Hochzeitspaar ärgert sich über "falsche" Trauzeugen. Wer darf Traudokumente unterschreiben?
Oberndorf - Ohne Trauzeugen zu heiraten ist seit Ende der Neunziger Jahre im Standesamt und in der evangelischen Kirche möglich. Bei den Katholiken sind sie Pflicht. In "St. Michael" bestimmte ein Pfarrer die Trauzeugen selbst – sehr zum Ärgernis des Paares.
Für die Oberndorferin Mercedes Marquez, katholisch, und für ihrem Mann Kenneth Ogbonna, der aus Nigeria stammt und evangelisch ist, war es wichtig, für ihre Liebe Gottes Segen zu haben. Aus diesem Grund heirateten sie auch zuerst kirchlich, im Mai soll die standesamtliche Hochzeit folgen.
Als Trauzeugen suchte das Paar sich den Bruder der Braut (katholisch) und einen Cousin des Bräutigams (evangelisch) aus. "Beide können sie sehr gut Deutsch", erzählt Mercedes Marquez, die seit 1973 in Oberndorf lebt.
In Spanien, ihrer Heimat, sei es üblich, dass die Braut zu spät zur Trauung komme, sagt Mercedes Marquez. Darüber sei auch der Bochinger Pfarrer Stephan Lampart informiert gewesen, der die Trauung vollzog. Als die Braut allerdings fast eine halbe Stunde in der Kirche "St. Michael" in der Oberstadt auf sich warten ließ und somit auch die Trauzeugen fehlten, hat der Pfarrer zwei Frauen, die sich unter den Hochzeitsgästen in der Kirche befanden, darum gebeten, die Traudokumente zu unterschreiben. Vor der Trauung.
"Zum einen wollte ich vermeiden, dass sich die Hochzeitsgesellschaft nach der Trauung schnell auflöst und ich die Trauzeugen nicht mehr treffe, zum anderen war ich mir nicht sicher, ob die zwei Männer ausreichend Deutsch können, um zu verstehen, was sie da bezeugen sollen", erläutert Lampart. Falls ein Trauzeuge nämlich die deutsche Sprache nicht beherrscht, muss bei der Trauung ein Dolmetscher anwesend sein. Ob die Traudokumente vor, während oder nach der Trauung unterzeichnet werden, spiele keine Rolle und liege im Ermessen des Pfarrers, erläutert Lampart. In "St. Michael" werden pro Jahr rund zehn Paare getraut, so Dekan Zepf.
"Der Pfarrer hat einfach unsere Wünsche ignoriert", empört sich Mercedes Marquez. Sie ist sich sicher, dass ihre Wunsch-Trauzeugen die kirchenrechtlichen Voraussetzungen erfüllt hätten.
Als sie den Pfarrer einige Zeit später auf sein eigenmächtiges Verhalten angesprochen habe, hätte sie zur Antwort bekommen: "Beim nächsten Mal können Sie es ja anders machen", erzählt die Braut. Pfarrer Lampart bestreitet diese Aussage: "Eine Ehe im römisch-katholischen Verständnis ist unauflöslich." "Eine katholische Eheschließung als Gottes Segen für die Liebe zu bezeichnen, ist völlig unzureichend. Das Wesen einer katholischen Eheschließung ist der gegenseitige Wille der Brautleute zur Ehe sowie das Versprechen lebenslanger Treue. Liebe muss existenziell werden in der Treue", ergänzt Pfarrer Stephan Lampart.
Erst Kirche, dann Standesamt: Diese Reihenfolge komme nicht oft vor, erläutert Brigitte Pauler vom Oberndorfer Standesamt. Auch würden bei ihr fast alle Paare mit Trauzeugen erscheinen, obwohl dies nicht mehr Pflicht sei. Die meisten Trauungen finden in Oberndorf übrigens nicht mehr im Mai, sondern im September statt.
Bis zur standesamtlichen Heirat werden Mercedes Marquez und Kenneth Ogbonna übrigens auf dem Einwohnermeldeamt als nicht verheiratet geführt.
Info
Welche Voraussetzungen muss ein Trauzeuge besitzen?Voraussetzung ist die Vollendung des 14. Lebensjahres und die Gewährleistung, dass der Trauzeuge den Trauungsvorgang genau erfassen kann. Dazu ist sowohl die Kenntnis der Landessprache – Dolmetschen ist möglich – als auch die Kenntnis des Ablaufs der Trauungsliturgie Voraussetzung. Empfohlen wird die Auswahl katholischer Trauzeugen, aber sie sind nicht notwendig.
Hat er bestimmte Aufgaben?
Die Trauzeugen haben lediglich die Aufgabe, durch Unterschreiben des Traudokuments den ordnungsgemäßen Vollzug der Trauung zu bestätigen. Bei Taufe und Firmung sind die Paten Zeugen des Glaubens, die das Kind beziehungsweise den Jugendlichen im Glauben begleiten.
Wen sollte mal als Trauzeuge aussuchen?
Als Trauzeugen sollte man sich gute Freunde oder Verwandte aussuchen.
Hat sich die Bedeutung der Trauzeugen verändert?
Wesentlich. Die rein rechtliche Bezeugung der Trauung tritt völlig in den Hintergrund. Trauzeugen gestalten den Gottesdienst mit, musikalisch, durch Fürbitten oder Vorlesen von Texten.
Kann man die gleichen Trauzeugen in der Kirche und im Standesamt benennen?
Selbstverständlich. Es sind auch mehr als zwei Trauzeugen möglich.