Gegen das Oberndorfer Krankenhaus werden von einer Leserin des Schwarzwälder Boten Vorwürfe erhoben. Foto: Danner

"Krankenhaus macht Menschen zu Pflegefällen." Geschäftsführer will Anschuldigungen persönlich nachgehen.

Oberndorf - "Wer alt oder pflegebedürftig ist, ist in unserem Gesundheitssystem oft verloren." Ein pauschalisierender Satz, der immer mal wieder zu lesen oder zu hören ist. Auch dem Geschäftsführer des SRH-Krankenhauses Harald Glatthaar ist er nicht unbekannt. Regelrecht erschüttert zeigt er sich nun aber darüber, dass diese Vorwürfe nun auch "bei uns angekommen sind."

Schutzlos ausgeliefert

Eine Leserin hatte sich mit Anschuldigungen an unsere Zeitung gewendet. Als sie vor ein paar Wochen wegen des Verdachts auf Herzinfarkt auf der Station für innere Medizin lag, sei ihr am späten Abend von einer Krankenschwester ein blutverdünnendes Medikament gereicht worden. Dies habe sie jedoch bereits kurz zuvor schon eingenommen. Die Rentnerin hat früher selbst im Pflegeberuf gearbeitet und wusste deshalb, dass eine Zuvielgabe von Marcumar sehr gefährlich ist. Wer sich jedoch nicht wehren könne, sei so einer Situation schutzlos ausgeliefert.

Sie verwies im Gespräch mit uns zudem auf den Umgang des Pflegepersonals mit ihrer 88-jährigen Zimmergenossin. Mehrfach sei der alten Frau das Essen serviert und quasi unberührt wieder abgetragen worden. Denn die Zahnprothese sei ihrer Bettnachbarin gar nicht eingesetzt worden.

Als diese geklingelt habe, um auf die Toilette gebracht zu werden, habe ihr das Pflegepersonal erklärt, sie könne es ruhig laufen lassen. Man habe ihr ja extra eine Windel angezogen. Zuvor, so beteuerte unsere Leserin, sei die alte Dame aber noch eigenständig aufs Klo gegangen. So könne man die Menschen natürlich auch zur Inkontinenz erziehen, monierte sie.

Es ließe sich nicht immer alles mit Personalknappheit entschuldigen, betonte sie. Ihr Fazit: "Im Krankenhaus macht man Menschen zu Pflegefällen."

Ihren Namen wollte die Leserin dem Krankenhaus gegenüber nicht genannt wissen. Aus Sorge, dass sie ihre Beschwerde bei einem künftigen Aufenthalt womöglich büßen müsse.

Wir haben uns daraufhin zu einem Gespräch mit Geschäftsführer Glatthaar getroffen, den die Vorwürfe sichtlich betroffen machen. Ganz wichtig sei es jedoch für ihn, zu wissen, um welche Patientin es sich handelte und zu welcher Zeit genau sie auf Station lag. Namen behandle er absolut diskret. Doch nur dann könne er den Anschuldigungen anhand der Dienstpläne gezielt nachgehen. Und sollten sie sich als richtig herausstellen, daraus macht er kein Hehl, habe es das Konsequenzen für die Pflegekräfte.

Beschwerden sind Chefsache

Grundsätzlich, so Glatthaar, stehe er voll und ganz hinter seinem Personal. Inklusive der Schüler zählt das Oberndorfer SRH-Krankenhaus an die 160 Kräfte. "Und wir haben sehr gutes Personal und quasi durchweg voll examiniertes." Dennoch arbeiteten hier auch nur Menschen. Ausschließen will er also nichts. Beschwerden seien bei ihm immer Chefsache, betont Glatthaar. In den Patientenbefragungen, die einen Rücklauf von etwa 20 Prozent haben, sei der Tenor fast durchweg positiv, berichtet Petra Neubert, die für Medizincontrolling und zuständig ist. Auch die Pflegedienstleiterin Schwester M. Dorina Dungel konnte sich nicht an aktuelle Beschwerden erinnern.

Glatthaar appelliert an alle Patienten, die etwas auf dem Herzen haben, sich sofort an die Pflegedienstleitung oder direkt an ihn zu wenden. Denn nur dann könne das Krankenhaus entsprechend reagieren. Und nur so ließen sich eventuelle Missstände beseitigen. Für ihn war die Presseanfrage jedenfalls Anlass, künftig noch genauer hinzusehen.