Harald Kujat Foto: dpa

Früherer Generalinspekteur der Bundeswehr soll oberster Aufseher von Heckler & Koch werden.

Oberndorf - Der frühere Generalinspekteur der Bundeswehr soll oberster Aufseher des Waffenherstellers Heckler & Koch werden.

Die Waffenschmiede Heckler & Koch (HK) mit Sitz in Oberndorf (Kreis Rottweil) befindet sich  in schwierigen Zeiten: Die Geschäftszahlen sind alles andere als rosig und bezüglich der G36-Nachfolge bei der Bundeswehr gibt es noch keine Entscheidung. Am Freitag  findet in Rottweil das Aktionärstreffen statt. Dabei soll der frühere Generalinspekteur der Bundeswehr, Harald Kujat, zum HK-Oberaufseher  gewählt werden. 

Herr Kujat, Sie haben sich einen echten Problemfall als neue Aufgabe ausgesucht?

Natürlich ist ein solches Amt eine Herausforderung. Aber nach allem, was ich bisher weiß, kann ich Heckler & Koch nicht als Problemfall bezeichnen. Die Einzelbilanzen der beiden wesentlichen Unternehmen weisen ein positives Eigenkapital aus; die Verschuldung besteht im Wesentlichen gegenüber den Aktionären, die Kredite zur Verfügung gestellt haben, und die aktuellen Ertragszahlen sind in allen Bereichen positiv.

Aber was treibt Sie an?

Mich motiviert vor allem, dass ich einen aktiven Beitrag dazu leisten kann, dass unsere Soldaten das erhalten, was sie brauchen, um ihre Aufgaben erfüllen zu können. Da bin ich immer noch mit dem Herzen Soldat. Schließlich habe ich den Zustand der Bundeswehr, insbesondere die personelle und materielle Ausstattung, seit Jahren kritisiert. Die Firma ist unverzichtbar für die nationale Sicherheit. Ihre Waffen sind bei unseren Soldaten, aber auch bei den Verbündeten hoch angesehen. Das gilt es, zu erhalten. Es ist doch selbstverständlich, dass wir unseren Soldaten zur Verfügung stellen, was ein Hochtechnologieland zu leisten vermag.

Heckler & Koch hat weltweit einen Namen und zieht immer neue Aufträge an Land, steckt aber tief in den roten Zahlen. Was läuft schief?

Das entspricht nicht meinem Kenntnisstand. Der Umsatz ist gegenüber dem vergleichbaren Vorjahreszeitraum positiv, ebenso der Gewinn vor Steuern und das Nachsteuerergebnis. Es ist zwar richtig, dass im vergangenen Jahr ein Verlust erwirtschaftet wurde. Aber das waren vor allem hausgemachte Probleme. Die Planung geht in allen Bereichen von deutlichen Verbesserungen aus. Die Voraussetzungen dafür sind geschaffen, dass die Firma eine langfristige Perspektive hat – dass sie wirtschaftlich und finanziell lebensfähig ist.

Unter dem Druck der schlechten Meldungen hat sich das Unternehmen abgeschottet. Stehen Sie für eine andere Öffentlichkeitsarbeit?

Absolut. Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Das liegt wohl auch an den schlechten Erfahrungen, weil Berichte negativ geschrieben wurden, selbst wenn Positives zu berichten war. Ich glaube aber, dass sich das Blatt wendet und die Öffentlichkeit versteht, dass dieses Land eine leistungsfähige Rüstungsindustrie braucht. Ich denke, die Firma sollte sehr offen mit den Medien umgehen. Sie hat überhaupt nichts zu verbergen, und sie sollte dafür sorgen, dass ihr guter Ruf bei den Soldaten und Verbündeten in die Öffentlichkeit getragen wird.

Sie werden es auch mit  Rüstungsgegnern zu tun haben. Wie wollen Sie mit denen umgehen?

Ich akzeptiere es, dass es in unserem Land Menschen gibt, die die Dinge anders sehen als ich. Aber ich bin auch bereit, meine Überzeugung zu vertreten. Ich habe Erfahrung in diesen Dingen. Ich erinnere nur an die Diskussionen mit der Friedensbewegung, als es um den Nato-Doppelbeschluss ging. Da habe ich im Bundeskanzleramt für Helmut Schmidt dieses Thema bearbeitet. Gegen den Sturm damals ist das jetzt ein Windhauch. Die Streitkräfte erfüllen eine Aufgabe, die ihnen die Verfassung gegeben hat. Das ist doch ein Ansporn, auch gegen Widerstände alles zu tun, um unsere Sicherheitsinteressen durchzusetzen. Ich freue mich nicht auf solche Auseinandersetzungen, scheue sie aber auch nicht.

Die Bundesregierung strebt eine immer restriktivere Rüstungsexportpolitik an. Der Verkauf von Kleinwaffen an Länder außerhalb von EU und Nato wird verboten. Was meinen Sie?

Wir müssen alle ein Interesse daran haben, dass Konfliktursachen, die überall auf der Welt aus ethnischen, religiösen oder sonstigen Gründen entstehen, im Keim erstickt werden. Darauf darf man sozusagen nicht noch Öl gießen. Ich bin deshalb auch sehr für eine restriktive Rüstungsexportpolitik als Teil einer außen- und sicherheitspolitischen Gesamtstrategie. Das steht außer Frage. Ich kann aber nicht auf der einen Seite Großwaffen an Länder liefern, die sich an Konflikten beteiligen ...

wie Saudi-Arabien . . .

... und auf der anderen Seite Länder, die sich in einer Verteidigungssituation befinden, davon ausnehmen. Es ist ja das erklärte Ziel der Bundesregierung, zur regionalen Stabilität in Krisenregionen beizutragen, und die Verteidigungsfähigkeit ist ein Stabilitätsfaktor. Man muss den konkreten Fall betrachten und sorgfältig prüfen, ob man zur Stabilisierung beitragen kann oder nicht.

Sie würden den Export von Kleinwaffen nicht grundsätzlich ausschließen?

Mit der Entscheidung, den Export von Kleinwaffen in Drittländer grundsätzlich nicht mehr zu genehmigen, will die Bundesregierung verhindern, dass diese Waffen weitergeleitet werden und in falsche Hände gelangen. Das ist bei entsprechendem Risiko eine sehr vernünftige Entscheidung. Ich halte dies auch für einen wichtigen Beitrag zur Stabilisierung einer Krisenregion. Man muss in diesem Zusammenhang aber auch darauf hinweisen, dass in den heutigen Stellvertreterkonflikten Waffen von den Mächten im Hintergrund geliefert werden, teilweise sogar in offiziellen Ausbildungs- und Ausrüstungsprogrammen.