Oberndorf - Der Hangrutsch unterhalb der L 415 zwischen Oberndorf und Boll scheint gravierender zu sein, als noch im Februar vom Straßenbauamt Donaueschingen angenommen. Auf Druck der Anlieger fordert Bürgermeister Hermann Acker jetzt sogar eine komplette Sperrung der Strecke.

In den Gärten der Häuser in der König-Wilhelm-Straße im Dachau tun sich tiefe Spalten auf. Die Straße liegt direkt unterhalb der L  415 zwischen Oberndorf und Boll. Und im Hang befindet sich ein alter Luftschutzstollen aus dem Zweiten Weltkrieg (wir berichteten).

Der Eingang zum Stollen findet sich auf dem Grundstück von Egon Wurster. Er lebt seit seiner Geburt im großväterlichen Haus König-Wilhelm-Straße 34. Ursprünglich hätte der Schutzstollen auf dem Nachbargrundstück beginnen sollen, weiß er aus Erzählungen. Doch der Besitzer dieser Liegenschaft habe halt über "mehr Vitamin B" verfügt, als sein Opa.

In den 1960er-Jahren habe es einem "Rums" getan, und ein Baum sei in dem Loch verschwunden, das sich im Garten auftat. Da war Egon Wurster um die elf oder zwölf Jahre alt. Nachdem seine Großmutter bei der Stadt vorstellig geworden war, sei eine Firma angerückt, habe von oben Löcher in den Stollen gebohrt und eine Art Magerbeton hineingespritzt.

Weil aber der Tunneleingang nur mir Steinen zugelegt gewesen sei, kam die "ganze Brühe" unten wieder heraus und betonierte den Wursters den Garten zu. Daraufhin habe die Firma ihre Arbeiten eingestellt. Ob sie dann später nochmals anrückte, um den Rest zu Verfüllen, daran kann sich Egon Wurster nicht mehr erinnern.

Stollen verpresst

Laut Akten des Staatlichen Hochbauamts Tübingen aus dem Jahr 1966, die Bürgermeister Hermann Acker unserer Zeitung zur Verfügung gestellt hat, hat man die Verpressarbeiten am 7. April 1966 beendet und das Garten- und Hanggelände wieder hergerichtet. Eine Abnahme der Maßnahme sei dann am 25. April 1966 erfolgt. Sebastiano Beninato wohnt zwei Häuser weiter oben in der König-Wilhelm-Straße – also vom Stollen einige Meter entfernt. Und doch ist bei ihm nun die Gartenmauer zusammengebrochen.

Den Hausbesitzern ist es eigentlich auch egal, weshalb der Hang rutscht. Sie möchten, dass schnell reagiert wird und haben sich deshalb bereits Anfang September an die Stadtverwaltung gewandt.

Eine Antwort haben sie keine bekommen. Deshalb legten sie jetzt mit einem offenen Brief an den Bürgermeister, die Fraktionsvorsitzenden des Gemeinderats sowie an das Straßenbauamt in Donaueschingen nach. Letzteres ist als Außenstelle des Regierungspräsidiums Freiburg für die Landstraße 415 verantwortlich und hat ein geologisches Gutachten in Auftrag gegeben. Das soll allerdings erst zum Jahresende fertig sein.

Der beim Straßenbauamt zuständige Mitarbeiter war einige Wochen im Krankenstand und arbeite sich seit dem gestrigen Montag durch seine unzähligen E-Mails, wie er auf Anfrage des Schwarzwälder Boten erklärte.

Darunter wird er auch ein Schreiben des Oberndorfer Bürgermeisters finden. "Wir nehmen die Sorgen der Unterlieger der L 415 natürlich sehr ernst. Wir bitten deshalb, die L 415 im Bereich zwischen der Eichendorffstraße und der Rosenfelder Straße bis zu einer abschließenden Klärung und Aufarbeitung des Sachverhaltes gänzlich für den Verkehr zu sperren und dafür zu sorgen, dass die Bodenuntersuchungen durch den von Ihnen beauftragten Gutachter nun schnellstmöglich abgeschlossen werden," schreibt Acker nach Donaueschingen.

Damit geht Acker sogar über die Forderungen der Anwohner hinaus. Sie sprachen lediglich von einer Sperrung für den Schwerlastverkehr.

Kommentar: Bewegung

Von Marcella Danner

Der Hang unterhalb der L 415 ist in Bewegung. Die Anwohner der König-Wilhelm-Straße sehen dies mit Sorge. Erste Schäden auf den Grundstücken lassen sich schon ausmachen. Viel zu lange, so ihr Eindruck, habe man den Schwerlastverkehr die Bergstrecke weiter befahren lassen. Jetzt machen sie selbst mobil. Fordern Sofortmaßnahmen. Es soll endlich die Bewegung in die Sache kommen, die im Hang schon lange zu sein scheint.

Ob der rutscht, weil sich ein alter Stollen aus dem Zweiten Weltkrieg darin befindet oder aus anderen Gründen, ist den Hausbesitzern eigentlich egal. Auf ein erstes Schreiben Anfang September an die Stadt haben sie keine Antwort bekommen. Nun versuchen sie es mit einem öffentlichen Brief. Sie wollen wissen, woran sie sind. Es bedarf der Kommunikation – und zwar vor allem mit jenen, die es betrifft.