Jochen Glöckner ist der neue Geschäftsführer des SRH-Krankenhauses. Foto: Danner

Interview: Dem neuen Geschäftsführer ist ein kollegiales Miteinander wichtig.

Oberndorf - Vor knapp drei Wochen hat Jochen Glöckner seinen Dienst in der Neckarstadt angetreten. Wir haben uns mit ihm unterhalten.

Seit dem 1. April sind Sie Geschäftsführer des SRH-Krankenhauses in Oberndorf. Weshalb haben Sie sich für die Neckarstadt entschieden?

Die Gründe sind vielschichtig. An erster Stelle ist aber der vortreffliche Ruf des Krankenhauses bei den medizinischen Leistungserbringern sowie den Organisationsstrukturen zu nennen, was bislang immer zu einem ausgeglichenen wirtschaftlichen Ergebnis führte, welches beileibe nicht gang und gäbe in der Krankenhauslandschaft ist. Beispielhaft sei hier die Leistungsausweitung in den vergangenen Jahren etwa die DIN EN ISO Zertifizierung des gesamten Krankenhauses zu nennen, die vergangenen Herbst mit Bravour vollzogen wurde, und die diese Woche in einem sogenannten Überwachungsaudit bestätigt werden muss. Als weiterer Aspekt ist zu nennen, dass ich bereits früher in einer ähnlich strukturierten Klinik als Geschäftsführer tätig war und mir die Arbeit mit kurzen Wegen, um Entscheidungen herbeizuführen und umzusetzen, am Herzen liegt, für die eine ausgeprägte Vorbildfunktion erforderlich ist. Da kleinere Krankenhäuser aber in der heutigen Zeit vor besondere Herausforderungen gestellt sind, ist die Einbindung in die leistungsstarke Struktur eines Krankenhausträgers wichtig, und die SRH hat hier als private Stiftung eine besondere Stellung, was einen weiteren Gesichtspunkt darstellte. Nicht zuletzt war auch der regionale Aspekt mit der Größe und Lage der Stadt für die Entscheidung mit ausschlaggebend.

Sie treten als Nachfolger von Harald Glatthaar in "große Fußstapfen". Wo sehen Sie Ihre Stärken?

Grundsätzlich ist diese Frage etwas schwierig. Spaßeshalber könnte ich darauf antworten, dass ich mit Schuhgröße 46 damit weniger Probleme habe. Da zwangsläufig die eigene Sichtweise oder Perspektive subjektiv ist, möchte ich die Beantwortung auf Fakten beschränken. In meinem bisherigen Werdegang, nach dem Studium habe ich jetzt annähernd 25 Jahre in Krankenhäusern unterschiedlicher Größen, Trägerkonstellationen und Organisationsstrukturen gearbeitet, wodurch ich einiges an Erfahrung sammeln konnten – was ich demzufolge auch als persönliche Stärke ansehe. Die Arbeit in einem kleineren Krankenhaus stellt die Mitarbeiter vor besondere Herausforderungen, da die komplexen Aufgaben auf weniger Mitarbeiter verteilt werden müssen und immer Ausfallkonstellationen vorzuhalten sind. Dies bedingt, dass auch die leitenden Mitarbeiter mit "an der Basis" arbeiten und eine "Hands-on-Mentalität" vorleben, um den Sicherstellungsauftrag zu gewährleisten. Dies ist auf der einen Seite anspruchsvoll und herausfordernd, zugleich aber auch interessant. Nicht zuletzt sorgt dies für eine direkte Zusammenarbeit, beziehungsweise einen persönlichen Kontakt zu den Mitarbeitern aus den unterschiedlichsten Bereichen, der zwangsläufig in einem großen Krankenhaus so nicht möglich ist, mir aber in meinem bisherigen Berufsleben viel Freude bereitete. In meinen bisherigen Tätigkeiten war mir immer das kollegiale Miteinander besonders wichtig.

Das Oberndorfer Krankenhaus genießt einen guten Ruf und hat in der Vergangenheit auch stets wirtschaftlich gearbeitet. Wo sehen Sie dennoch Verbesserungspotenzial?

