellen Vertriebspartner einer strengen Compliance-Prüfung unterzögen.

Was den Richterspruch angeht, so habe man für die Einziehung der Gelder bereits frühzeitig eine Rückstellung gebildet. Das Urteil treffe das Unternehmen also nicht unvorbereitet. Die Urteilsbegründung wolle man analysieren und dann über das weitere Vorgehen entscheiden.