Sieht unspektakulär aus – doch mit der Chlorgasstation im Wasserwerk Mühlberg sowie mit einer weiteren am Hochbehälter Barbarahalde wird das Leitungsnetz desinfiziert. Foto: Danner

Keine Entwarnung nach Verunreinigung des Trinkwassers. Ursache bislang nicht bekannt. Mit Kommentar & Video

Oberndorf - Es gibt noch keine Entwarnung. Seit Donnerstagabend gilt für die Bereiche der Talstadt, einschließlich der Neckarvorstadt, des Webertals und Altoberndorf für das Trinkwasser ein Abkochgebot. Das Wasser ist bakteriell verunreinigt – mit Enterokokken.

Während am Abend des Schmotzigen in den Lokalen die Gruppen aufsagten, war die Feuerwehr in den betroffenen Straßen mit einem Einsatzfahrzeug unterwegs und informierte die Bevölkerung per Lautsprecher. Im Feuerwehrgerätehaus in der Austraße hat sie eine Informationsstelle eingerichtet, die auch rege in Anspruch genommen wurde.

Das SRH-Krankenhaus liegt mitten im betroffenen Gebiet. Wie Geschäftsführer Jochen Glöckner auf Anfrage mitteilte, wurden die Patienten sofort darüber informiert, dass sie kein Wasser aus dem Hahn trinken sollen. Es wurden große Mineralwasserfalschen vom Getränkehändler verteilt. Die Krankenhausküche verzichtet auf Gerichte, die nicht mit kochendem Wasser zubereitet werden können, wie etwa Salat. Auch das "Essen auf Rädern" der Sozialstation, das aus der Krankenhausküche stammt, wird zunächst ohne Salat ausgeliefert.

Für sensible Bereich – wie etwa den OP – seien keine Wassermaßnahmen vorgesehen, da das Händewaschen eine Grundreinigung darstelle, und die anschließende, obligate Händedesinfektion den Schwerpunkt eine Reduktion der Krankheitserreger auf den Händen und Flächen bilde.

Macht das Wasser krank?

In einer am Freitagvormittag anberaumten Pressekonferenz im Bürgermeisteramt der Stadt Oberndorf gaben Vertreter des Gesundheitsamts Rottweil Auskunft auf die Frage, was Enterokokken eigentlich sind und welche Gefahr sie für den Menschen darstellen.

Martine Hielscher erläuterte, dass es sich um sogenannte Fäkalkeime handelt, die in der Darmflora vorkommen. Ob dieser Erreger zu einer Erkrankung führe, hänge vom Immunsystem der Betroffenen ab. Ist es aus irgendeinem Grund geschwächt – etwa bei alten Menschen oder Säuglingen – können die Enterokokken zu Durchfall, Harnwegs- oder Blaseninfekten sowie zu Wundinfektionen kommen.

Wie kommt Keim ins Netz?

Wie der Erreger ins Oberndorfer Trinkwasser kommt, ist bisher nicht bekannt. "Vielleicht werden wir es auch nie herausfinden," so Hielscher. Reparaturarbeiten oder Rohrbrüche, bei denen die Bakterien ins Leitungsnetz gelangen können, hat man bereits ausgeschlossen.

In den vergangenen Jahren sei es auch in anderen Kommunen vermehrt zu solchen Verunreinigungen gekommen. Dies sei unter anderem dem geschuldet, dass die modernen Untersuchungsmethoden immer exakter würden, fügt Sabine Wiltschko an.

"Die Wasserversorgung Oberndorf ist aus unserer Sicht top aufgestellt", ergänzt ihr Kollege Markus Bantle vom Gesundheitsamt. Proben würden sogar öfter gezogen, als vorgeschrieben. Und bei solch einer Probe an der Entnahmestelle beim Rathaus im Klosterbau sind dann auch die Enterokokken aufgefallen.

Im Wasserwerk Mühlberg hat man daraufhin die Zugabe von Chlor so weit erhöht, wie es die erlaubten Werte zulassen. Zudem wurde ein Not-Chlorgasanlage am Hochbehälter in der Barbarahalde installiert. Auf diese weise wird das Leitungsnetz desinfiziert. Doch das kann dauern. Eine Entwarnung frühestens im Laufe des heutigen Samstags möglich. Die Auswertung der Proben nimmt 24 Stunden in Anspruch.

Bürgerball steht bevor

Sobald das Gesundheitsamt das Abkochgebot aufhebt, informiert die Stadt über ihre Homepage und die Medien. Dort stehen auch nähere Infos zum Abkochgebot.

