Elisabeth Brauß bietet beim Meisterkonzert in Oberndorf einen überzeugenden Auftritt. Foto: Weber Foto: Schwarzwälder Bote

Meisterkonzert: Fulminanter Start in den 20. Zyklus in Oberndorf / Jubiläumsjahr der Mozart-Gesellschaft

Die südwestdeutsche Mozart-Gesellschaft wird 25 Jahre alt. Für den 20. Zyklus der Meisterkonzerte in der ehemaligen Klosterkirche in Oberndorf erwartet das Publikum Hochklassiges.

Oberndorf. Seit einigen Jahren ist es guter Brauch, dass zur Eröffnung der neunen Reihe der Meisterkonzerte Georg Mais, der Vorsitzende der südwestdeutschen Mozart-Gesellschaft und damit des Veranstalters, die Reihe im Rahmen eines kleinen Empfanges, gesponsert von der Stadt Oberndorf, einen Überblick über die bevorstehende Saison gibt. Die zweite Veranstaltung der aktuellen Serie, das Festkonzert 25 Jahre Südwestdeutsche Mozart-Gesellschaft mit dem südwestdeutschen Kammerorchester Pforzheim, wird ein reines Mozart-Konzert sein.

Im Juli ist auf dem Schuhmarktplatz ein großes Freiluftkonzert geplant. In der Rathausgalerie soll es 2019 in Zusammenarbeit mit dem Mozarteum in Salzburg eine Sonderausstellung über die Reisen Mozarts geben, die (fast) lokalen Bezug hat.

Mais stellte heraus, dass das Neujahrskonzert ein besonderes Zugpferd für die Veranstaltungen sei, denn dort stehe leicht zu hörende aber dennoch anspruchsvolle Musik im Mittelpunkt.

Dann gab der künstlerische Leiter der Konzertserie noch eine Programmänderung bekannt: An Stelle der angekündigten Sonate c-Moll Pathétique von Beethovens wurde die Klaviersonate Nr. 23 f-Moll Appassionata gesetzt.

Die Solistin des ersten Konzertes der neuen Saison war Elisabeth Brauß. Diese junge Pianistin moderierte auch das Konzert. So wusste sie unter anderem zu den vier Sonaten für Klavier vor Domenico Scarlatti (1685-1757), also einem Zeitgenossen von Bach und Händel, anzumerken, dass die Kompositionen des Barocks keine überholte Musik seien, sondern daraus entnommene Motive auch im Jazz wieder zu finden seien.

Die vier Sonaten waren ein sehr gut gewählter Einstieg in das Konzert. Die erste brachte absolut fröhliche Musik. Elisabeth Brauß saß anscheinend völlig entspannt am Flügel, so als würde ihr das Spiel nur Spaß machen.

Die zweite Sonate schien ganz einfach und war in bestem Mezzoforte-Spiel über weite Strecken wunderbar anzuhören.

Im dritten Teil mit seinen ausgeprägten Zweiunddreißigstel-Läufen und auch in der abschließenden Sonate konnte die Solistin sich und ihr Können gründlich vorstellen.

Zum sich anschließenden Rondo a-Moll KV 511 von Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791) erzählte Elisabeth Brauß, der Komponist habe einmal gesagt: "Ich möchte alles haben, was gut, echt und schön ist." Mit dem Rondo und der Sonate F-Dur KV 280 seien zwei Beispiel ausgewählt worden, die dieser Forderung entsprächen.

Das Rondo beginnt äußerste zurückhaltend. Das herrliche, mit einem Doppelschlag verzierte Thema war immer wieder zu vernehmen, fein abgewandelt. Diese Musik hatte nichts von der Leichtigkeit des späten Rokoko. Elisabeth Brauß gestaltete das Werk sehr nachdenklich. Oft hatte es den Anschein, als lausche sie den Tönen hinterher.

Wie angekündigt war die Sonate in F-Dur der absolute Gegensatz. Dies war typischer Mozart, so wie er sich ins Gehör geprägt hat: munter, heiter, ein rauschender Strom von Tönen. In der linken Hand immer wieder ein Dreiklang, in der rechten perlende Läufe – eine wunderbare Komposition, auf fast schelmische Weise dargeboten.

Die Zurückhaltung des langsamen Mittelsatzes wird vom kecken Presto des Endsatzes überlagert. Das Motiv schien die Solistin durch alle Abwandlungen auszukosten. Es war ein Genuss zuzuhören.

Nach der Pause standen die Klaviersonate Nr. 25 G-Dur op. 79 und die Klaviersonate Nr. 23 f-Moll Appassionata von Ludwig van Beethoven (1770-1827) auf dem Programm.

Die G-Dur-Sonate beginnt presto alla tedesca, also "schnell auf deutsche Art". Fast durchgehende Achtelbewegungen sind das Gerüst dieses Satzes. Das kurze Andante mit seiner schlichten aber wunderschönen Melodie war von Elisabeth Brauß herrlich anzuhören. Im schließenden Vivace verzichtet Beethoven auf einen donnernden Schluss.

In ihrer Einleitung meinte die Solistin, Beethoven habe auch auf dem Gebiet der Sonate als Erneuerer gewirkt. Der Schlusssatz sei nicht mehr ein einziges Hinstreben zum Finale con brio, sondern auch thematisch sehr anspruchsvoll. Alle Sätze zusammen würden erst das Gesamtwerk darstellen.

In der Appassionata mit ihrem langsamen Anfang und der Wiederholung des Themas ließ der erste grandiose Lauf abwärts aufhorchen. In diesem Allegro assai zeigt Elisabeth Brauß, dass sie auch ein Beethoven’sches fff zu spielen weiß. Sehr schön, wie das Hauptthema immer wieder herausgehoben wurde. Hier wurde mächtige Musik geboten, immer in feiner Abstufung der Dynamik. Es erschien alles logisch, gar nicht anders möglich. Das Ende des Satzes ist ein Verklingen, nicht mehr.

Der Beginn des Andante con moto wurde mit großer Innigkeit gespielt; die einfache Melodie wird immer mehr verziert, bis durch einen Dissonanzakkord im Fortissimo der Prestoteil eingeleitet wird. Ungeheuere Bewegung ist in dieser Musik. Das ist Beethoven der allerfeinsten Art. Nur noch Zuhören und Staunen konnten die Zuhörer bei diesem Spiel, bei dem über der linken Hand unglaubliche Tonkaskaden erklingen und die Sonate großartig enden lassen.

Jubelnder Beifall belohnte die Solistin, die sich mit "Von fremden Ländern und Menschen", dem ersten Stück aus Robert Schumanns (1810-1856) Kinderszenen, beim Publikum bedankte.