Die Jugendkunstschule Oberndorf unter der Leitung von Friederike Hogh-Binder (rechts) hat das Projekt "Zeichensprache" ins Leben gerufen. Julia von Troschke (Zweite von rechts) und Isabella Glase (Zweite von links) leiten die Kurse. Ganz links: Margit Doll vom Sekretariat der Jugendkunstschule Foto: Bienger Foto: Schwarzwälder-Bote

Bildung: Beim Projekt "Zeichensprache" der Jugendkunstschule lernen Migrantenkinder kreativ Deutsch

Wer aus einem fremden Land nach Deutschland kommt und die Sprache nicht beherrscht, kann sich nur schwer integrieren. Das Projekt "Zeichensprache" an der Jugendkunstschule setzt dort an, wo Vokabellisten anfangs nur wenig helfen.

Oberndorf. Im dem "Hotel" aus Pappmaché ist alles drin, was man so braucht: Es gibt Stühle und Sofas, viele Zimmer, einen Pool und sogar eine Hundehütte. Deren tierischer Bewohner besteht aus einem Drahtgeflecht, das mit braunem Garn umwickelt wurde. Die Figuren, ebenfalls aus Draht und Wolle, sitzen im und um das bunte Haus, das im Laufe der Zeit immer mehr gewachsen ist.

Gebastelt wurde es von Kindern im Alter zwischen zehn und zwölf Jahren. Ihnen allen ist gemeinsam, dass sie erst seit Kurzem in Deutschland leben und noch kaum Deutsch sprechen. Das soll sich ändern. Dafür sorgen der Besuch der Vorbereitungsklasse in der Schule – und das Projekt "Zeichensprache", das die Jugendkunstschule Kreisel in Oberndorf im vergangenen Jahr ins Leben gerufen hat.

"Die Grundidee war, dass man mithilfe von Zeichensprache einen leichteren Zugang zur Kommunikation bekommt", erklärt Friederike Hogh-Binder, Leiterin der Jugendkunstschule, das Konzept. "Zeichensprache": Das hat einerseits mit Körperzeichen, also nonverbaler Kommunikation, zu tun, andererseits ganz plakativ mit dem Malen, Zeichnen und Herstellen von Bildern und Gegenständen, die man anschließend auch benennen und über die man miteinander sprechen kann.

Kinder kommen aus allen möglichen Ländern

Das bunte Haus aus Pappmaché ist nur eines der vielen Objekte, die im Laufe des Projekts entstanden sind. "Anfangs hat jedes Kind nur die Figuren gebastelt", erläutert Dozentin Isabella Glase, die mehrere Kurse in Oberndorf sowie in Schramberg und Rottweil – das Projekt wird jeweils in diesen drei Städten im Kreis angeboten – betreut. "Später kam die Idee auf, ein Haus für die Figuren zu bauen." Gefertigt wurden außerdem Bilder, Fasnetsmasken aus Pappmaché, Collagen und vieles mehr. Im Sommer gab es dazu sogar eine große Ausstellung im Rathaus.

Beim Basteln und Malen geht es aber nicht nur um Spaß, sondern auch um das aktive Erlernen und Einüben der neuen Sprache. "Die Kinder kommen aus allen möglichen Ländern – Syrien, Irak und Afghanistan, aber auch der Türkei, Rumänien, Italien oder Thailand", erklärt die Oberndorfer Künstlerin Julia von Troschke, die vor Ort zwei Kurse mit Grundschülern betreut. "Manche von ihnen sprechen sogar mehrere Sprachen." Da sei es nicht leicht gewesen, im Kurs einen Anfang zu finden. "Wir haben dann damit angefangen, auf Gegenstände oder Körperteile zu zeigen und diese zu benennen. Im Laufe der Zeit sind dann immer mehr Wörter dazugekommen."

Die Teilnahme am Kurs ist für alle Kinder verpflichtend, die eine Vorbereitungsklasse besuchen. Die Jugendkunstschule kooperiert entsprechend mit der Verbundschule in Oberndorf, der Erhard-Junghans-Schule in Schramberg und der Konrad-Witz-Schule in Rottweil. Sich drücken ist also nicht drin – auch wenn die Arbeit insbesondere mit Jugendlichen, die ihrem Alter entsprechend auch gerne mal rebellieren, nicht immer einfach ist, wie Glase zugibt. "Es gibt aber auch besonders schöne Beispiele", sagt sie und erinnert sich an einen rund 13-jährigen Jungen, der in den Schulpausen immer wieder in die Jugendkunstschule kam, "einfach nur, um zu reden".

Dieser Tage beginnt in Oberndorf wieder ein neuer Kurs – inzwischen der achte; in Zukunft könnten es mehr werden. Das Projekt wird vom Landesverband der Jugendkunstschulen gefördert und von der Bürgerstiftung und dem Lions-Club unterstützt; auch die Stadt Oberndorf ist schon mit Fördermitteln eingesprungen. Die Schulen in Rottweil und Schramberg zahlen die Kurse zum Teil auch selbst. Friederike Hogh-Binder und ihre Kolleginnen hoffen, dass die Finanzierung auch in Zukunft gesichert ist – damit die Kinder über das Erlernen der deutschen Sprache so schnell wie möglich Anschluss finden.