Als "Hotel Kasino" betrieb die Mauser AG das erste Haus am Platz (links). Heute steht an seiner Stelle eine Schaltstation der Telekom. Fotos: privat /Wagner Foto: Schwarzwälder Bote

Serie: Oberndorf im Wandel der Zeit – "Hotel König Wilhelm"

Der klassizistische Bau gegenüber des Bahnhofs – einst das "Hotel König Wilhelm" ist aus dem Oberndorfer Stadtbild verschwunden – und damit auch der damalige Glanz des gesellschaftlichen Lebens erloschen.

Oberndorf. Unter dem Namen "Hotel König Wilhelm" ließ Paul Mauser 1895 den Komplex im Auftrag der Mauser-Werke errichten, der ursprünglich aus zwei Gebäuden bestand – dem Hotel und dem Saalbau. Am 13. September 1896 eröffnete Julius Eith den Saal. Als weitere Pächter sind Wilhelm Wieland, Karl Ludwig Reichert und Ludwig Lagrange genannt, bevor die Waffenfabrik Mauser AG 1916 das Haus übernahm das forthin als "Hotel Kasino" einen guten Ruf genoss.

Ab 1912 fanden jeden Sonntag von 15 bis 23 Uhr Filmvorführungen statt, die in der Stadt sehr beliebt und deshalb auch gut besucht waren. Von 1927 bis 1937 hatte der Hotelier Burkhard das "Kasino" gepachtet und bewirtete dort nicht nur illustre Stammtisch-Runden honoriger Oberndorfer Geschäftsleute, sondern auch Gäste aus der ganzen Welt. Viele Tanzveranstaltungen und Konzerte fanden im "Kasino" statt. Zur Fasnet 1928 wurde der große Saal sogar mit einer chinesischen Fasnetsdekoration geschmückt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte das ehrwürdige Gebäude als Hotel ausgedient, im April 1949 zog dort die Bromsilber-Rotations-Anstalt "Argentophot GmbH", ein die vollmaschinell Massenvervielfältigungen auf fotografischem Weg herstellte. Die waren als Postkarten, Reklamebilder oder auch Schaufensterfotos für die Industrie weithin bekannt.

Dort, wo einst die Schritte schöner Frauen durch wertvolle Teppiche gedämpft wurden, entstand in den 1980er Jahren auch ein Teppichhandel, und in einem Teil des Gebäudes trafen sich Mitglieder des türkischen Sozial-, Kultur- und Sportvereins.

Ein jugoslawischer Verein nutzte Räume des ehemaligen Hotels als Treffpunkt, bis am 5. September 1990 die Bagger das ehemals vornehmste Hotel am Platz dem Erdboden gleichmachten.

Ein neues, schmuckloses Gebäude wurde an seiner Stelle errichtet, in dem Fernmeldehandwerker der Post ihr täglich Brot verdienten. Die Hoffnung, dass die Post die schöne Fassade des Hotels erhalten würde, zerplatzte schnell wie eine Seifenblase, und die Bürger Oberndorfs mussten sich an den "Betonklotz" gewöhnen der heute der Telekom als Schaltstation dient.