Am Fasnetsamstag findet der Bürgerball in der Neckarhalle statt. Dabei nutzt die SVO, die die Bewirtung übernimmt, natürlich auch die Küche. Auf Nachfrage teilen die Verantwortlichen mit, ihnen sei zugesichert worden, dass die Spülmaschine heiß genug wird, um eventuell vorhandene Keime abzutöten. Für die Bar im Foyer wird Wasser vom Lindenhof in Kanistern in die Neckarhalle gebracht, um die Gläser spülen zu können. Die Spielvereinigung hofft aber natürlich, dass es noch rechtzeitig vor Beginn des Bürgerballs Entwarnung gibt.

Kommentar: Gut gemeistert

Von Marcella Danner

Die Stadtverwaltung bezieht gerne mal Prügel. Zu Recht – denkt man nur an das "Loch" im Brauerei-Areal. Doch wo etwas zu loben ist, sollte man das auch tun. Bürgermeister Hermann Acker wollte im Pressegespräch im Zusammenhang mit dem verunreinigten Trinkwasser nicht von einer Krise, sondern einer besonderen Situation sprechen. Aber wie die Verwaltung – urlaubsbedingt in der Fasnetszeit dezimiert – bisher darauf reagiert hat, war astrein ein gutes Krisenmanagement. Mit Acker als Koordinator vorneweg. Umsichtig wurde die Bevölkerung so schnell wie möglich auf die bestehende Gefahrensituation hingewiesen – Zeitung und Rundfunk informiert. Die Feuerwehr leistete ihren Teil dazu. Straße um Straße fuhr sie bis in den späten Abend hinein ab, so dass auch der letzte noch drauf aufmerksam wurde: Gut gemacht.

Info: Auf was zu achten ist

Der Eigenbetrieb Wasserversorgung Oberndorf empfiehlt folgendes Vorgehen: Leitungswasser nur abgekocht oder abgepacktes Wasser trinken.

 Für die Zubereitung von Säuglingsnahrung sollte nur abgekochtes oder abgepacktes Wasser verwendet werden.

Das Wasser drei bis fünf Minuten sprudelnd aufkochen und dann über zehn Minuten abkühlen lassen. Die Verwendung eines Wasserkochers ist aus praktischen Gründen zu empfehlen. Wasser, dass am Vortag abgekocht wurde, kann auch am nächsten Tag genutzt werden, sofern es nach langsamem Abkühlen kühl und in einem lebensmitteltauglichen, geschlossenen Behälter gelagert wird.

 Für die Zubereitung von Nahrung, zum Zähne putzen und zum Reinigen offener Wunden ausschließlich abgekochtes Leitungswasser benutzen.  Nach Möglichkeit sollte das Duschen, Baden sowie das Wäschewaschen vermieden werden. Zum Wäschewaschen kann das Wasser verwendet dann werden, wenn die Waschtemperatur dabei mindestens 60 Grad Celisus beträgt. Geschirr aus dem Geschirrspüler ist unbedenklich, sofern das Gerät mit Temperaturen über 60 Grad Celsius spült und trocknet..  Leitungswasser für die Toilettenspülung und andere Zwecke kann ohne Einschränkungen genutzt.

 Kaffeemaschinen, die das Wasser auf mindestens 82 Grad Celsius erhitzen, können genutzt werden. Wird diese Temperatur nicht erreicht oder ist diese nicht bekannt, sollte die Kaffeemaschine nur mit abgekochtem oder abgepacktem Wasser genutzt werden.

Tiere verfügen in der Regel über ein robustes Immunsystem. Sie können im Regelfall das Wasser aus der Leitung zu sich nehmen. Wasser in der Natur ist auch nicht keimfrei. Im Zweifelsfall wenden Sie sich bitte an das zuständige Veterinäramt. Da eine toxische Wirkung auf Aquarien nicht ausgeschlossen werden kann, sollten sich Besitzer eines Aquariums im Fachhandel informieren. Das mit Chlor desinfizierte Leitungswasser ist für Aquarien allerdings ungeeignet.

 Wenn eine Entwarnung erfolgt ist, sollten sämtliche Wasserhähne im Haus oder in der Wohnung eine Stunde lang aufgedreht werden, bis alles durchgespült ist.

Für Rückfragen stehen Mitarbeiter des Eigenbetriebs Wasserversorgung Oberndorf unter Telefon 07423/9 29 00 10 oder 07423/77 13 21 zur Verfügung.