Unter der Regie von Beate Merkt (rechts außen) und Anita Flaig (Zweite von rechts hinter den Kindern) haben die Kinder der Grundschulförderklasse an der Verbundschule im Rahmen eines Experiments Wachteleier ausgebrütet. Foto: Wolf Foto: Schwarzwälder-Bote

Erziehung: Besonderes Experiment an der Grundschulförderklasse der Verbundschule Oberndorf

Von Peter Wolf

Oberndorf. In der Obstkiste herrscht ein lebhaftes Gewusel von süßen kleinen Wachtel-Küken, um die Kiste stehen einige Kinder und beobachten mit strahlenden Augen das bunte Treiben. Dann aber sagt ein Junge plötzlich mit betrübter Stimme: "Da liegt ein Küken auf der Seite. Ich glaube, das ist tot." Er hat leider recht. Und die Mädchen und Jungen sind etwas traurig.

Für Beate Merkt und Anita Flaig, welche die Kinder an der Grundschulförderklasse betreuen und unterrichten, ist diese Erfahrung ein wichtiger Bestandteil des Experiments, mit dem sich die derzeit zehn Schüler der Grundschulförderklasse befassen.

"Die Kinder sollen bei unserer Aufzucht von Wachtel-Küken erleben, dass Leben und Tod zusammengehören. Sie bekommen mit, wie die Küken aus dem Ei schlüpfen, wie aber auch das eine oder andere Küken nicht überlebt", erklärt Beate Merkt.

Von einem Wachtelzüchter erhielten Merkt und Flaig 60 Wachteleier sowie einen Brutapparat. Der Züchter erläuterte, was bei der Bedienung des Brutapparats zu beachten ist.

Eier werden gedreht

In der Runde berichten die Kinder fröhlich, was sie gemacht haben, wie sie das Experiment zum Erfolg geführt haben. "Jeden Morgen mussten wir die Eier drehen, am Abend hat sie unser Hausmeister gedreht. Damit man erkennen kann, ob die Eier gedreht worden sind, haben wir auf jedes Ei einen Punkt gemalt. Morgens ist der Punkt oben. Wenn wir es gedreht haben, ist der Punkt unten, und am Abend dreht sie der Hausmeister mit dem Punkt nach oben."

Sehr dankbar sind Merkt und Flaig Hausmeister Uwe Maier für seine Bereitschaft, den Brutvorgang nachmittags und zusammen mit den Erzieherinnen auch an den Wochenenden zu betreuen und zu überwachen.

Und dann kam der große Moment, das erste Küken schlüpfte aus, zwei Tage vor dem berechneten Termin. "Das war ganz nass und musste deshalb noch zwölf Stunden im warmen Brutkasten bleiben."

Nach dieser Zeit musste es aber in die mit eigenem Häuschen und Futter- beziehungsweise Trinkstellen zu einem heimeligen Wachtel-Küken-Heim verwandelte und von einer Rotlichtlampe erwärmte Obstkiste ziehen, "weil es ja Durst und Hunger hatte". Am nächsten Morgen stellten die Kinder traurig fest, dass das früh geborene Küken trotz der guten Pflege gestorben war.

22 Küken

Der Hausmeister hob im Schulgarten ein kleines Grab aus, und die Kinder beerdigten das tote Küken. Am Tag darauf schlüpften 22 Wachtel-Küken, und die Freude war groß.

Behutsam transportierten Kinder und Erzieherinnen die flauschigen, piepsenden Knäuel vom Brutkasten zu ihrem neuen Zuhause. Erstaunt konstatierten die Kinder, dass jedes Küken ein bisschen anders aussieht. Eines weist ein so charakteristische Zeichnung auf, dass sie es gleich "Smiley" tauften. Ein anderes heißt "Muhammad Ali", weil es so ein Kämpfer ist.

Aus Sicht von Beate Merkt bringt ein solches Experiment die Kinder voran. "Sie lernen dabei auch, Verantwortung zu übernehmen."

Sie und ihre Kollegin betreuen in der Grundschulförderklasse Kinder, die eigentlich im Einschulungsalter sind, aber noch vom Schulbesuch zurückgestellt sind. "Wir haben den Anspruch, die Kinder in einem Schuljahr soweit zu bringen, dass sie ohne weiteres in die erste Grundschulklasse eingeschult werden können."