So sah die L 415 im September aus. Mittlerweile wurden die Risse nochmals notdürftig ausgebessert. Foto: Nölke

Erst in einem Jahr soll der Verkehr auf der Straße nach Boll wieder gefahrlos rollen.

Oberndorf - Hangrutsch, Straßenverwerfung, Instabilität – man kann den Riss in der L 415 zwischen Oberndorf und Boll nennen, wie man will. Der Schaden muss behoben werden. Wie das geschieht, wurde bei der Bürgerinformationsveranstaltung am Mittwochabend erklärt.

Neun Monate ist die L 415 nun schon ein Aufreger-Thema. Das wird es wohl auch die kommenden zwölf Monate bleiben. Zwar weiß man nun, wie die "Instabilität", wie Peter Spiegelhalter, Leiter des Referats Straßenbau Ost beim Regierungspräsidium Freiburg (Außenstelle Donaueschingen), das Problem nennt, behoben werden kann, doch so richtig zufrieden wirkten die Bürger nach der Informationsveranstaltung trotzdem nicht.

Begonnen hatte das Problem Anfang Februar, als bei einer der Routinekontrollen durch das Straßenbauamt eine tiefe Spalte auf der Landesstraße zwischen Oberndorf und Boll auffiel. Man stellte fest, dass der Bankettbereich in Richtung Boll vor der "Eichendorffkurve" über eine Länge von etwa 50 Metern abgerutscht war.

Reagiert wurde schnell mit einer vorsorglichen Sperrung der linken Fahrbahnseite. Eine Sofortmaßnahme, bei der der immer größer und tiefer werdende Riss versiegelt wurde, zeigte nur kurzfristig Wirkung. Die Risse kamen wieder – deutlicher denn je. Die Straßensperrung hatte sich im Mai auf 200 Meter ausgedehnt.

Keine Rolle spielt dabei laut Straßenbauamt ein Luftschutzstollen, der sich unter dem Hang befand und verfüllt wurde. Im Oktober entstand dann der Plan, den Spiegelhalter und Peter Laube vom Straßenbauamt bei der Infoveranstaltung genauer erläuterten. Rund 20 Interessenten, mehrheitlich Anwohner, waren der Einladung gefolgt.

Das geotechnische Gutachten mit Bohrungen und Inklinometermessungen zur Bestimmung der Größe von Horizontalverformungen habe zunächst Aufschluss über die Zusammensetzung des Untergrunds und die Lage der Schadstellen gegeben, erklärte Spiegelhalter. Über eine Länge von 110 Metern habe man unregelmäßige Längsrisse parallel zum Fahrbahnrand festgestellt sowie Setzungen der Fahrbahnkante von bis zu zehn Zentimetern, ebenso Verformungen an der Schutzplanke und im Bankettbereich. Der Untergrund bestehe, von oben nach unten gesehen, aus den Schichten der Straße (anthropogenen Formungen), darunter aus einer Überdeckung mit Hangschutt (etwa bis 4,20 Meter Tiefe), einer sogenannten Karlstadt-Formation (mittlerem Muschelkalk, bis etwa sieben Meter) und Unterem Muschelkalk.

Die Inklinometermessung zeigte, dass sich die Gleitfläche in etwa vier Metern Tiefe befinden muss, am Übergang vom Hangschutt zur Karlstadt-Formation. Das sei auf Kriechbewegungen und Setzungen in den oberen Metern zurückzuführen.

Zur Sanierung habe es drei Vorschläge gegeben. Einer sah Betonstützscheiben quer zur Straße unter der Fahrbahn vor (reine Konstruktionskosten: rund 180.000 Euro), eine andere Variante, einen geotextilbewehrten Unterbau über die gesamten 240 Meter (mehr als eine Million Euro für die Konstruktion). Das Straßenbauamt entschied sich für eine Lösung mit Bohrpfählen, die am Straßenrand in den instabilen Untergrund eingebracht werden. Darauf kommt ein Kopfbalken. Die Wand muss rückverankert werden. Rund 1,5 Millionen Euro soll die Maßnahme, in Zuge derer die Fahrbahn von 6,10 auf 6,50 Meter verbreitert wird, insgesamt kosten.

Über den Winter sollen die Leistungen ausgeschrieben werden. Der Beginn ist für April 2019 vorgesehen. Eher unschön: Die Instandsetzung wird wohl bis November 2019 dauern und erfordert für die Zeit eine Vollsperrung.

Im Anschluss stellten sich Laube und Spiegelhalter den Fragen der Zuhörer – und davon gab es einige. Die Anwohner der Eichendorff-Straße sprachen sich für eine deutliche Beschilderung aus. Denn wenn Schwerlastverkehr versehentlich von Boll kommend in das "Nadelöhr" Eichendorffkurve hineinfahre, sei das Wenden Glückssache.

Generell gab es viel Kritik an der Haarnadelkurve. Diese sei zu eng, Steine würden durch den Schwerlastverkehr immer wieder aus dem Fahrbahnrand gerissen. Zudem mache die breite Entwässerungsrinne nahe des Fahrbahnrandes den Autofahrern Angst. Bei einer späteren Fahrbahnbreite von 6,50 Metern werde sich die Situation für die Fahrer deutlich entspannen, versicherte Laube.

Ob man, statt nur "Stückwerk" zu machen, nicht gleich die gesamte Straße sanieren wolle, regte ein Zuhörer an. "Es gibt viele Strecken, an denen etwas gemacht werden müsste, aber vorbeugend zu sanieren, würde Hunderte von Millionen kosten", so Laube. Deshalb werde nur die Schadensstelle repariert. Der Hang werde auch weiter eine gewisse Instabilität haben. Es könne immer einmal etwas nachrutschen. Das sei aber überall so. Beim Kritikpunkt lose Leitplanken wurde auf die Zuständigkeit des Landratsamtes verwiesen.

Große Sorge bereitete den Zuhörern auch die Lärmbelästigung. Der Versuch, den Schwerlastverkehr durch beschränkende Beschilderung teilweise von der Straße auszuschließen, sei wenig erfolgversprechend, meinte Laube. Daran halte sich niemand. Beim Vorschlag, geschwindigkeitsreduzierende 50er- oder 70er-Schilder zwischen Eichendorffkurve und Oberndorfer Ortsschild zu installieren, wurde auf die Verkehrsschau verwiesen. In der Rosenfelder Straße sei eine Begrenzung auf 30 Stundenkilometer vorgesehen, informierte Bürgermeister Hermann Acker. Ein Streitpunkt war auch die Umleitung, die über die K 5502 von Bochingen zur K 5500 führen soll und das ohnehin gebeutelte Altoberndorf damit wohl noch stärker belasten wird. Über den Lärmaktionsplan wolle man Tempo 30 in der Ortschaft durchzusetzen, meinte Acker. Zudem solle der Schwerlastverkehr langfristig durch entsprechende Beschilderung abgeleitet werden.

Auch nach der Beantwortung der Fragen blieb das Gefühl, dass die L 415 – zumindest im Hinblick auf Lärm und Verkehrssicherheit –weiter für Gesprächsstoff sorgen wird.