Das Heckler & Koch-Gelände in Oberndorf Foto: Murat

Beschussamt schickt wegen Corona-Krise keine Mitarbeiter. Polizei droht verzögerte Waffenlieferung.

Oberndorf - Heckler & Koch kann trotz Coronavirus weiter Waffen produzieren, einige davon aber nicht verkaufen. Ohne amtliches Zertifikat geht die Ware nicht raus. Zusammen mit den Behörden sucht man nach einer Lösung – mit Erfolg.

Zahlreiche Waffen des schwäbischen Herstellers Heckler & Koch (HK) lagern beim Stammsitz in Oberndorf (Kreis Rottweil) und warten darauf, endlich ausgeliefert zu werden. Doch dazu fehlt den Schussgeräten aktuell ein entscheidendes Detail: das amtliche Siegel. Ohne das darf keine Pistole, darf kein Gewehr an den Kunden gebracht werden.

Fehlende Sicherheitskriterien sind nicht das Problem. Vielmehr fehlende Mitarbeiter des Beschussamtes in Ulm, die die entsprechenden Tests in der Regel vor Ort durchführen. Die Behörde, die dem Regierungspräsidium in Tübingen angegliedert ist, hat dafür sogar eine Außenstelle in Oberndorf eingerichtet, um "auf geeignete Weise seiner Verpflichtung zum Beschuss der Waffen nachzukommen" sagte ein HK-Sprecher unserer Zeitung.

Auch die Konkurrenz ist betroffen

Das Problem: "Das Beschussamt Ulm hat seine Mitarbeiter zum Schutz vor einer Corona-Infektion vorübergehend von allen Außenstellen in Baden-Württemberg abgezogen." Betroffen sind demnach auch die HK-Konkurrenten aus dem Südwesten – Blaser und Walther. Die bislang einzige Möglichkeit, die Geräte dennoch zu testen, ist der Beschuss nicht bei den Herstellern vor Ort, sondern beim Beschussamt in Ulm. "Das ist eine schlechte Lösung, aber momentan besser als gar keine Lösung", sagt der Sprecher des Oberndorfer Unternehmens.

Eine schlechte Lösung, weil der Transport der Waffen nach Ulm mit einem erheblichen logistischen Aufwand und vielen Sicherheitsvorkehrungen verbunden ist. Auf diese wollte der Sprecher nicht weiter eingehen. Klar ist aber, dass der "Beschuss der Waffen somit nur in geringerer Zahl durchgeführt werden kann als sonst üblich". Seit vergangener Woche werden die Waffen nun schon in Ulm der routinemäßigen Funktions- und Sicherheitsprüfung unterzogen.

Verzögerungen bislang im Rahmen

Laut HK produziert das Unternehmen aus dem Schwarzwald derzeit nahezu ausschließlich für Polizeien und Nato-Streitkräfte. "Durch den Abzug der Mitarbeiter des Beschussamts verzögert sich nun möglicherweise der Beschuss von Pistolen für die Bundespolizei und von Mitteldistanzwaffen für Sondereinsatzkräfte der hessischen Polizei."

Man gehe in Oberndorf aber davon aus, dass die Verzögerungen wohl noch im Rahmen bleiben. Zu möglichen wirtschaftlichen Einbußen hält sich HK auf Nachfrage unserer Zeitung bedeckt.

"Vor schwierigen Herausforderungen stehen momentan Hersteller und Behörden", sagt auch der Pressesprecher des Regierungspräsidiums in Tübingen. Man arbeite im Dialog mit den Unternehmen intensiv an einer Lösung. Dafür müssen die jeweiligen Waffenhersteller individuell betrachtet werden, da sie alle unterschiedliche Strukturen und Gegebenheiten aufweisen. Eine einheitliche Lösung kann es da wohl nicht geben.

"Gesundheit hat absolute Priorität"

Nach einem Gespräch am Dienstag mit dem Regierungspräsidium kann HK erst einmal wieder aufatmen: Auf höchster Eben habe man nun beschlossen, den Betrieb in der Oberndorfer Außenstelle am Dienstag nach Ostern wieder aufzunehmen, konnte der HK-Sprecher unserer Zeitung am Dienstag mitteilen. Die Vielzahl an Schießbahnen auf dem Gelände von HK in unterschiedlichen Gebäuden können demnach ein sicheres Arbeiten auch in Zeiten der Corona-Pandemie für die Mitarbeiter gewährleisten. "Die Gesundheit der Mitarbeiter und ihrer Angehörigen hat bei HK absolute Priorität."

Aus diesem Grund haben die Oberndorfer bereits frühzeitig auf das grassierende Virus reagiert: Mitarbeiter wurden teils ins Homeoffice geschickt, über 60-Jährige und Schwangere konnten sich auf freiwilliger Basis freistellen lassen. Dennoch hat das Coronavirus einige Mitarbeiter erfolgreich ins Visier genommen. Einige davon sind aber schon wieder genesen und an ihren Arbeitsplatz zurückgekehrt. So ist es HK laut einer Mitteilung "bisher gelungen, die Produktion weitestgehend aufrecht zu erhalten".