Die Firma Bippus will in Boll erweitern. Foto: Zeger

Arbeitsplatzthematik vor Belange der Anwohner in Boll gestellt. "Es ist fahrlässig, wenn man positive Entwicklung bremsen will."

Oberndorf - Das kommt nicht alle Tage vor: Der Gemeinderat kippt am Dienstag einen Beschluss des Ortschaftsrats und stellt somit die Arbeitsplatzthematik vor die Belange der Anwohner.

Die Boller Ortschaftsräte sprachen sich vergangene Woche gegen eine Erweiterung des Gewerbegebiets "Härle-Sommerhalde" aus. Vier waren dagegen, zwei dafür (wir berichteten). Außer Nico Pfisterer, der sich enthielt, und Ralf Heinzelmann, der befangen ist, stimmen nun alle Stadträte für die Bebauungsplanänderung.

Seit Anfang der 1970er-Jahre ist dies nun die sechste Änderung im "Härle-Sommerhalde". Hierbei geht es um den westlichen Teilbereich, der neu überplant werden soll. Für Dieter Rinker und die Freien Wähler sei dies nur die "konsequente Fortführung" des Gewerbegebiets. "Wir sind für Industrie in der Stadt." Es sei für ihn "befremdlich", dass sich die Ortschaftsräte gegen die Änderung ausgesprochen haben. "Es ist fahrlässig, wenn man eine positive Entwicklung bremsen will", so der Fraktionsvorsitzende.

Für seine Fraktion sei die Entscheidung schwierig gewesen, erklärt Günter Danner (SPD). "Wir sehen die Interessen der Bewohner", so Danner, "aber wir müssen die Arbeitsplätze im Blick haben." Schließlich seien diese auch in Oberndorf nicht mehr so sicher wie einst. Er machte darauf aufmerksam, dass man "bei den Emissionswerten genau hinschauen müsse", und stellt fest: "Das Gewerbegebiet ist einfach falsch platziert."

Man müsse die Erweiterung "gesamtstädtisch" sehen, meint Martin Karsten von der CDU. "Diesen Weg müssen wir jetzt noch gehen", begründet er die sechste Änderung, die das Gewerbegebiet abrunden soll. "Wir kippen den Ortschaftsrat-Beschluss nicht gerne", sagt Karsten.

Er richtet einen Appell an den Boller Ortschaftsrat, das Gespräch mit dem Betrieb zu suchen und Probleme mit der Geschäftsleitung zu klären. Der Boller Ortschaftsrat und Stadtrat Wolfgang Schittelhelm macht darauf aufmerksam, dass man bereits verschiedene Dinge zur Entspannung der Lage erwirkt habe (Tempo-30-Zone, Kontrollen durchs Landratsamt, teilweise Straßen-Sperrungen für den Lastwagenverkehr). "Wenn diese Änderung die Abrundung des Gewerbegebiets bedeutet, stimme ich zu."

Bürgermeister Hermann Acker erinnert daran, dass noch nichts in trockenen Tüchern sei. Schließlich laufe das Bebauungsplanverfahren jetzt erst an. Die Bürger und die Träger öffentlicher Belange würden noch angehört werden.

Beim jetzigen Entwurf ist im nordöstlichen Bereich als Ausgleichsmaßnahme eine Streuobstwiese mit Wiesenfläche vorgesehen. Der Waldrand auf der Südseite enthält eine abgestufte naturnahe Gestaltung. Zusätzlich sind Maßnahmen aufgrund artschutzrechtlicher Belange erforderlich, so die Verwaltung. Auf der Südseite befinden sich Teilflächen des Plangebiets "Neckartal zwischen Rottweil und Sulz". Hierfür ist eine Natura-2000-Vorprüfung erforderlich.

In ihrem Beschluss sprachen sich die Stadträte dafür aus, dass sich im "Härle" keine Tankstellen und Vergnügungsstätten ansiedeln dürfen.