Kommunales: Ehrenbürgerschaft erloschen

Oberndorf. Am 20. April 1933 wurde Paul von Hindenburg Ehrenbürger von Berlins – am gleichen Tag wie Adolf Hitler. Nun wurde ihm die Ehrenbürgerschaft aberkannt. Ulrich Pfaff, Diakon i.R., hat jetzt in einem Leserbrief gefragt: "Wie hält es Oberndorf mit seinen drei Ehrenbürgern Adolf Hitler, Paul von Hindenburg und Wilhelm Murr, dem ehemaligen Staatspräsidenten von Württemberg?" Und er hatte dazu aufgefordert, dass die Stadt Oberndorf sich "wenigstens in ein paar Worten öffentlich von diesen schrecklichen Ehrenbürgern distanziert."

Der Schwarzwälder Bote hat bei der Stadtverwaltung nachgehakt. Hauptamtsleiter Hermann Leopold teilt dazu mit, der Oberndorfer Gemeinderat habe sich in den vergangenen Jahrzehnten bereits mehrfach mit diesem Thema befasst. Seit der jüngsten diesbezüglichen Anfrage von Ulrich Pfaff im Jahr 2010 hätten sich keine neuen rechtlichen Erkenntnisse ergeben.

Leopold verweist auf eine Stellungnahme des Gemeindetags Baden-Württemberg von 1984: "Das Ehrenbürgerrecht ist ein unter dem Schutz der Rechtsordnung stehendes reines Persönlichkeitsrecht. Es ist an die Person des Geehrten gebunden. Deshalb erlischt das Ehrenbürgerrecht unter anderem auch mit dem Tode des Geehrten. Es braucht deshalb nach dem Ableben des Geehrten nicht formell aufgehoben werden, wenn sich herausstellen sollte, dass der geehrte sich der Ehrung unwürdig erwiesen hat. Eine ›Aberkennung‹ nach dem Tode des Geehrten könnte nur noch symbolischen Charakter haben, mit dem festgestellt würde, dass Gründe für den Entzug vorliegen, die den Entzug rechtfertigen würden, wenn der Geehrte nicht bereits verstorben wäre und deshalb das ihm verliehene Ehrenbürgerrecht nicht bereits mit seinem Tode untergegangen wäre."

Auch der Städtetag Baden-Württemberg habe in einem Rundschreiben im Juni 2014 mitgeteilt, formalrechtlich ende das Ehrenbürgerrecht einer Person nach "herrschender Meinung" mit deren Tod. Insofern seien auch Ehrenbürgerwürden, die in die NS-Zeit für Verdienste um das Regime und dessen verwerfliche Ziele verliehen wurden, längst erloschen.

Und schließlich verweist der Hauptamtsleiter auf eine Direktive des Alliierten Kontrollrats in Deutschland vom 12. Oktober 1946, nach der der Verlust des Ehrenbürgerrechts für Kriegsverbrecher verbindlich festgelegt ist.

Der Verwaltungsausschuss des Gemeinderats habe sich im Februar 1985 mit dem Thema befasst. Ergebnis: Es seien keinerlei formelle Beschlüsse in dieser Angelegenheit zu fassen.

Diese Auffassung wurde laut Hermann Leopold auch Mitte der 1990er-Jahre bestätigt, als dieses Thema erneut zur Debatte stand. Zudem, so betont der Hauptamtsleiter, seien die von Ulrich Pfaff genannten Personen in keiner aktuellen städtischen Liste der Ehrenbürger geführt oder erwähnt.

Im Rahmen einer Bürgerfragestunde des Gemeinderats habe Pfaff 2010 den Gemeinderat aufgefordert, die Ehrenbürgerschaft besagter Person formell aufzuheben.

Aufgrund entsprechender Verlautbarungen und Stellungnahmen der kommunalen Spitzenverbände und der Tatsache, dass Ehrenbürgerschaften rein rechtlich gesehen mit dem Tode der Person erlöschen, sei seinerzeit in Abstimmung mit den Gremiumsmitgliedern übereinstimmend festgestellt worden, dass in dieser Angelegenheit keine formellen Beschlüsse zu fassen seien.