Oberndorf war für ihn das "schöne Schwarzwaldstädtchen": Bram Slaager spielte eine große Rolle bei der Aufarbeitung der Geschichte. Foto: Eberhardt Foto: Schwarzwälder-Bote

Bram Slaager ist im Alter von 90 Jahren gestorben / Von 1943 bis 1945 musste er in den Mauserwerken arbeiten

Von Lothar Eberhardt

Oberndorf. Eine bedeutende Figur der Zwangsarbeiter-Aufarbeitung in Oberndorf weilt nicht mehr unter uns: Bram Slaager ist am 29. September in einem Altersheim in Rotterdam im 91. Lebensjahr gestorben.

"Ich bin zwei Jahre in Oberndorf herumgelaufen und habe das eine und andere erlebt..." ist die Kurzfassung, die Bram (Abraham) Slaager über seine Zeit als Zwangsarbeiter in der Waffenindustrie von 1943 bis 1945 bei den Mauserwerken in Oberndorf gerne benutzte.

Bram Slaager ist spätestens seit dem Film "Fern vom Krieg", der 1985 in der ARD lief und die Geschichte der Waffenproduktion in Oberndorf erzählte, eine Person des öffentlichen Lebens in Oberndorf. Seine Worte und die der anderen holländischen Zeitzeugen prägten sich in die Herzen unzähliger Fernsehschauer ein.

Bram Slaager, der die Begegnung mit den holländischen Zwangsarbeitern organisiert hat, war einer von rund 1500 Holländern, der insgesamt über 6000 Zwangsarbeiter, die in der Waffenschmiede Mauser für die nationalsozialistische Kriegsmaschinerie schuften mussten. Ende April 1945 wurde er in einem kriegsbedingt ausgelagerten Betriebsteil der Mauserwerke in Schwenningen von Franzosen befreit.

Brams Slaagers wurde am 26. Oktober 1921 geboren und wuchs als jüngstes Kind mit drei Brüdern und einer Schwester in einer Arbeiterfamilie in Rotterdam-Nord auf. Er war von der Arbeiterkulturbewegung geprägt. Als Mitglied der "Rode Valken" (Falken) wusste er Bescheid, was in Nazi-Deutschland lief. In diesem Bewusstsein erlebte er seine Zwangsverpflichtung ab Mai 1943 in Oberndorf.

Gerne erzählte Slaager die Geschichte, wie er das erste Mal mit seiner Frau Anfang der 1950er-Jahre wieder nach Oberndorf ins "schöne Schwarzwaldstädtchen" kam und auf seiner Spurensuche ehemalige "Mauserianer" kennenlernte. Er war einst im C-Bau beschäftigt und traf zufällig beim Spazierengehen einen "deutschen Arbeitskollegen", der ihn dann zu seinem ehemaligen Werksmeister brachte. "Ein anständiger Mann, der den Polen, die als Untermenschen galten und auch sonntags nicht in die katholische Kirche zur Messe durften, oft Essen zu steckte", beschrieb er ihn.

Bei späteren Besuchen in Oberndorf fiel ihm die Inschrift auf dem Mahnmal des Friedhofs auf und die viel zu niedrige Zahlenangabe über den umgekommenen "Ausländern", darunter nur vier genannte Holländer. Er recherchierte in Holland, schrieb Leserbriefe, half das "Tuch des Schweigens so zu lüften" und kam in Kontakt mit der örtlichen Naturfreundejugend und dem früheren Mauserarbeiter Hermann Pfaff aus Altoberndorf, der einen privaten Gedenkstein in seinem Garten in Erinnerung an die Zwangsarbeiter aufgestellt hatte. Dieses Netzwerk initiierte das Denkmal im Lautertal auf dem Areal des früheren Arbeitserziehungslager Aistaig, das am 1. September 1981 zum Antikriegstag eingeweiht wurde.

Altbürgermeister Klaus Laufer würdigt den Holländer

Anlässlich Bram Slaagers 90. Geburtstags würdigte Oberndorfs Altbürgermeister Klaus Laufer den Jubilar als "Galionsfigur", die für die Geschichte der Fremdarbeiter "einen beachtlichen Beitrag geleistet" hat und führte weiter aus, dass Dank seiner Aktivitäten aus anfänglich 61 Angehörigen fremder Nationen 308 im "Buch der Erinnerung" des im Januar 2007 eingeweihten Denkmals auf dem früheren Areal des "Russenlagers" geworden sind.

Die Stadt Oberndorf schrieb vor Jahresfrist an den Jubilar: "Die Schmerzen, die der Zweite Weltkrieg unseren Völkern zugefügt hat (…), dass diese Schmerzen nach und nach überwunden worden sind, dazu haben Sie, sehr geehrter Herr Slaager, im hohen Maße beigetragen."

"Das alles ist deutsche Geschichte", abstrahierte Bram Slaager gerne von seinen Erfahrungen in Oberndorf, wo er erst im "Neckarheim" dann im Lager "Buche" und zuletzt in der Tankstelle in Bochingen mit einem Landsmann untergebracht war und bei Mauser schuften musste.