In jedem noch so gut geführten Krankenhaus gibt es ein Verbesserungspotenzial, was auf verschiedene Gründe zurückzuführen ist. Nach der kurzen Zeit gibt es sicher bereits Anhaltspunkte, die teilweise auch aus der bestens organisierten Übergabe durch Herrn Glatthaar herrühren. Oftmals sind aber auch externe oder interne Rahmenbedingen dafür ausschlaggebend, dass mögliche Verbesserungen nicht im eigentlich erforderlichen Maß umsetzbar sind oder einen Nutzen mit sich bringen. Als Beispiel kann hier die Finanzierung von Mehrleistungen, die in den vergangenen Jahren erbracht wurden, genannt werden. Das Krankenhausentgeltgesetz sieht hier vor, dass für Mehrleistungen bei Fallpauschalen, die zusätzlich vereinbart werden, in den ersten drei Jahren ein Vergütungsabschlag von 35 Prozent anzuwenden ist. Zudem sind nicht geplante Mehrleistungen zu 65 Prozent zurück zu bezahlen. Teilweise sind dadurch Leistungen nicht möglich, da diese schlicht und einfach nicht finanziert sind, und ein Krankenhaus auch nicht unbegrenzt in Vorleistung gehen kann. Abschließend möchte ich zudem ausführen, dass ich es nicht als zielführend empfinde, bestimmte Punkte vorschnell zu benennen oder zu quantifizieren. Es entspricht meiner Arbeitsweise, zunächst eine interne Aufarbeitung mit den betroffenen Bereichen und Mitarbeitern herbeizuführen, um dann die entsprechenden Maßnahmen in die Wege zu leiten.

Dieser Tage hat sich die Gewerkschaft Verdi mit dem SRH-Konzern auf einen neuen Tarifvertrag geeinigt. Wie stehen Sie dazu?

Nach meinem Dafürhalten wurde von den beiden Tarifvertragsparteien eine ausgewogene Lösung gefunden. Gerade mittelgroße Krankenhausträgergesellschaften wie die SRH Kliniken, die zudem eine Konzentration auf Baden-Württemberg und Thüringen haben, sind in der Lage, auf die Anforderungen ihrer Mitarbeiter spezifischer reagieren zu können. So wurden etwa in den diesjährigen Tarifverhandlungen Tarifsteigerungen, die nur für eine bestimmte Mitarbeitergruppe vorgesehen waren, auf einen größeren Kreis ausgeweitet, um auch zukünftig eine ausgewogene Verteilung der Mitarbeiter auf die verschiedenen Aufgaben- und Leistungsbereiche gewährleisten zu können. Zudem sind die Tarifverträge auf eine langfristige Bindung der Mitarbeiter ausgelegt, was sich etwa durch eine größere Gehaltssteigerung in den Erfahrungsstufen der verschiedenen Vergütungsgruppen widerspiegelt. Bereits in früheren Verhandlungen wurden auch hohe Jubiläumszuwendungen vereinbart. Insgesamt wird der Tarifabschluss die Kliniken aber wirtschaftlich vor größere Herausforderungen stellen, da die Steigerung nicht in dieser Höhe erwartet wurde, und demzufolge auch nicht in der Wirtschaftsplanung abgebildet ist.  Die Fragen stellte Marcella Danner, Redakteurin des Schwarzwälder Boten.

Info: Zahlen und Fakten

 120 Planbetten in den Fachbereichen Innere Medizin und Chirurgie/Orthopädie sowie zusätzlich 18 Betten in der Kurzzeitpflege

 Krankenpflegeschule mit 40 Plätzen

 Vorhaltung eines Notarztstandortes in Oberndorf in Zusammenarbeit mit dem DRK

 Kooperationen im ärztlichen Bereich bestehen mit der Orthoklinik Rottweil/Schramberg, dem Orthozentrum Sulz/Oberndorf, dem hiesigen Augenarzt und einem Handchirurgen

 Kooperationen in mehreren Bereichen mit dem Universitätsklinikum Tübingen und dem SRH-Klinikum Sigmaringen

 intensive Zusammenarbeit unter anderem mit den niedergelassenen Ärzten der Raumschaft und weiteren Leistungserbringern

 jährlich circa 6500 stationäre sowie rund 13 000 ambulante Patienten

 Steigerung der Patientenzahlen seit 2011 um etwa 40 Prozent

 Im Krankenhaus arbeiten circa 300 Mitarbeiter (einschließlich den 40 Auszubildenden der Krankenpflegeschule), was unter Berücksichtigung der vielen Teilzeitarbeitsmodelle rund 200 Vollzeitstellen entspricht.

Info: Zur Person

Jochen Glöckner ist in Friedrichshafen am Bodensee geboren. Bevor der heute 52-Jährige nach Oberndorf kam, war er Betriebsdirektor am Zentrum für Psychiatrie Calw – Klinikum Nordschwarzwald. Zunächst hatte der zweifache Familienvater Fertigungswirtschaft im Bereich Maschinenbau studiert. Im Rahmen einer Projektarbeit für die Sana Kliniken kam er mit dem Gesundheitswesen in Berührung, und so führte ihn seine berufliche Laufbahn nach dem Studium in diesen Sektor. Aus einer früheren Tätigkeit als Geschäftsführer des Krankenhauses in Lindau ist ihm der somatische Bereich nicht fremd.